Regenwald Report 02/2016 · Nigeria
Die Ekuri wollen Urwald – keinen Super-Highway
Der Gouverneur des Cross River State baut eine Autobahn durch die Regenwälder im Südosten Nigerias, wo Schimpansen und Waldelefanten leben. Der Baggerbauer Liebherr schließt eine Beteiligung nicht aus. Einheimische Ekuri wehren sich gegen die Zerstörung des Waldes, den sie seit Generationen schützen
Die Bulldozer arbeiten ohne Pause. Wir können sie nicht aufhalten.“ Die Einwohner der Dörfer am Cross River in Nigeria sehen machtlos zu, wie sich Planierraupen durch den dichten Regenwald fressen, der wegen seiner Artenvielfalt als Kronjuwel gilt. Botaniker zählen mehr als 1550 Pflanzenarten, darunter mindestens 120 bedrohte. Ornithologen listen 350 Vogelarten auf. Waldelefanten schieben ihre dicken Leiber durchs Unterholz, in den Bäumen turnen Schimpansen und Stummelaffen. Auch einige der letzten Tieflandgorillas leben in der Region.
Trotzdem lässt der Gouverneur des Bundesstaates, Benedict Ayade, ohne jede Rücksicht sein Prestigeprojekt verwirklichen: Ein 260 Kilometer langer „Super-Highway“ soll die Stadt Calabar mit der Kleinstadt Katsina Ala tief im Landesinneren verbinden. Dass es bereits Straßen gibt, die um die Regenwälder herum führen und lediglich instand gesetzt werden müssen, interessiert ihn nicht.
„In Wirklichkeit geht es bei diesem Projekt auch nicht um einen besseren Transportweg.“ Davon sind Umweltschützer, die mit den politischen Verhältnissen vertraut sind, überzeugt: „Es geht darum, wertvolle Bäume aus dem Regenwald zu holen – sie zu stehlen.“
Warum sonst lässt Bauherr Benedict Ayade entlang der Route einen 20 Kilometer breiten Streifen Land beschlagnahmen? In der Lesart der Regierung verhindert das das Eindringen von illegalen Holzfällern. Die Einheimischen ahnen: Ayade zielt aufs glatte Gegenteil, nämlich auf die Plünderung ihrer Heimat und auf Landraub.
Deshalb gehen die Ekuri auf die Barrikaden. Noch ist ihr Widerstand ein zartes Pflänzchen und erstreckt sich lediglich auf fünf Dörfer. „Dabei sind 185 Ortschaften vom Projekt betroffen – und die wenigsten Leute wissen, dass ihnen ihr Land geklaut wird“, warnt der Umweltschützer Martins Egot von der Organisation Ekuri Initiative, die seit Jahren den 33.600 Hektar großen Gemeindewald schützt. Jetzt rütteln Egot und seine Mitstreiter die Einheimischen auf, machen politisch Druck.
Womöglich werden zwei deutsche Firmen von dem Megaprojekt profitieren, sollte es Wirklichkeit werden. Der Baukonzern Julius Berger Nigeria, an dem die Mannheimer Firma Bilfinger 16,5 Prozent hält, wird mit dem Vorhaben in Verbindung gebracht, schweigt jedoch zu Anfragen von Rettet den Regenwald.
Der deutsche Baumaschinenhersteller Liebherr räumt ein, dass Mitarbeiter für einen „Erstkontakt“ im Cross River State waren. Man „evaluiere“ eine Beteiligung, es gebe jedoch keine konkreten Angebote. Auf Forderungen von Rettet den Regenwald, wegen Regenwaldvernichtung und Landraub die Gespräche abzubrechen, ist die Firma Liebherr nicht eingegangen.
Vorübergehend keimte Hoffnung auf: Im März 2016 hat die Umweltministerin Amina J. Mohammed in der Hauptstadt Abuja den vorläufigen Stopp der Arbeiten verfügt, nachdem der Spatenstich ohne die vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsstudie erfolgt war. Doch Abuja ist fern und die Macht der Politikerin scheint begrenzt. Einheimische haben Belege dafür, dass ihre Verfügung missachtet wird.