Regenwald Report 01/2022 · Rohstoffe im Handy
Zu kostbar zum Wegwerfen
Ein Leben ohne Smartphone ist für viele Menschen undenkbar. 73 Prozent der Deutschen würden eher auf ihr Auto verzichten. Das Problem: Mehr als die Hälfte nutzt ihr Smartphone höchstens ein Jahr. Dann wird es entsorgt – und die wertvollen Rohstoffe, die oft aus Regenwaldländern stammen, sind verloren. Aber es gibt Lösungen.
Das Smartphone ist ein Lifestyle-Produkt. In Deutschland besitzen acht von zehn Menschen ab 16 Jahren eines – mindestens. Und weil mehr als die Hälfte von ihnen jedes Jahr ein neues Gerät kauft, ist die Nachfrage immens: 22,1 Millionen Smartphones wurden 2021 verkauft. Die dafür benötigten Rohstoffe: 663 Kilogramm Gold, 243 Kilogramm Palladium, 6,7 Tonnen Silber, 365 Tonnen Kupfer und 1.410 Tonnen Kunststoff. Insgesamt stecken in einem Mobiltelefon 60 verschiedene Stoffe, ein Viertel davon sind Metalle. Sie werden größtenteils in Regenwaldländern gefördert – mit oft verheerenden Folgen für Menschen und Natur.
Wesentlich größer ist die Menge an Rohstoffen, die in aussortierten Smartphones nutzlos in deutschen Schubladen liegen: 206 Millionen Geräte sind es laut Branchenverband Bitkom – aufbewahrt als Ersatz oder einfach vergessen.
“Schicken Sie alte Handys an unseren Partnerverein Abenteuer Regenwald e.V. (Hölderlinstr. 22a, 22607 Hamburg): Er gibt alte Geräte an den Frankfurter Zoo. Der Erlös aus dem Recycling geht in den Gorilla-Schutz im Kongo. ”
Kupfer aus Chile, Zinn aus Indonesien, Coltan aus dem Kongo. Und Fabriken in China oder Bangladesch die alle Einzelteile zusammenfügen: Der Ursprung und die Lieferketten der Rohstoffe sind für uns kaum zu durchschauen. Wir wissen nicht, ob die verschiedenen Unternehmen die Natur zerstören und Menschenrechte verletzen. Nur wenn alle Kriterien transparent sind, können wir überlegt und nachhaltig kaufen.
Laut einer Bitkom-Studie sind 92 Prozent aller Befragten ein nachhaltiges Smartphone wichtig – genauso wie eine bessere Verarbeitung, ein robusteres Bildschirmglas oder längere Akkulaufzeit.
In Deutschland gilt seit dem 1. Januar 2022 die Digitale-Inhalte-Richtlinie, die von der EU 2019 beschlossen wurde. Sie beinhaltet unter anderem die Pflicht zur Aktualisierung von Software: Sicherheits- und Funktionsupdates müssen unbegrenzt bereitgestellt werden. Verbraucherschützer kritisieren allerdings, dass nur Verkäufer zu den Software-Updates verpflichtet werden, nicht die Hersteller.
Die Politik bewegt sich
Im Rahmen der EU-Ökodesign-Richtlinie plant die Kommission außerdem strenge Umweltregeln für Smartphones und Tablets, die 2023 in Kraft treten sollen. Dazu gehören:
▪ Langlebige Akkus (nach 500 x Aufladen müssen sie noch 80 % Kapazität haben und vom Nutzer austauschbar sein).
▪ Hersteller müssen Ersatzteile wie Akkus, Kameras, Mikrofone für 5 Jahre an professionelle Reparaturbetriebe liefern.
▪ Reparaturanleitungen müssen zu angemessenen Gebühren verfügbar sein.
▪ Smartphones müssen 100 Stürze aus einem Meter Höhe überstehen und gegen Spritzwasser geschützt sein.
▪ Hersteller müssen die Mengen an kritischen Rohstoffen transparent machen.
▪ Ein Energielabel soll alle Umwelteigenschaften auf einen Blick zeigen.
Das Bundesumweltministerium plant zudem einen Produktpass, der für Transparenz entlang des gesamten Lebenszyklus sorgt: vom Rohstoff bis zum Recycling.
“Wenn Sie Kinder haben: Auf der Schülerwebsite abenteuer-regenwald.de gibt es viele spannende Antworten auf die Frage: Was hat mein Handy mit dem Regenwald zu tun? ”
TIPPS
▪ Nutzen Sie Ihr Smartphone so lange wie möglich.
▪ Kaufen Sie innovative Marken. Die Website „I fix it“ (de.ifixit.com/smartphonerepairability) listet reparierbare Handys auf. Ganz oben auf der Liste: Fairphone und Shiftphone.
▪ Es gibt auch gute gebrauchte Geräte.
▪ Lassen Sie Ihr kaputtes Smartphone hochwertig und professionell recyceln.