Regenwald Report 04/2015
„Sie verbrennen die Zukunft unserer Kinder“
Indonesien steht in Flammen. 20.000 Quadratkilometer Regenwald haben die Feuer verschlungen – Menschen und Tiere sterben. Unsere Partner auf Borneo und Sumatra sprechen von einer der größten Umweltkatastrophen unserer Zeit, verursacht durch Menschen: Palmölkonzerne erweitern durch illegale Brandrodung ihre Plantagen. Mitverantwortlich ist auch der Palmölverbrauch für Biodiesel in Europa. Bitte fordern Sie mit uns ein Ende des Palmölwahns – schreiben Sie an Angela Merkel
Der Morgen ist schwefelgelb, als Intan am 15. September zur Schule radelt. Das Mädchen kann kaum zehn Meter weit sehen, so dick liegt der Feuerqualm über der Stadt Sampit im Herzen von Borneo. Intan erreicht ihre Schule nicht mehr – sie bricht zusammen und stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus. „Sie ist an den Rauchpartikeln aus den Feuern erstickt, die seit Monaten unser Land verbrennen“, sagt Nordin von unserer Partnerorganisation Save our Borneo. Seine und Intans Heimat in der Provinz Zentralkalimantan ist am schwersten betroffen von dem tödlichen Rauch über Borneo und Sumatra.
Intan wurde nur neun Jahre alt. Sie ist eine von 22 Menschen, die bis Ende Oktober gestorben sind, weil Palmölkonzerne skrupellos Feuer legen lassen, um ihre Plantagen auszuweiten.
„Alles nur wegen der Gier nach Palmöl“, so Nordin. „Immer mehr Palmöl für Biosprit, immer mehr Plantagen, immer mehr Feuer. Sie verbrennen die Zukunft unserer Kinder.“
Indonesien ist der weltgrößte Produzent und Exporteur von Palmöl. Der Löwenanteil fließt in industriell hergestellte Nahrungsmittel; doch auch in unseren Dieselmotoren verbrennt das tropische Speiseöl: 140.000 Tonnen waren es 2014 bundesweit.
In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Plantagen immer weiter in die Regenwälder hineingefressen; in Indonesien wachsen Ölpalmen auf 14 Millionen Hektar. „Die Palmölfirmen lassen illegal Feuer legen, um ihre Plantagen vorzubereiten“, so unser Partner Feri Irawan auf Sumatra. „Brandrodung ist wesentlich billiger als maschinelle Abholzung.“
Und so brennen jedes Jahr zur Trockenzeit die Regenwälder. Wenn, wie jetzt, El Niño hinzukommt, steigert sich das Problem zu einer Umweltkatastrophe.
Und es brennen nicht nur die Bäume – es brennt das Land selbst. Denn mehr als die Hälfte der Feuer wütet auf metertiefen Torfböden. Wenn sie sich entzünden, glühen sie monatelang und verpesten die Luft nicht nur mit Kohlendioxid, sondern auch mit großen Mengen Methan, Kohlenmonoxid und anderen giftigen, extrem wirksamen Treibhausgasen.
Satelliten-Bilder zeigen auf Borneo und Sumatra 35.000 Hotspots – längst zogen die dicken Rauchschwaden aus diesen Feuern auch nach Singapur, Malaysia und Thailand. Mehr als 40 Millionen Menschen leiden darunter – und nennen die Brandstiftungen ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Mit den Regenwäldern verschwinden die Lebensquelle der Indigenen und Kleinbauern und einer der größten Naturschätze unseres Planeten. Orang-Utans, Waldelefanten, Sumatra-Tiger, Nashörner und Nebelparder gehörten schon vor den verheerenden Bränden zu den bedrohten Tierarten. Niemand weiß, wie viele jetzt in den Flammen umgekommen sind – zusammen mit Tausenden, vielleicht Millionen anderen Tieren und Pflanzen.
Seit Beginn der Feuer sind unsere Partner auf Sumatra und Borneo unterwegs, um die Verantwortlichen ausfindig zu machen und vor Gericht zu bringen. Nach indonesischem Recht haften die Firmen für die Feuer auf ihren Konzessionen – nicht die häufig für ein paar Rupiah angeheuerten Brandstifter. Rund 250 Firmen sind mittlerweile identifiziert, zu ihnen gehören auch Tochterunternehmen der Giganten im Papier- und Palmölgeschäft: Asia Pulp and Paper, Asia Pacific Resources International, der US-Agrarmulti Cargill und Wilmar International, weltgrößter Palmölkonzern. Alle sind seit Jahrzehnten für Landraub, gewaltsame Vertreibung, Menschenrechtsverletzungen und illegale Abholzung berüchtigt. Über ihre Kunden wie die Konsumgüter-Hersteller Unilever oder Henkel kommt das Palmöl der Brandstifter auch zu uns.
„Diese Brände sind kein Naturereignis, sondern Brandstiftung.“ Das sagte Indonesiens Präsident Joko Widodo (genannt Jokowi) bei seinem Besuch auf Sumatra. Jokowi war im Oktober 2014 als „Präsident für das Volk“ angetreten. Er hat der armen Bevölkerung Land versprochen, fordert die Einhaltung der Gesetze und feuert korrupte Beamte. Außerdem will Jokowi die Wirtschaft ankurbeln und Indonesiens Ressourcen den Indonesiern zugutekommen lassen. Dazu gehören auch die massive Förderung von Biosprit aus Palmöl im eigenen Land und das gigantische Palmöl- und Reisprojekt MIFEE in der Provinz Papua, in der noch dichte Urwälder wachsen.Schon bevor die Feuer das Inselreich in die Katastrophe stürzten, sorgte sich Nordin über die neuen Entwicklungspläne der Regierung in Jakarta. Jokowi will die „Umwandlung“ von Wäldern in Plantagen erleichtern.
Jetzt verspricht der Präsident, die Brandstifter hart zu bestrafen, den verantwortlichen Firmen die Konzessionen zu entziehen, bestehende Genehmigungen zu überprüfen und neue zu erschweren, zerstörte Torfwälder wieder aufzuforsten und überhaupt: ein Moratorium für die Abholzung von Torfwäldern. Aber die ist sowieso seit 2011 verboten.
„Wir werden beobachten, ob Jokowi seinen Worten Taten folgen lässt“, sagt Feri Irawan. „Zunächst müssen die Kranken dringend versorgt werden. Und die Wälder brauchen Schutz, um Brände in Zukunft zu verhindern.“
Wir unterstützen unsere indonesischen Partner dabei – und fordern von unserer Regierung: Keine Palmöl-Importe mehr für Biodiesel. Das wäre ein Anfang vom Ende des Palmölwahns. Bitte unterschreiben Sie unsere Petition an Bundeskanzlerin Merkel auf Seite 8.
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