RegenwaldReport 01/2009
Erfolge für die Wächter des Waldes
Erfolg 1: ARGENTINIEN: AN DER SOJAFRONT
Einmal wöchentlich eröffnet Jorge Rulli von der Umweltgruppe Grupo de Reflexión Rural (GRR) in seinem interaktiven, landesweit ausgestrahlten Radioprogramm Horizontes Sur die Debatte über die Folgen des Anbaus von Gensoja und Genmais in Argentinien. Denn die Sojamonokulturen verdrängen die landwirtschaftlichen Familienbetriebe von ihrem Land und fressen sich immer tiefer in die Urwaldgebiete im Norden des Landes hinein. Ganze Landschaften und Dörfer liegen im Sprühnebel eines Cocktails hochgiftiger Pestizide. Die Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen sind dramatisch, wie GRR in der aktuellen Studie „Besprühte Völker“ veröffentlicht hat. Rulli prangert dabei auch die Rolle der Regierung an, für die Soja nicht nur ein industrielles Produktionsmodell ist, sondern gezielte politische Strategie. Um die horrenden Auslandsschulden des Landes abzuzahlen, setzt die argentinische Regierung voll auf den Export von Soja und Co auf den Weltmarkt. Den Preis dieser Politik zahlen Mensch und Natur. Im Februar sollten das Radioprogramm kurzfristig abgesetzt und die Sojakritiker mundtot gemacht werden. Doch dank tausendfacher Proteste, an denen auch Rettet den Regenwald teilgenommen hat, konnte die Fortführung des Programms gesichert werden.
Erfolg 2: Kein Platz für Kupfermine
Das Tal des Jiguamiandó-Flusses in Kolumbien ist reich an endemischen Tier- und Pflanzenarten und das traditionelle Siedlungsgebiet der indigenen Embera. Die amerikanische Bergbaufirma Muriel Mining Corporation (MMC) locken jedoch nicht die Naturschätze, sondern die im Untergrund lagernden Metalle wie Kupfer, Gold und Molybdän. MMC verfügt über eine 16.000 Hektar große Bergbaukonzession in den Verwaltungsbezirken Antioquia und Choco. Die kolumbianischen Behörden in der fernen Hauptstadt Bogotá haben diese an die Firma verkauft, mit einer Laufzeit von 30 Jahren und der Möglichkeit um Verlängerung. 11.000 Hektar davon befinden sich auf dem traditionellen Land und Indigenenschutzgebiet der Embera. Die in zwölf Dörfern lebenden etwa 270 Embera-Familien besitzen angestammte Landrechte über ihr Gebiet.
Doch die wurden nie gefragt und würden die Leidtragenden sein. Neben der Rodung des Regenwalds mit seiner einzigartigen Flora und Fauna drohen die Verschmutzung der Flüsse Jiguamiandó und Murindó.
Das Überleben der Embera steht auf dem Spiel. Egoró bedeutet sowohl Land als auch „das Leben der Embera“. Denn das Land gibt den Embera alles, was sie brauchen: Nahrung, Trinkwasser, Jagdwild, Holz und sogar traditionelle Medizin. Ohne Land können die Indigenen als Volksgemeinschaft nicht leben. In Verbindung mit dem Bergbauprojekt wurde das Gebiet militarisiert, um die Menschen zu kontrollieren und den Bergbau durchzusetzen, wie die Militärs offen zugeben. Mehrere Familien wurden bereits gewaltsam vertrieben und die traditionellen Rechte der Einwohner mit den Füßen getreten. Selbst der heilige Ort der Embera, der Usa-Kirandarra oder Cerro Cara de Perro, soll dem Bergbau geopfert werden. Die bloße Ankündigung des geplanten Bergbaus in der Region hat kollektive Angst unter den Menschen hervorgerufen. Der Selbstmord eines Embera und eine Reihe von Suizidversuchen von jungen Indigenen spiegeln auf dramatische Weise die Verzweiflung und die Zukunftsängste der Menschen wider.
Der kolumbianische Staat führte über das Amt für ethnische Angelegenheiten mehrere Informationsveranstaltungen über das Bergbauprojekt Jiguamiandó Mandé Nord durch, so der amtliche Name des Projekts. Damit sollten die vorgeschriebenen Konsultationen der lokalen Bevölkerung vorgespielt werden. Die Embera und ihre Nachbarn, Afrokolumbianer und Mestizen, lehnen diese ab. Sie haben Ende Februar einen wirklichen Konsultationsprozess organisiert. Die Menschen in anderen vom Bergbau bedrohten Gebieten in Guatemala, Peru und Argentinien haben es mit ähnlichen Volksbefragungen geschafft, den Abbau der Bodenschätze zu verhindern. Zusammen mit Umwelt- und Menschenrechtsgruppen aus dem In- und Ausland haben die Embera über das Projekt diskutiert und demokratisch abgestimmt. Ein eindeutiges Nein gegen das Bergbauvorhaben ist das Ergebnis der Volksabstimmung und zugleich ein klares Signal an die Regierung, die jetzt auf jeden Fall dieses Ergebnis anerkennen muss. Die Embera fordern den sofortigen Stopp der Rodungs- und Erdarbeiten im Regenwald, den Abzug sämtlichen Geräts, des Militärs und von MMC aus ihrem Territorium und dem heiligen Berg.
Hinter MMC steht ihre Partnerfirma, der anglo-australische Bergbauriese Rio Tinto. Letzterer würde wohl auch die Metalle abbauen, MMC soll vermutlich nur das Metallvorkommen erschliessen und das Gelände von den rebellischen Indigenen und störenden Regenwald säubern. Zu den Kunden der Bergbaugesellschaft gehört wiederum die europäische Industrie.