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Regenwald Report 03/2013

Stoppt Biodiesel und die Palmöl-Lobby

Palmöl ist umweltfreundlich. Das wollen uns Industrie und Politik weismachen. Immer mehr davon fließt auch als angeblich nachhaltiger Rohstoff  in die Dieseltanks, pro Jahr insgesamt 1,9 Millionen Tonnen europaweit. Rettet den Regenwald fordert die EU auf, endlich ihre verhängnisvolle Agrospritpolitik zu beenden

Unberührte Regenwälder, exotische Tiere, glückliche Menschen und grüne Ölpalm-plantagen im Einklang mit der Natur: In acht Reportagen zeigt BBC World seinen Fernsehzuschauern Malaysia als ein Heile-Welt-Land. Besonders ausführlich und positiv wird über die Palmöl­industrie berichtet. Doch die schönen Bilder sind plumpe Werbefilme im Auftrag der malaysischen Regierung. Umgerechnet 20 Millionen Euro zahlte das südostasiatische Land der Londoner Firma FBC Media für die Herstellung und Ausstrahlung der Filme – und machte die staatliche BBC zu seiner Propaganda-plattform. Enthüllt haben den Skandal Journalisten der Zeitung The Independant. Die BBC musste sich schließlich bei ihren 74 Millionen Zuschauern öffentlich entschuldigen.

In Malaysia wurde viel mehr Wald gerodet als die Palmöllobby behauptet

Seit Jahren ziehen Lobbyisten der malaysischen Regierung und Palmölindustrie durch Europa und die USA, um für das tropische Öl zu werben. Bei zwei der PR-Veranstaltungen in der deutschen Hauptstadt war Rettet den Regenwald dabei. Auch hier nur paradiesische Bilder und Hochglanzbroschüren. Kritische Fragen wiegelt der Plantagenminister des Landes ab und gibt sich als Umweltschützer. Regenwaldrodung sei kein Problem, 55 Prozent des Landes seien von geschützten Wäldern bedeckt.

Neuste wissenschaftliche Studien zeigen das Gegenteil. Satellitenaufnahmen stellen das Land an die erste Stelle der Regenwaldvernichter. Auf der malai­ischen Halbinsel sind die Regenwälder bereits fast komplett den Motorsägen und Bulldozern der Holz- und Palmölkonzerne zum Opfer gefallen; im malaysischen Teil Borneos wurden schon 80 Prozent der Urwälder gerodet. Selbst staatliche Unternehmen wie die Yayasan-Gruppe holzen weiter ab, um Platz für immer neue Plantagen zu schaffen.

Von der Regenwaldabholzung hat die Delegation des EU-Parlaments, die im Mai auf Einladung der Palmölindustrie Malaysia besuchte, allerdings nichts gesehen. Die Parlamentarier wurden nur zu ausgesuchten Vorzeige-Plantagen und der weltweit größten Palmöl-Biodieselraffinerie in Singapur kutschiert, sahen zufriedene Mitarbeiter, dann ging es zurück ins Luxushotel. Zu einem Gespräch mit Kritikern der Palmölindustrie kam es nur nach Protesten von Umweltschützern ganz am Ende der Reise, als die Mehrheit der Politiker bereits wieder im Flugzeug saß.

Zeitlich war die Lobbyreise der Abgeordneten genau geplant. Derzeit entscheidet die EU über die Zukunft ihrer Agrosprit-Politik. 10 Milliarden Euro erhält die Branche jedes Jahr an Subventionen von der EU, neben einer garantierten Nachfrage aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Beimischungsquoten. Die Natur und das Klima spielen allerdings kaum eine Rolle in den Konferenzsälen und Abgeordnetenbüros in Brüssel. Schon lange ist bekannt, dass Biodiesel aus Palm-, Raps- oder Sojaöl schädlicher ist als Diesel aus Erdöl. Zu diesem Ergebnis kommen selbst die von der EU in Auftrag gegebenen Expertenstudien. 

Das forderten Rettet den Regenwald und andere Aktivisten auf einer Lobby-
Veranstaltung der malaysischen ­Palmölindustrie in Berlin. In Sabah auf Borneo wachsen Malaysias letzte Urwälder (Foto: Rhett Butler/mongabay.org)

Schutz für die Regenwälder!

Das forderten Rettet den Regenwald und andere Aktivisten auf einer Lobby- Veranstaltung der malaysischen ­Palmölindustrie in Berlin. In Sabah auf Borneo wachsen Malaysias letzte Urwälder (Foto: Rhett Butler/mongabay.org)






EU-Studien beweisen:
Biodiesel ist schädlicher als fossiler Kraftstoff

Der Hauptgrund liegt im enormen Landbedarf zum Anbau der Energiepflanzen. Die Monokulturen werden entweder direkt in die Regenwälder oder tropische Savannen geschlagen oder sie verdrängen den Anbau von Lebens- und Futtermitteln auf bestehenden Äckern und Weiden. Der muss dann auf andere Flächen ausweichen – was meist wiederum Waldrodungen bedeutet. Diese indirekten Landnutzungsänderungen, auf Englisch abgekürzt ILUC, sollen künftig den Agrosprit-Rohstoffen angerechnet werden.

Gegen diese Überlegung laufen die  Biospritindustrie und deren Lobbyvertreter Sturm. Zu Letzteren gehört der energiepolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, der Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell. In einem Brandbrief an die EU-Kommission behauptet er, dass die Berücksichtigung von ILUC den in Europa produzierten nachhaltigen Biokraftstoffen jegliche Wettbewerbsfähigkeit nehmen würde.

 

Die letzten Entscheidungen fallen im Herbst – noch ­können wir handeln

Weiterhin diskutieren die EU-Politiker darüber, den aus Nahrungsmitteln hergestellten Biosprit zu begrenzen. Allein 1,9 Millionen Tonnen Palmöl landen so pro Jahr in den Tanks. Das Problem dabei: Biodiesel und Ethanol basieren auf Lebensmitteln wie Ölpalme, Raps, Soja, Mais, Weizen, Zuckerrübe und Zuckerrohr, wodurch die EU nicht nur die Regenwaldabholzung, sondern auch den verhängnisvollen Konflikt zwischen Tank und Teller anheizt. Das Potenzial für Biosprit aus Abfällen ist bereits weitgehend ausgeschöpft und marktreife Verfahren zur Herstellung von Kraftstoff aus nicht essbaren Rohstoffen wie Stroh und Holz gibt es nicht.

Schon jetzt ist klar: Das Hin und Her um Berechnungsfaktoren und Prozentzahlen kann die grundlegenden Probleme nicht lösen. Am 11. September entscheidet das EU-Parlament, voraussichtlich im Spätherbst der Ministerrat, wie es mit dem Kraftstoff vom Acker weitergeht.

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