RegenwaldReport 04/2004
Bestechen, Fälschen und Sägen
Laut einem internen Bericht ist der Danzer Konzern in Korruption und illegalen Holzhandel in Afrika verstrickt
Im schwäbischen Reutlingen mitten im Schwarzwald wird Wald zu Furnier verarbeitet, nicht die Fichten vom Förster, sondern zum Beispiel edles Tropenholz aus Afrika. Die Danzer-Gruppe, einer der weltweit größten Funierhersteller, besitzt allein in der Demokratischen Republik Congo (DRC, früher Zaire) rund drei Millionen Hektar eigene Konzessionen.
Den internationalen Handel mit tropischen Hölzern hat Danzer mit der Gründung der Interholco AG schon 1962 in die Schweiz verlagert. Dort ist nicht nur steuerliche Wohlbehandlung garantiert, auch für Verschwiegenheit ist gesorgt. So kann der Danzer- Kunde nur erfahren, dass die Firma „deutschen Anteilseigner“ gehört - wer diese Damen und Herren sind, fällt unter Schweizer Bankgeheimnis.
Nicht so geheim blieben die Praktiken der Firma beim Holzeinkauf in Afrika. Vor kurzem wurde Greenpeace Schweiz ein vertraulicher Bericht zugespielt, der Danzer schwer belastet.
Danach war der Konzern in illegalen Holzeinschlag verwickelt und setzte Schmiergelder ein, berichtet das geheime Firmendossier aus dem Jahr 2000. Treffen die Vorwürfe zu, was Danzer bestreitet, wurde gegen nationale wie auch internationale Vorschriften verstoßen.
Bakschisch hilft
Der wirtschaftliche Schwerpunkt von Interholco liegt in Afrika. In dem geheimen Bericht fasst René Giger, Co-Geschäftsführer der Interholco, die Aktivitäten der Firma in Afrika zusammen: Bei „Geschenken/Frais de mission“ (Bakschisch) falle ihm in Afrika auf: „In Douala (Hauptstadt von Kamerun) wird man erpresserisch genötigt, Bakschisch in Hunderttausenden von FF (gemeint sind wahrscheinlich die früheren französischen Francs) zu gewähren und zahlt diese auch großzügig. In Congo/Kinshasa versucht Hr. H. zurückhaltend zu sein, ist aber trotzdem, wo notwendig bereit zu bezahlen.“ (Anmerkungen in Klammern von der Redaktion) In einem anderen Absatz beschreibt Giger eine Steuerforderung gegenüber der Danzer-Tochter SIFORCO in der DRC von 360 Millionen Euro, inklusive Bußgeldern. Um das Problem zu lösen, meint Giger: „Maximal wird mit 50.000 US-Dollar gerechnet, damit das Ganze vom Tisch kommt.“
Nach Greenpeace-Recherchen bezog der Danzer-Konzern einen Teil seines Holzes nachweislich auch von Unternehmen, die in illegalen Holzeinschlag involviert waren oder denen Verbindungen zum Waffenschmuggel nachgewiesen werden konnte. Zynischerweise gehört die Danzer-Gruppe zu den wenigen europäischen Firmen, die sich an einer Weltbank-Initiative beteiligen, bei der diese einige der wichtigsten Holzfirmen in Afrika mit Umweltgruppen zusammengeführt hat, um Wege zu einer nachhaltigen Forstwirtschaft zu finden.
Die noch verbliebenen Urwälder in Zentral- und Westafrika sind die letzten Rückzugsgebiete für äußerst bedrohte Tierarten wie Waldelefanten, Tiefland-Gorillas, Schimpansen und Bonobos, die nahesten Verwandten der Menschen. Die Wälder sichern auch das Überleben von Millionen Waldbewohnern.
Experten gehen davon aus, dass mehr als drei Viertel aller verbliebenen großen Urwälder in Afrika bedroht sind, die meisten davon durch die Holzwirtschaft. Die Weltbank hat Korruption als „das größte Hindernis für ökonomische und soziale Entwicklung“ identifiziert und betrachtet ihre Auswirkungen für die armen Bevölkerungsschichten als besonders schwerwiegend. Bezüglich Holzeinschlag hält die Weltbank fest: „Riesige Gewinne können erzielt werden durch Aktivitäten wie Holzeinschlag im tropischen Regenwald, wo Genehmigungen durch Korruption erworben oder Inspekteure bestochen werden können.“
Korruption grasiert
Mit dem Ziel, Korruption zu bekämpfen, haben sich 1999 die Mitgliedstaaten der OECD auf eine „Konvention zur Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr“ geeinigt. Gemäß dieser Konvention stellt es einen strafbaren Tatbestand dar, „ausländischen Staatsbediensteten Geld anzubieten, zu versprechen oder zu geben, um internationale Geschäfte zu erhalten oder aufrecht zu erhalten.“ Die unterzeichnenden Staaten verpflichteten sich, „effektive, angemessene und abschreckende Strafen“ gegenüber jenen anzuwenden, die Staatsbedienstete bestochen haben. Mittlerweile haben alle OECD-Staaten die Konvention ratifiziert, einschließlich der Schweiz (2000) und Deutschland (1999). Dadurch sind sie dazu verpflichtet, gegen Firmen, die in Korruption verwickelt sind, innerhalb ihres Rechtsbereiches vorzugehen.
Einige der afrikanischen Länder, in denen die Danzer-Gruppe tätig ist, gehören zu den korruptesten und gewalttätigsten der Welt. In Kamerun bezieht nach Greenpeace-Recherchen Interholco Holz von der Firma „Mbah Mbah Georges“ (MMG), mit der sie eine enge finanzielle Partnerschaft hat. Durch Darlehen an MMG scheint sich die Danzer-Gruppe exklusive Vermarktungsrechte für alle MMG Produkte – in der Hauptsache Bongossi – gesichert zu haben. Im Jahr 2000 war MMG in illegalen Holzeinschlag großen Ausmaßes verwickelt. Es wurde dokumentiert, dass sie außerhalb ihrer genehmigten Konzession eingeschlagen und der lokalen Bevölkerung damit erheblichen Schaden zugefügt hat.
Der Wert des von MMG gestohlenen Holzes wird auf fast 700 Millionen FCFA (über 1 Millionen Euro) geschätzt. In einem Brief der Danzer-Tochter Interholco AG an Greenpeace vom 29. September 2003 heißt es dazu: „Interholco lehnt es selbstverständlich ab, von Gesellschaften Holz zu kaufen, die illegalen Holzeinschlag betreiben. Solche illegalen Aktivitäten müssen jedoch nachweisbar sein, bzw. es müssen klare Verdachtsmomente vorliegen. Dies ist nach unserer Kenntnis bei der MMG nicht der Fall.“
Der Brief wurde von Ulrich Grauert unterschrieben, einem der beiden Geschäftsführer der Interholco AG. Grauert scheint über ein schlechtes Gedächtnis zu verfügen, wurde er doch erst im April desselben Jahres direkt von René Giger, seinem Geschäftsführer- Kollegen, über MMG’s illegalen Holzeinschlag in ihrer neuen Konzession informiert. In seinem vertraulichen Reisebericht schrieb Giger: „Einschlagsmengen werden nicht erreicht, Rendement wird wegen zu kleiner Durchmesser nicht erreicht. MMG schlägt illegal bereits in nächster Coupe (begrenztes Einschlagsgebiet innerhalb der Konzession) ein; dafür wird nächstes Jahr dieselbe Coupe bereits wieder wertlos sein.“ Die illegalen Aktivitäten der MMG wurden laut Gigers Aussagen auch nach dem in 2000 dokumentierten Fall fortgeführt.
Vorwurf bestritten
Danzer hat auf die schweren Vorwürfe mit einer ausführlichen Stellungnahme reagiert. „Die seit vielen Jahren in Zentralafrika engagierte Danzer Gruppe ist jüngst in die Kritik geraten“, heißt es darin. „Auslöser ist ein von Greenpeace vorgelegter so genannter Report, in dem der Firmengruppe vorgeworfen wird, Regeln der Forstwirtschaft zu verletzen, illegal geschlagenes afrikanisches Holz einzukaufen und v e r m u t l i c h (!) Beamte im Kongo und in Kamerun zu bestechen. Ihre Vorwürfe stützt Greenpeace auf ein illegal erworbenes firmeninternes Dokument.“ Statt auf die konkreten Vorwürfe einzugehen, werden sie pauschal bestritten. Dann folgt ein langer Abriss über die „Chancen für Wirtschaftswachstum durch nachhaltige Holznutzung“, „Zukunft bewahren durch nachhaltiges Forstmanagement“, „Unternehmensgrundsätze gegen illegalen Holzeinschlag“ sowie „Umsichtiges Handeln statt Aktionismus“.
Die Danzer-Ausführungen lesen sich wie ein verbaler Brei aus vermeintlichem Ökobewusstsein und angeblichen wirtschaftlichen Aktivitäten zum Wohle der betroffenen afrikanischen Länder. Nimmt man die Aussagen ernst, hat sich die Danzer-Gruppe über Nacht zu einer caritativen Umweltorganisation gewandelt.
Die Wirklichkeit sieht anders aus: Am 24. November 2004 präsentierte Greenpeace Schweiz einen zweiten Bericht zur Danzer- Gruppe und ihrer Tochterfirma Interholco mit neuen brisanten Enthüllungen. Danach unterhielt Interholco noch dieses Jahr Beziehungen mit Gus Kouwenhoven, dem eine zentrale Rolle im Waffenschmuggel in Liberia vorgeworfen wird und der deshalb vom UN-Sicherheitsrat mit einem Reisebann belegt wurde.
Ausserdem sind Dokumente aufgetaucht, die den Verdacht bestärken, dass Angestellte von Danzer bei der Fälschung von amtlichen Urkunden beteiligt waren. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat aufgrund einer Anzeige von Greenpeace eine Untersuchung gegen Interholco eingeleitet.
Auch neue Hinweise auf Bestechung wurden von Greenpeace präsentiert und zum Beweis interne Firmenbriefe vorgelegt. Darin erläutert René Giger wie „Geschenke“ eingesetzt werden – am Beispiel der kamerunischen Danzer-Tochter CCIB. Laut Giger verlangt die kamerunische Steuerbehörde eine „control fiscal “ (eine Steuerprüfung), was er auf alle Fälle vermeiden will, da anscheinend die „seinerzeit nicht deklarierten Exporte der IHC (Interholco) über Alima im Raume“ stehen. (Exploitation Forestière Alima Ferdinand ist eine Holzfirma in Yaoundé, Kamerun.)
Giger schreibt beiläufig: „Hr.F...versucht die Sache mit FRF 20- 30.000 zu regeln.“ (ca.3.000 bis 4.500 Euro)
In ihrer öffentlichen Antwort auf den ersten Greenpeace-Report hat die Danzer Gruppe zu erklären versucht, dass ihre „Geschenke“ und „Bakschisch“-Zahlungen an Amtsträger in Afrika notwendig seien, weil gesetzlich vorgeschrieben sei, „Frais de Mission“ zu entrichten (“Frais“ steht für Spesen). Der Anhang zu Gigers Bericht macht deutlich, was die Danzer Gruppe unter „Geschenken und Frais de Mission“ versteht. Mit Bezug auf die Republik Kongo heißt es: „Bedingt durch die Steuererhöhungen kann es sich die IFO (Danzer-Tochter) nicht mehr erlauben irgendwelche Zuwendungen, die keine direkten Gegenleistungen erbringen, zu geben. Frais de mission, die bisher meistens aus Gewohnheit bezahlt wurden, werden nur noch nach der gültigen Gesetzgebung bezahlt.“ Das lässt tief blicken. Damit bestätigt Giger, dass die Zahlung der so genannten „Frais de Mission“ bislang nicht aus gesetzlicher Notwendigkeit erfolgte.
Holz und Waffen
Nach jahrelangen Diskussionen erließ der UN-Sicherheitsrat am 7. Juli 2003 Sanktionen gegen den Import von Holz aus Liberia. Seither gilt für sämtliche Länder ein vollständiges Einfuhrverbot für alle Holzprodukte aus dem westafrikanischen Land. Die UN waren zu diesem beispiellos drastischen Vorgehen gezwungen, da internationale Holzhändler wie Interholco nicht willens waren, freiwillig den Handel mit einer Industrie einzustellen, die den liberianischen Präsidenten und Kriegsherren Charles Taylor mitfinanzierte. Der UNO-Sicherheitsrat sah in Talyor einen der Hauptfaktoren für die Destabilisierung der Region. Ausserdem belegte der UN-Sicherheitsrat 130 Personen aus dem engeren Kreise Charles Taylors mit einem Reiseverbot. Zu dieser Gruppe gehört auch Maurice Cooper, Mit-Eigner der liberianischen Holzfirma „Inland Logging Company“ (ILC). In Liberia pflegte Interholco enge Beziehungen zur ILC – sie war Exklusiv-Agent für den Export des eingeschlagenen Holzes.
Neben Holz von ILC bezog Interholco aus Liberia auch Holz von der „Oriental Timber Company“ (OTC) und „Maryland Wood Processing Industries“ (MWPI). Der OTC Manager, der Holländer Gus van Kouwenhouven, wird von der UNO als Schlüsselfigur in der Logistik illegaler Waffenschiebereien nach Liberia angesehen. MWPI wird beschuldigt, an Waffenlieferungen beteiligt gewesen zu sein, die illegal ins Land gelangten. Erst die zunehmenden Aktivitäten der Rebellen und letztlich die Sanktionen des Sicherheitsrates hielten Interholco davon ab, mit den liberianischen Lieferanten weiter Geschäfte zu machen.
Besonders interessant sind die eigenen Danzer-Aussagen zur nachhaltigen Forstwirtschaft. Auf der Danzer-homepage steht zum Thema „Umwelt“: „Und auch für eine nachhaltige, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Bewirtschaftung der Wälder in den Tropen sehen wir gute Chancen. In unserem Werk in der Republik Kongo sind wir gerade dabei, einen Plan zur nachhaltigen Forstwirtschaft einzuführen. Es steht außer Frage, daß wir auf dem Weg zur Realisierung unserer ehrgeizigen Ziele bisher nur wesentliche, grundlegende Schritte unternommen haben und noch viele weitere folgen müssen.“ Als Datum wird das Jahr 2002 genannt. Die Aussage bedeutet im Umkehrschluss: Danzer hat Jahrzehnte nicht nachhaltig geholzt und tut es auch nach eigener Einschätzung bis heute nicht.
Der aktuelle Greenpeace-Bericht kann unter www.greenpeace.ch herunter geladen werden.
Die Danzer-Gruppe
Die Danzer Gruppe wurde 1932 von Karl Danzer in Paris gegründet, der dort seine erste Handelsfirma für Furnierholz eröffnete. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm Danzer 1947 in Reutlingen sein erstes eigenes Furnierwerk in Betrieb und begann damit den Aufbau eines industriellen Furnier-Imperiums.
Seither hat sich die Gruppe mit einem Jahresumsatz von über 500 Millionen Euro zu einem der weltweit größten Hersteller von Hartholzfurnieren, aber auch zu einem der großen internationalen Händler von Rund- und Schnittholz entwickelt. Heute betreibt die Danzer Gruppe weltweit dreizehn Furnier- und fünf Sägewerke. Ihre Konzessionen in der Demokratischen Republik Congo und der Republik Congo sind mit über vier Millionen Hektar größer als die Schweiz.
Bis Juli 2004 war die Management-Holding-Gesellschaft der Firmengruppe die ANBE AG mit Hauptsitz in der Schweiz. Das Unternehmen wurde danach in Danzer AG umbenannt.
Schreiben Sie dem Weltbank-Präsidenten!
Bitte unterstützen Sie mit dem folgenden Musterbrief an den Weltbank-Präsidenten die Forderung nach einer nachhaltigen Nutzung der congolesischen Regenwälder.
Mr. James D. Wolfensohn President
The World Bank Group
1818 H Street,
N.W Washington,
DC 20433
Dear Mr. Wolfensohn,
I am writing to demand an immediate halt to World Bank and United Nations support for increased industrial logging of rainforests in the Democratic Republic of Congo. As you should have noted, virtually every environmental, conservation, indigenous and development organization in the country and around the World, opposes this astonishing plan. The World Bank should be working with the Congolese government to help dismantle the country’s corrupt and inefficient logging industry, rather than expanding it. Instead you should be funding alternatives that will bring direct benefits to, and strengthen the rights of, the 35 million people living in and around the forest - and depending on it for their survival. Rather than subsidizing rainforest destruction, the World Bank should be initiating a participatory process to establish land rights for forest peoples, and developing economic alternatives to industrial logging that are community-based and ecologically sound.
First time industrial logging of ancient primary forests is not sustainable development, it is NEVER ecologically sustainable, rarely provides lasting economic benefits, and frequently leads to violations of indigenous rights.
The World Bank must not finance the first time industrial diminishment of the Congolese or any other endangered forest. We urge that you insist that the Congolese authorities uphold the moratorium on allocation of logging concessions, as was called for by international NGOs at the November 2004 Forest Forum meeting in Kinshasa.
Please look into your heart and find the strength to do the right thing. I´m looking forward to receiving your reply soon.
Yours sincerely