RegenwaldReport 04/2005
Verteidiger des Waldes
Perus Indianer informieren sich über die Folgen der Ölförderung und organisieren ihren Widerstand
Es ist heiß und feucht in der peruanischen Amazonasregion Ucayali, die im Osten an Brasilien grenzt. Bäume, hoch wie Kirchtürme. Ein grünes Meer aus Lianen, Moosen, Farnen und Blättern – längliche, breite, dicke, runde, gefächerte oder ovale. Im Wald ist der Bär los. Es raschelt, klopft, zirpt, singt und pfeift unter dem Dach der Urwaldriesen.
Seit kurzem sucht der spanische Multi Repsol nach Öl in der Region Ucayali. Er besitzt dort zwei Fördergebiete gemeinsam mit dem US-Konzern Burlington, die rund 1,5 Millionen Hektar groß sind. Betroffen von der Ölsuche sind die traditionellen Lebensräume der indigenen Stämme Asháninka, Ashéninka, Yine, Shipibo-Konibo, Amawaca und Nawa. Die meisten der Ureinwohner können nicht lesen und schreiben, über die Folgen von Ölförderung wissen sie gar nichts. Aber sie kennen ihren Regenwald, in dem sie noch traditionell als Jäger und Sammler leben, ohne ihn zu zerstören. Er ist für sie Apotheke und Supermarkt, liefert Baumaterialien und sauberes Trinkwasser.
Viele Dorfbewohner besitzen keine Landtitel, obwohl ihre Vorfahren seit Jahrhunderten schon hier gelebt haben. Das macht es schwieriger für sie, ihre Landrechte durchzusetzen. Ihnen droht, was in Ecuador vor gut 30 Jah-ren passiert ist. Dort hatte Texaco auf indigenem Territorium Anfang der 70er Jahre begonnen, Öl zu fördern und eine Umweltkatastrophe hinterlassen. Heute liegt die Krebsrate in den geplünderten Gebieten so hoch wie sonst nirgendwo im Land.
Bereits die seismischen Untersuchungen im Vorfeld einer möglichen Ölförderung haben negative Auswirkungen auf den Wald und seine Bewohner. Sie erfordern eine große Zahl an Arbeitern und lärmenden Maschinen wie transportable Bohrer, Generatoren, Kompressoren, Kettensägen, Fahrzeuge und Hubschrauber. In der Regel wird auf einer Länge von Hunderten von Kilometern eine etwa zwei Meter breite Schneise geschlagen, um dort in einem Abstand von 100 Metern Explosionen durchzuführen. Landeplätze für die Helikopter und Camps für die Arbeiter müssen errichtet werden, was die Rodung einer riesigen Fläche Regenwald bedeutet.
Zusätzlich zu dem Lärm und dem Holzeinschlag besteht das Risiko, dass Arbeiter Krankheiten in die Region einschleppen, denen das Immunsystem der indigenen Menschen nicht standhalten kann.
Die wilden Tiere des Regenwaldes werden von den Arbeitern zum Verzehr oder Verkauf gejagt, wenn sie nicht bereits von dem Lärm der Maschinen verscheucht wurden. Proportional zum Verschwinden der Tiere werden auch die Jagdmöglichkeiten der indigenen Völker erheblich begrenzt.
Um die drohenden Gefahren abzuwenden, haben die indigenen Organisationen ORAU (Organisación Regional Aidesep Ucayali) und OIRA (Organisación Indígena Regional Atalaya) Mitte Oktober 2005 einen Workshop durchgeführt. Stam-mesführer aus 50 Dörfern und Vertreter indigener Organisationen aus ganz Peru und dem Ausland haben vier Tage über die ökologischen, sozialen und kulturellen Auswirkungen von Ölförderung im Regenwald diskutiert. Rettet den Regenwald hat den Workshop mit 4.500 Euro unterstützt. In einer Abschlusserklärung haben die indigenen Vertreter den Ausnahmezustand für ihre betroffenen Stammesgebiete ausgerufen und ent-schieden, sämtlichen Öl-, Bergbau- und Holzunternehmen den Zugang zu verbie-ten. Rettet den Regenwald wird die von Ölsuche betroffenen indigenen Gemeinden in Peru genauso weiter unterstützen wie andere indigene Völker, die unter dem “schwarzen Fluch” leiden.
In Kolumbien wurden in der Vergangenheit unter anderem die U’wa von Occidental geschädigt. In Ecuador sind aktuell die Signa, Secoya, Cofan, Huaorani, Shuar und Ashuar von Ölförderung betroffen.
Für sie alle starten wir unsere neue Kampagne „Wir helfen den Waldmenschen“.
Bitte verfolgen Sie unsere Kampagne auch im Internet unter: www.regenwald.org