RegenwaldReport 02/2005
Weltbankdollars für den Sojakönig
Mangelnde staatliche Präsenz, unzureichender Vollzug der bestehenden Gesetze und fehlendes Rechtsbewusstsein haben die ungeordnete und auf kurzfristigen Gewinn orientierte Entwicklung in Amazonien gefördert, nachdem die Militärs vor 40 Jahren mit der Erschließung begonnen haben
Blairo Maggi ist Gouverneur des brasilianischen Bundesstaates Mato Grosso und war lange Zeit zugleich der weltweit größte einzelne Sojaproduzent. Im September 2004 gewährte die Weltbanktochter IFC dem „Sojakönig“ einen Kredit in Höhe von 30 Millionen US$. Damit will das Unternehmen die regionalen Lagerkapazitäten für Soja um 250.000 Tonnen erweitern.
Nach Auffassung von Umweltschützern markiert der IFC-Kredit ein besonders „bitteres Mosaiksteinchen” auf dem Weg zum Ausverkauf des brasilianischen Mittelwestens an (inter-)nationale Agrarkonzerne. Denn schließlich ist die IFC - anders als private Geschäftsbanken - mit einem Entwicklungsmandat ausgestattet. Doch statt ihre Finanzmittel für die Förderung einer armutsorientierten und nachhaltigen Entwicklung im brasilianischen Mittelwesten einzusetzen, fließen die dringend benötigten Gelder an das exportorientierte Agrobusiness - mit fatalen Folgen für viele Menschen und die Natur.
Brasilien ist innerhalb kürzester Zeit zum zweitgrößten Sojaproduzenten weltweit aufgestiegen (Jahresproduktion 2004 rund 50 Millionen Tonnen). Nach dem Willen der Regierung soll die Produktion in den kommenden zehn Jahren nochmals verdreifacht werden. Das bedeutet, die Anbaufläche von derzeit 21,5 Millionen Hektar (2004) muss dramatisch auf rund 100 Millionen Hektar ausgedehnt werden. Dabei beansprucht der boomende Sojaanbau bereits heute große Flächen bester landwirtschaftlicher Nutzfläche, die der heimischen Bevölkerung unwiederbringlich verloren geht.
Auch aus ökologischer Perspektive sind die Folgen des Sojabooms alarmierend. Selbst nach Auffassung der brasilianischen Regierung stellt die Sojaproduktion derzeit die größte Bedrohung für die brasilianische Primärvegetation dar. Immer mehr ehemals für Weide- und Viehwirtschaft genutzte Flächen werden der Sojaproduktion einverleibt und verdrängen die Viehwirtschaft gen Norden in den Amazonaswald.
Weder das Zerstörungsszenario noch die Verquickung von ökonomischen und politischen Interessen im Fall Maggi hinderten die IFC daran, das Kreditgesuch positiv zu entscheiden. Doch hat die IFC hierbei die Rechnung ohne die Umweltschützer gemacht. Seit Jahren warnt ein breites Bündnis brasilianischer und europäischer Umweltgruppen vor den Folgen des Sojabooms. Ihre anhaltenden Proteste gegen den Maggi-Kredit führten dazu, dass der Fall jetzt noch einmal genau untersucht wird. Zum ersten Mal in der Geschichte der Weltbank ordnete ein Präsident aus eigener Initiative die Untersuchung einer Kreditvergabe durch die Ombudsstelle der IFC an. Die soll nun analysieren, ob die Kreditprüfungen hinreichend waren und inwiefern durch die IFC-Kreditvergabe die Zerstörung Amazoniens verstärkt wird.
Barbara Happe / urgewald