Regenwald Report 02/2014
Unser Partner auf Sumatra: Mit dem Mut des Tigers
Feri Irawan wuchs im Dschungel von Sumatra auf. Doch die Baumriesen verschwinden Jahr um Jahr. Die Waldnomaden werden vertrieben, Wüsten aus Ölpalmen vergiften das Land. Da wird der Vermessungsingenieur zum Kämpfer – für Gerechtigkeit und die Natur. Der Aktivist hat mächtige Gegner, doch er weiß, dass er gewinnen kann: In den Regenwald seiner Kindheit sind die Tiger zurückgekehrt
Feri Irawan ist tief besorgt, als wir ihn Mitte März in Jakarta treffen. Zwölf Tage sind seit dem Mord an Puji, dem Dorfvorsteher von Bungku, vergangen. Sicherheitskräfte und bezahlte Soldaten hatten Puji auf der Plantage der Palmölfirma Asiatic Persada in Jambi auf Sumatra zu Tode geprügelt. Er starb im Polizeikrankenhaus.
Feri Irawan wusste, dass er sofort handeln musste, damit nichts vertuscht werden konnte: Er holte den Leichnam aus dem Krankenhaus und zeigte den Mord bei der Polizei an. Sämtliche Foto- und Videobeweise über die Täter sowie die Polizeiakte verteilte er an alle entscheidenden Stellen in Indonesien. Dann tauchte er unter. Zusammen mit Titus, dem Hauptaugenzeugen des Mordes, der ebenfalls von Soldaten schwer misshandelt worden war. Darüber und über die Verantwortlichen berichtet auch der Spiegel – den Artikel finden Sie auf den folgenden Seiten.
Wo immer Feri Irawan auftaucht, hören ihm die Menschen zu – und er ihnen
„Wir haben Angst“, hatte uns Feri nach der Gewaltaktion geschrieben – zum ersten Mal. Feri kennt die Gefahr und weiß, wozu seine Gegner in Palmöl-, Holz- und Papierkonzernen fähig sind. Regierung, Polizei und Geheimdienst bedrohen, bespitzeln und verhören den Menschenrechts-Aktivisten immer wieder. Jetzt ist ein Mann vor seinen Augen gestorben und Feri sagt, dass er so etwas nicht für möglich gehalten hätte; trotz allem.
Beweise überzeugen
Ein staatlicher Holzkonzern rodete in Jambi Primärwald. Feri stellte ein Forscherteam zusammen, um zu beweisen: Dort lebt eine Gruppe der geschützten Sumatra-Elefanten. Die Rodungen wurden gestoppt. Jeder Landraub wird dokumentiert – hier für Jambis Regierung.
Fotos: Konrad Wothe (oben) / Feri Irawan (unten)
Er hat Titus von Sumatra in die Hauptstadt gebracht, um für ihn ein Zeugenschutzprogramm zu beantragen. Für sich selbst will Feri diesen Schutz nicht. Denn dann könnte er nie wieder seine Stimme erheben gegen Gewalt, Landraub, Vertreibung und die Abholzung der letzten Regenwälder in Indonesien.
Wir machen uns große Sorgen um unseren Partner, der für die Gerechtigkeit in seinem Land jede Konfrontation auf sich nimmt, sich stets vor die Menschen stellt und jedes Verbrechen anzeigt. Der 39-Jährige ist in seiner Heimat der Kopf von Perkumpulan Hijau, der „Grünen Bewegung“. Sie steht auf der Seite der Menschen, denen Plantagenfirmen das Land und alle Rechte geraubt haben.
Oft platzt sein kleines Bürohaus in Jambi aus den Nähten, denn jeder wird aufgenommen: Aktivisten, Bauern, Indigene, Familien mit Kindern sind oft Stunden unterwegs, um sich zu beraten, gemeinsam Strategien zu entwickeln oder weil sie einen Schlafplatz brauchen, etwas zu essen und zu trinken. „Wir sind keine Opfer“, ruft Feri den Leuten zu, auch wenn sie nach Gewaltaktionen erneut vor dem Nichts stehen. „Wir sind freie Bürger!“
„Feri Irawan ist für viele Menschen in Sumatra ein Held“, sagt Inge Altemeier. Die Hamburger Filmemacherin hat den Aktivisten im Jahr 2000 bei Dreharbeiten für ihre Fernsehreportage „Das verbürgte Elend“ kennengelernt. Es ging um Regenwaldrodung und Vertreibung auf Sumatra für unser Papier und Bürgschaften aus Europa für die Papierfabriken in Indonesien. Im Laufe der Jahre haben Inge Altemeier und Feri Irawan immer wieder die kriminellen Machenschaften der Abholzer entlarvt. Inzwischen, so Inge Altemeier, wird die Arbeit von Feri Irawan gefährlicher, denn der Kampf um Land und Ressourcen verschärft sich – vor allem für Palmöl. Angeheizt wird die Nachfrage nach dem billigsten Pflanzenöl durch den in der EU gesetzlich verordneten Biosprit.
Für die Vertriebenen und Landlosen in seiner Heimat Sumatra ist Feri ein Held
Die indonesische Regierung, aber auch deutsche Politiker behaupten gern, dass die Bevölkerung an Wachstum und Wohlstand teilhaben will. Feri Irawan: „Wir leben seit Generationen von den Produkten des Waldes und betreiben Landwirtschaft. So haben wir unsere Natur jahrtausendelang bewahrt. Wir sind Bauern und wollen es bleiben. Auch mit einem Hochschulabschluss. Mit unserem Wissen gestalten wir den Fortschritt in unserem eigenen Tempo. Die riesigen Monokulturen machen die Konzerne reicher und die Bauern und Ureinwohner ärmer.“
Feri Irawan wurde 1974 in eine Familie von Waldbauern hineingeboren, sein Spielplatz war der Regenwald, der das Dorf Karang Mendapo umschloss. Im November 2003 ließ der Palmölmulti Sinar Mas diesen Urwald abholzen – eintausend Hektar in weniger als 24 Stunden. „Der Kampf um unser Land dauerte mehr als sechs Jahre“, sagt Feri. Auch Rettet den Regenwald hat sich mit Spenden und Aktionen beteiligt. „Inzwischen haben wir uns 600 Hektar von Sinar Mas zurückgeholt. Ein Teil der Plantage verwildert, ein anderer wird von den Kleinbauern selbst bewirtschaftet; daneben pflanzen wir Nahrungsmittel.“
Es wächst wieder Wald am Fluss von Karang Mendapo. Mit großer Freude erzählt uns Feri, dass auch die Tiger zurückkehren. In ihrer Naturreligion glauben die Menschen in Jambi, dass sie zur Familie der Tiger gehören. Der Tiger steht für Mut, Stolz und Kampf.
Lesen sie mehr: Hintergründe und Aktionen zu der Lage in Jambi finden Sie unter www.regenwald.org/aktion/943Ihre Hilfe für Sumatra
„Mit Besitzurkunden können sich die Gemeinden gegen Landraub und Vertreibung besser wehren“, sagt Feri Irawan – und lässt Landkarten anfertigen und beglaubigen. „Das Wissen der Bewohner fließt immer mit ein: Wie wurde das Land früher genutzt, was wollen und können wir heute anbauen? Für welche Nahrungspflanzen ist der Boden geeignet? Wie wurde und wird der Wald genutzt? Honig, Früchte, Kautschuk, Baumaterial wie Rattan, Medizinpflanzen – für alles gibt es einen Markt. Das ist unser Weg zu einem guten Einkommen – und der beste Schutz für den Regenwald.“ Drei Kartografen wurden bereits ausgebildet.Rettet den Regenwald unterstützt die Arbeit von Feri Irawans „Grüner Bewegung“ seit vielen Jahren auch mit Spenden. Für Kartografierung, Aktionen, Anwälte oder Nothilfe für die Opfer der Palmölindustrie.
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