Regenwald Report 03/2021 · Ecuador
Widerstand der Sápara
Nicht nur bei uns sorgen Milliardeninvestitionen in fossile Energien für Konflikte, wie der Bau der Erdgaspipeline Nordstream 2 oder ein geplanter Terminal an der Unterelbe für Fracking-Gas aus den USA zeigen. Auch im Amazonas-Regenwald soll weiter nach Erdöl gebohrt werden und die Betroffenen wehren sich.
Mitten im Amazonasregenwald der Provinz Pastaza sind über 50 Frauen und Männer zusammengekommen. Als Delegierte ihrer Siedlungen sind sie viele Stunden über Pfade im Dschungel ins Dorf Torimbo marschiert oder mit Kanus über die Flüsse angereist. Denn Straßen gibt es in ihrem fast 4.000 Quadratkilometer großen Territorium nicht. Es ist noch vollständig von artenreichem Primärwald bedeckt. „Wir haben die 23 Gemeinden des Sápara-Territoriums hier versammelt, um gemeinsam zu kämpfen“, erklärt Nema Grefa, Präsidentin der Indigenen-Organisation NASE in Ecuador. „Wir leben alle innerhalb des Territoriums und arbeiten schon seit vielen Jahren zusammen. Deshalb werden wir jetzt auch dieses Problem lösen.“ Doch dieses Problem ist gewaltig.
Denn tief unter den Wurzeln der Urwaldriesen ihres Territoriums lagert eine tödliche Bedrohung: geschätzte 120 Millionen Barrel Schweröl, die die Regierung und internationale Ölkonzerne für den Export anbohren und in Petrodollars umwandeln wollen. Das Erdölministerium in der Hauptstadt Quito hat den Regenwald in Konzessionsflächen aufgeteilt und die im Gebiet der Sápara liegenden Ölblöcke 79 und 83 an den chinesischen Erdölkonzern Andes Petroleum versteigert. Die Sápara wurden nicht gefragt – denn sie sind wie alle der zehn indigenen Völker im ecuadorianischen Amazonasgebiet gegen die Ölförderung. „Einige versuchen, uns zu spalten und unser Land an die Ölindustrie zu verkaufen“, erklärt Andres Ruiz, Vizepräsident der NASE. „Jetzt ist der Moment zum Handeln, wir müssen zusammenhalten, uns gegen die Erdölfirmen vereinen und unser Territorium verteidigen.“
Das toxische Erbe der WestLB
Die Voraussetzungen für die Schwerölförderung im Regenwald hat vor 20 Jahren die Westdeutsche Landesbank (WestLB) geschaffen. Anfang der 2000er-Jahre finanzierte die Bank, damals im Besitz des Landes Nordrhein-Westfalen und von Sparkassenverbänden, den Bau der über 500 Kilometer langen Schwerölpipeline OCP in Ecuador. Ein Konsortium internationaler Ölkonzerne hat die Ölleitung vom Amazonasgebiet quer über die Anden bis zu einem Verladehafen am Pazifik gebaut. Schon damals hatte Rettet den Regenwald dagegen eine intensive Kampagne geführt. Die WestLB ist längst Geschichte, nach Milliardenverlusten wurde sie 2012 abgewickelt. Doch unter den Folgen ihrer toxischen Geschäfte leiden in Ecuador Mensch und Natur noch heute.
Was Ölförderung für den Regenwald und die Menschen bedeutet, zeigt sich weiter nördlich. In den Provinzen Sucumbios und Napo wird schon seit Jahren nach Öl gebohrt: Förderanlagen, Gasfackeln, Ölteiche, Zubringerpipelines, Pumpstationen, Straßen und Arbeitersiedlungen wurden in den Regenwald geschlagen oder gebaut, die Umwelt verseucht und ihre Einwohner vergiftet. Im April 2020 unterspülte ein Fluss die OCP-Pipeline und zwei weitere Ölleitungen. Eine Ölkatastrophe verpestete Hunderte Kilometer Urwaldflüsse bis ins Nachbarland Peru, ruinierte die Wasserquellen und Fischgründe von 150 Dörfern.
Ein derartiges Schicksal wollen die Sápara in ihrem Territorium verhindern. Nur 500 der Indigenen haben frühere Wellen von Eindringlingen überlebt: Den Kautschukboom vor 100 Jahren, christliche Missionare und eingeschleppte Krankheiten, gegen die die Ureinwohner keine Immunabwehr hatten. 2001 hat die UNESCO die bedrohte Kultur der Sápara zum immateriellen Weltkulturerbe erklärt. Doch um ihren Lebensraum müssen sie kämpfen.
Am Ende ihrer drei Tage langen Beratung, zu der auch Vertreter der nationalen indigenen Dachverbände angereist sind, fordern die Sápara den ecuadorianischen Staat auf, ihre Rechte zu garantieren und die Verfassung einzuhalten. Danach ist indigenes Land „unabänderlich, unveräußerlich, unpfändbar und unteilbar“. Auch das international verbriefte Recht auf freie, vorherige und informierte Konsultation und Zustimmung müsse der Staat respektieren. Rettet den Regenwald hat sich an den Kosten für das Treffen finanziell beteiligt und plant, die Sápara auch bei den weiteren Schritten gegen die Ölförderprojekte zu unterstützen.
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Friedlichen Widerstand stärken.
Nicht nur Erdöl gefährdet die Regenwälder in Ecuador. Aktuell leistet eine Gemeinde im Norden des Landes friedlichen Widerstand gegen den Abbau von Gold und Kupfer in ihren Bergen.
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