Regenwald Report 03/2009
Penan: Blockaden gegen Waldraub
An den Frauen und Männern im Regenwald von Borneo kommt keiner vorbei – kein Holzlaster, kein Bulldozer, keine Polizei. Seit Mitte August protestieren die Ureinwohner der Penan im Bundesstaat Sarawak mit Straßensperren gegen die fortgesetzte Vernichtung ihrer Lebensgrundlage. 13 Dörfer sind beteiligt
Sie haben nur ihre Blasrohre dabei und große Plakate – aber sie sind viele. Und ihr Mut ist größer als die Bulldozer, die ihnen entgegenwalzen. Tief im Dschungel von Borneo haben sich Hunderte Frauen und Männer aufgereiht, um die mächtigen Holz- und Plantagenkonzerne aufzuhalten. Zwischen den Flüssen Tutoh und Baram blockieren sie drei Straßen. Mit ein paar Baumstämmen, aber vor allem mit ihren Körpern, wollen sie das schützen, was ihnen schon seit Jahrzehnten mehr und mehr gestohlen wird: ihren Lebensraum, den Regenwald in Sarawak, Malaysias Bundesstaat auf der Insel Borneo. Gewaltloser Widerstand gegen den Raubbau auf seinem Land hat für das Volk der Penan tragische Tradition. Ein ganzes Menschenleben schon währt die Plünderung.
Die Penan riskieren ihr Leben
Seit den 1960er-Jahren dringen die Holzfäller immer tiefer in den Urwald von Sarawak ein und degradieren ihn zur Rohstoffquelle für Papier und Luxusmöbel aus Tropenholz. Mit schweren Maschinen ziehen berüchtigte Konzerne wie Samling, Interhill, Shin Yang und KTS die wertvollen Baumriesen aus dem Dschungel und walzen alles platt, was ihnen im Weg steht – die Fisch-, Jagd- und Sammelgründe der Ureinwohner genauso wie ihre kleinen Reisfelder. Als die Kahlschläge immer näher rückten, entschlossen sich die ersten mutigen Waldbewohner der Penan im östlichen Sarawak, Straßenblockaden zu errichten. Sie hatten alles zu verlieren und dafür riskierten sie ihr Leben. Die Nachrichten von Gewalt, Verhaftungen und Mord im Regenwald von Sarawak gingen in den 80er-Jahren um die Welt; das jedoch ist vor allem einem Umweltaktivisten aus dem Westen zu verdanken: Der Schweizer Bruno Manser machte den Kampf der Penan gegen die Holzfäller zu seinem eigenen – im Jahr 2000 verschwand er spurlos. „Wir haben keine Angst“, sagt der Chef der Gemeinde Long Nen, die sich an den aktuellen Blockaden beteiligt. „Die Konzerne sind im Unrecht, sie zerstören unser Land. Vor 20 Jahren kannten wir unsere Rechte nicht, wussten nicht, wie wir uns schützen konnten. Aber jetzt kennen wir unsere Rechte.“
In Sarawak regiert Vetternwirtschaft
Am 21. August war ein Reporter-Team der französischen Nachrichtenagentur AFP aufgebrochen, um über die Blockaden der Penan zu berichten. Wie heiß das Eisen ist, erfuhren sie nach den Interviews: Die Journalisten wurden im Wald von der Polizei abgefangen und mit Maschinengewehren zum Verhör eskortiert. Am Tag darauf machte die Borneo Post mit der Schlagzeile auf: „Ausländer haben bei den Blockaden ihre Hände im Spiel.“ Vier Reporter hätten die Penan ermutigt, sich den Holzfirmen entgegenzustellen. Die Zeitung gehört übrigens zur Gruppe des beteiligten Holzkonzerns KTS.
Bis heute verweigert die Regierung von Sarawak seinen Ureinwohnern jegliche Rechte über ihr traditionelles Land. Kein Wunder: Sie betrachtet es als ihr Eigentum. „Der Wald ist zur Einnahmequelle für die Regierung geworden, wir müssen sie nutzen“, lässt James Masing, Minister für ländliche Entwicklung, gegenüber AFP verlauten. In ganz Sarawak zieht seit Jahrzehnten eine einzige Dynastie die Fäden: die Familie von Ministerpräsident Abdul Taib Mahmud. Seit 28 Jahren ist der heute 73-Jährige an der Macht, er übernahm das Amt von seinem Onkel. Taib Mahmud ist zugleich Minister für Finanzen und natürliche Ressourcen, was ihm die Macht verleiht, Land zu vergeben und Konzessionen für Holz- und Palmölwirtschaft. Mahmuds Frau und die erwachsenen Kinder halten 29,3 Prozent an Sarawaks größter Industrie-Gruppe mit 40 Firmen in allen lukrativen Bereichen, das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Auch andere Familienmitglieder sind nicht gerade arm; Taibs Bruder kontrolliert den Holzexport und sein Cousin ist Chef des staatseigenen Energiekonzerns. Das Unternehmen steigt gerade groß ins Wasserkraft-Geschäft ein; zwölf Staudämme sind geplant – auch sie werden die indigene Bevölkerung von ihrem Land vertreiben. Der erste Staudamm ist bereits im Bau; vier Dörfer am Balui-Fluss müssen weichen.
Die Tragödie um den Lebensraum der Ureinwohner geht nun in eine neue Dimension: Der verbliebene Regenwald, ohnehin nur noch Sekundärwald, soll endgültig dem Wirtschaftsboom geopfert werden: für industrielle Monokulturen von Ölpalmen, Akazien und Eukalyptus. Denn die westliche Welt verlangt nach Palmöl für Lebensmittel, Chemieprodukte und Agrosprit; die Baumplantagen sind Rohstoff für die Zellstoffindustrie. Finanzspritzen kommen von europäischen Großbanken wie der Schweizer Credit Suisse. Die Penan fürchten sich vor den Plantagen, denn sie zerstören alles, was sie zum Leben brauchen, für immer. Deshalb blockieren sie die Straßen – so lange, bis Regierungschef Taib Mahmud ihnen ihre Landrechte und den Schutz ihres Waldes schriftlich garantiert. Unterstützung von prominenter Seite erhielten die Penan in diesen Tagen: Harrison Ngau, Anwalt aus Sarawak und Goldman-Preisträger, forderte Taib Mahmud öffentlich auf, das Problem der Penan zu lösen. „Er hat die Pflicht, sich mit den Ureinwohnern zu treffen und sich zu entschuldigen, dass er ihr Land, ihren Wald und ihre Lebensgrundlage zerstört hat“, sagt Ngau dem Bruno-Manser-Fonds in Basel. „Unsere Anwaltsorganisation SILA wird die Penan rechtlich unterstützen und auch alle anderen Ureinwohner, die im Gefängnis sitzen, weil sie das Land verteidigt haben, das ihnen seit Jahrtausenden gehört.“
Dieser Stamm gehört zu den Urvölkern Borneos, den Dayak. Die Penan leben in Malaysias Bundesstaat Sarawak und sind traditionell Nomaden, auch wenn die meisten der 10–12.000 Stammesmitglieder heute in Dörfern leben. Sie ernähren sich jedoch immer noch aus dem Wald. Doch da die Wälder zunehmend abgeholzt werden, verlieren die Penan ihren Lebensraum. Das endgültige Aus droht jetzt durch Kahlschlag für Ölpalmen, Akazien und Eukalyptus.
ÖLPALMEN
Bis 2010 sollen auf 1 Million Hektar Ölpalmen wachsen. Das ist das Ziel der Regierung von Sarawak. Damit wäre laut einer Studie vom Bruno-Manser-Fonds die Anbaufläche für Palmöl in einer Dekade um fast 300% gewachsen. Palmöl ist der zweitgrößte Exportzweig in Malaysia, das Land reagiert damit auf die steigende Nachfrage aus dem Westen.