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Regenwald Report 03/2024 · Brasilien

„Eukalyptus tötet unser indigenes Land!“

Eukalyptus erstickt Regenwald Was vom Regenwald übrig blieb: Eine etwa 30x30 Meter winzige Bauminsel inmitten einer gigantischen Eukalyptus-Plantage im Bundesstaat Bahia (© Fábio Nascimento, filme "Mata", produção Boituí Cinema)

Auch in Südamerika breiten sich die Baumplantagen der Papierindustrie auf Kosten von Mensch und Natur aus. Mit 800.000 Tonnen pro Jahr ist Brasilien der größte Zellstofflieferant Deutschlands.

In endlosen Reihen, kerzengerade und 30 Meter hoch, recken sich die Eukalyptus-Stämme im Süden des brasilianischen Bundesstaates Bahia der Tropensonne entgegen. Schon auf acht Millionen Hektar Land breiten sich in Brasilien solche Eukalyptus-Monokulturen aus, das entspricht der Fläche Österreichs.

„In dieser Plantage gibt es keine Vögel, keine Tierspuren, weder vom Gürteltier noch vom Paka oder Pekari. Sie hat nicht die Struktur eines Regenwaldes, sie ist das Phantom eines Waldes ohne Leben“, erklärt der Pataxó-Führer Rodrigo Mãdy im Dokumentarfilm „Mata“ von Fábio Nascimento und Ingrid Fadnes.

Nach nur sieben Jahren kommen die Erntemaschinen. In wenigen Sekunden sägen sie einen Baum ab, entasten ihn und stapeln den Stamm fertig für den Abtransport auf. Allein 1,6 Millionen Hektar solcher grünen Wüsten – größer als Thüringen, nennt der Konzern Suzano sein Eigen. Mit elf Millionen Tonnen Zellstoff aus Eukalyptus-Holz  pro Jahr ist Suzano die Nummer 1 auf dem Weltmarkt. 

Suzanos Monsterbaum

FutureGene, ein Suzano-Tochterunternehmen, arbeitet seit Jahren im Labor an genetisch veränderten Eukalypten. Im März 2024 hat die Firma die Zulassung für einen Eukalyptus erhalten, dessen Holz nicht nur mehr Zellulose, sondern auch Insektizide gegen Käferbefall enthält und gegen das Herbizid Glyphosat resistent ist. So kann dieses Gift, das alle Pflanzen außer die genmanipulierten Bäume vernichtet, auf den Plantagen großflächig versprüht werden.

„Diese koloniale Invasion hat die Urwaldbäume rausgerissen, hat alles natürliche Gleichgewicht zerstört. Der Eukalyptus trocknet das Grundwasser aus und tötet die Böden. Es gibt keinen Humus, keine Regenwürmer, keine Insekten, nichts. Die Erde stirbt, wo Eukalyptus gepflanzt wird“, sagt Rodrigo Mãdy. 

Pekari im Wald Das Tier, das viele Wege durch den Wald macht – so nennen Indigene die Pekaris (© votormarigo/shutterstock.com) Siebenbinden-Gürteltier in Südamerika Das Siebenbinden-Gürteltier bewohnt Gras- und Waldland im östlichen Teil Südamerikas (© Ernesto Fernandez Polcuch/ CC BY-NC 4.0)
Die indigenen Landrechte werden oft nicht anerkannt
Einst bedeckte der Atlantische Regenwald weite Teile der brasilianischen Küste bis tief ins Landesinnere. Doch heute ist das Ökosystem nur noch ein Flickenteppich  – abgeholzt für Landwirtschaft, Verstädterung und Eukalyptus-Plantagen. Im Süden Bahias sind nur noch vier Prozent des Waldes übrig.

Auch das angestammte Land der dort lebenden Ureinwohner wurde zerstückelt und geraubt. Indigene Völker wie die Pataxó, Tupinikim und Tuxá kämpfen für die Anerkennung ihrer Rechte, die in der brasilianischen Verfassung garantiert sind. Doch die Macht der Großgrundbesitzer, Agrar-, Holz- und Bergbauindustrie reicht tief in die Politik und Behörden des Staates hinein. Sie erkennen die Landrechte allzu oft nicht an, die Verfahren werden verschleppt und bleiben liegen.

Rotscheitelamazone auf einem Ast Die Population der Rotscheitelamazone in der Mata Atlântica ist dramatisch gesunken (© Sylvio Adalberto/CC BY-NC 4.0) „Indem sie unsere Gebiete nicht demarkieren, signalisieren die Machthaber, dass es sich lohnt, indigenes Land an sich zu reißen, indigenes Land zu töten – und dass alles, was sie uns antun, nicht bestraft wird“, sagt Agnaldo Pataxó.

Die Ureinwohner besetzen Eukalyptus-Plantagen in ihren Territorien, holzen sie  ab und pflanzen dort Obst- und Regenwaldbäume. Die Rückeroberungen sind Protestaktionen zur Abgrenzung ihrer Gebiete und ein Mittel, um Druck auf die Regierung auszuüben, damit sie ihre Landrechte legalisiert.

Internationale Gerichte fordern den Schutz der Indigenen
Großgrundbesitzer organisieren immer wieder Mobs, die indigene Dörfer überfallen, die Menschen bedrohen, jagen und töten. Unterstützt werden sie dabei oft von Polizisten. 225 Indigene wurden 2023 laut Indigenenrat CIMI im Zusammenhang mit solchen Konflikten in Brasilien getötet oder ermordet.

Die Pataxó haben zahlreiche Klagen gegen den Staat eingereicht – bei Gerichten in Brasilien, aber auch bei der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte in Washington und den Vereinten Nationen in Genf. Diese haben den Indigenen recht gegeben und Brasilien zu Sofortmaßnahmen zu deren Schutz aufgefordert.

In Bahia unterstützt Rettet den Regenwald das Netzwerk Teia dos Povos, das die verschiedenen Gruppen vereint und ihnen eine Stimme verleiht.

Indigener auf einer Eukalyptusplantage Indigene Pataxó fordern ihr Land zurück, das ihnen für Eukalyptus-Monokulturen geraubt wurde. Brasilien exportiert pro Jahr 19 Millionen Tonnen Zellstoff – das ist Weltrekord! (© Povo Pataxó)

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