Regenwald Report 03/2022 · Bergbau
Das Recht, NEIN zu sagen!
Unser Rohstoffhunger zerstört die Lebensgrundlagen der Menschen im globalen Süden. Das zeigen unsere Beispiele aus Indonesien und Madagaskar in diesem Heft. Doch die Gemeinden, die sich dagegen wehren, insbesondere gegen den Bergbau, werden mehr. Und sie werden stärker. Sie wissen: Das Recht ist auf ihrer Seite.
Sie wurden gefragt – aber ihr Nein wurde missachtet: Die Gemeinden, die im Süden Madagaskars seit 20 Jahren unter einer toxischen Titandioxid-Mine leiden, sollten über ein Stauwehr an ihrer Flussmündung abstimmen. Die Mehrheit war dagegen, doch das Wehr wurde trotzdem gebaut. Die Folge war der Verlust von 27 Fischarten.
Es ist kein Einzelfall, unser Verbrauch von Rohstoffen führt zu immer mehr Bergbauprojekten, die die Umwelt zerstören und verseuchen, die Gesundheit gefährden und die Lebensgrundlagen ruinieren. Auf dem Papier soll rund um den Globus eine Vielzahl von nationalen Gesetzen und internationalen Vereinbarungen die Umwelt und die Rechte der Menschen schützen. Doch in der Praxis werden die Normen allzu oft ignoriert, ausgehebelt oder nur unvollständig angewandt, weil wirtschaftlichen Interessen Vorrang gegeben wird.
Nun hat die UN-Vollversammlung das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt als eigenständiges Menschenrecht anerkannt. Ende Juli stimmten 161 Länder, bei nur acht Enthaltungen, für die Resolution. Das ist ein großer Erfolg und ein wichtiger Schritt, rechtlich bindend ist die Entscheidung für die Mitgliedsländer allerdings nicht.
Die Menschen in den vom Bergbau betroffenen Gebieten bestehen seit Langem auf dem Recht, Nein zum Bergbau auf ihrem Land zu sagen. Die Entscheidung der UN legitimiert dieses Recht. Doch um den Bergbau einzudämmen, sind Aufklärung, Solidarisierung und koordiniertes Handeln notwendig. Dazu haben sich betroffene Gruppen, Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen in Netzwerken wie „Ja zum Leben, Nein zum Bergbau“ (Yes to Life, No to Mining) zusammengeschlossen. Rettet den Regenwald ist dabei und kämpft im weltweiten Verbund für eine saubere Umwelt.
Wie machen die Gemeinden im globalen Süden dieses Recht geltend?
Die Wege sind vielfältig – auf lokalen, regionalen und globalen Ebenen: Das pan-afrikanische WoMIN-Netzwerk vereint und unterstützt Frauengemeinschaften, die geplante Bergbauprojekte öffentlich anzeigen und sich für ihr Recht auf ein gutes und menschenwürdiges Leben einsetzen. Für das Recht auf Gesundheit, Kontrolle über das Saatgut und die Achtung kollektiver Landrechte sowie eine fürsorgliche Beziehung zur Natur.
In Kolumbien engagiert sich Renzo García vom Umweltkomitee zur Verteidigung des Lebens (Comité Ambiental en Defensa de la Vida) für Volksbefragungen. Jeder soll Nein sagen können zu dem, was García als „Bergbaudiktatur“ bezeichnet. In Honduras und Mexiko suchen Dorfgemeinschaften die Unterstützung lokaler Behörden und erklären sich zu „bergbaufreien“ Gemeinden.
Das NEIN zum zerstörerischen Bergbau ist dabei gleichzeitig ein JA zu einem Leben und einer Entwicklung, die auf gegenseitigem Respekt und dem Erhalt der Natur beruht.