Regenwald Report 03/2024 · Indonesien
Indigene Dayak gegen Papierkonzern: „Lasst unseren Wald in Ruhe!“
Ohne Rücksicht auf Indigene und den Regenwald holzt die Firma Mayawana Persada auf Borneo Tausende Hektar Wald ab. Auf den kahlen Flächen pflanzt sie Akazien für die Papierindustrie. Doch die Einheimischen leisten hartnäckig Widerstand. Wir haben sie besucht.
Antonius Anus steigt den Stapel Holzstämme empor und reckt die Faust. „Wir kämpfen. Wir werden gewinnen!“ Die acht Männer, mit denen ich an einem Nachmittag unterwegs bin, haben an einer Weggabelung Halt gemacht, um die Geister um Beistand zu bitten. Einheimische haben hier und an mehreren weiteren Stellen Holzfiguren in den Boden gesteckt; auf beiden Seiten ziert sie ein Gesicht und sie tragen Stirnbänder. Die Männer entzünden Räucherstäbchen, einer nach dem anderen tritt heran und spricht ein Gebet. Die Arme ausgebreitet, in sich gekehrt, die Augen geschlossen.
Für zwei, drei Minuten müssen sie so die Zerstörung nicht sehen, die uns hergeführt hat. Vor uns liegt eine kahl geschlagene Fläche – nur weit im Hintergrund lässt sich Wald ausmachen - dazwischen nichts als Verwüstung. Neben langen Reihen liegen gelassener Äste und dünner Stämme stehen Setzlinge von Akazien. Die heranwachsende Plantage soll Futter liefern für die Papierindustrie. 33.000 Hektar Regen- und Torfwald sind den Motorsägen und Bulldozern der Firma Mayawana Persada bereits zum Opfer gefallen. Auch hier am Berg Sabar Bubu.
Rund um den Globus ist die Produktion von Zellstoff eine immense Gefahr für die Wälder. Für schnell wachsende Eukalyptusbäume und Akazien legen Firmen große Plantagen an, so wie Mayawana auf Borneo.
Kampf gegen mächtige Gegner
Doch die indigenen Dayak geben ihren Wald nicht widerstandslos auf und wehren sich. Dazu brauchen sie über spirituelle Kräfte hinaus Mut und Ausdauer, denn ihr Gegenspieler ist mächtig. Mayawana kann man dem Konzern APRIL zuordnen, einem der größten Player der Branche weltweit.
Abends haben sich im Haus von Andreas Ratius, Ortsvorsteher des Weilers Sabar Bubu, zwei Dutzend Männer und Frauen versammelt und diskutieren darüber, wie sich ihr Leben seit dem Auftauchen von Mayawana verändert hat. „Uns ging es früher gut“, sagt Ratius. Sie ernteten von ihren Feldern Reis und Chili, Zwiebeln und diverse Obstsorten. Doch die Firma habe ihnen das Land geraubt. Ohne ihr Wissen oder gar ihre Zustimmung erstrecke sich die Konzession plötzlich über ihren Besitz. „Entschädigungen? Viel zu gering, wenn überhaupt“, klagen sie. Wiederholt habe Mayawana Versprechen gebrochen.
Generationen haben diesen Wald geschützt
Die Spannungen nehmen zu. 2023 haben die Einheimischen in ihrer Wut, in die sich Verzweiflung mischt, Barrikaden gebaut und 13 Bulldozer blockiert. Polizisten lassen demonstrativ ihre Waffen sehen, um sie einzuschüchtern. Es gebe Drohanrufe: Nehmt euch in Acht! Die Situation könne jederzeit eskalieren, fürchten die Indigenen.
Dabei haben sie dieses Land bereits genutzt und geschützt, als es den Staat Indonesien noch nicht gab. Davon zeugt ein Altar, zu dem sie mich tief in den Wald führen. Im klaren Bach, der dort unter einem Fels entspringt, tummeln sich sogar kleine Fische. Ein schöner Anblick, denn dort, wo Mayawana Wald abholzt, versiegen Bäche und fallen Felder trocken.
Während der Fahrt über die Konzession am nächsten Tag entdecken wir einen Unterstand, den sich zwei Mayawana-Arbeiter eingerichtet haben. Eine leuchtend grüne Zeltplane überspannt eine Schlafstätte; an einem Pfosten hängen zwei Paar nagelneuer Turnschuhe. „Die Firma bringt Leute aus weit entfernten Orten hierher“, sagen meine Begleiter. Jobs für die Einheimischen gebe es keine. Die Männer schreiben mit großen Buchstaben an die Plane: „Lasst unsere Durian-Bäume in Ruhe! Lasst unseren Wald in Ruhe!“
An einer Kreuzung hat Mayawana ein Schild angebracht, das dazu aufruft, Waldbrände zu vermeiden. Es zeigt einen Mann mit Helm, der Tiere schützend in den Arm nimmt. Will die Firma damit Verantwortungsbewusstsein vorgaukeln? Ihre Plantagen sind in der Tat feuergefährlich; intakter Regenwald unter der Obhut der Dayak geht dagegen allenfalls nach Blitzschlag in Flammen auf.
Wir fahren mit unseren Motorrädern zurück ins Dorf Kualan Hilir. Vom Kahlschlag führt ein schmaler Pfad durch den Regenwald dorthin. Hat die Sonne gerade noch unerbittlich gebrannt, so ist es hier sofort einige Grad kühler. Der Dschungel empfängt uns mit angenehmer Luft.
Wichtig: Weltweites Netzwerk
Die Recherche auf der Konzession und die Treffen mit den Einheimischen hat Hendrikus Adam organisiert. Er leitet die Umweltschutzorganisation Walhi in der Provinz West-Kalimantan und schmiedet eine Allianz gegen Mayawana. Seiner Einschätzung nach ist der Widerstand vor Ort stark, das Netzwerk in Indonesien reicht von Borneo bis Jakarta auf Java. Dort gab es Gespräche im Umweltministerium, im Umweltamt und bei der Menschenrechtskommission. Jetzt müsse internationaler Druck hinzukommen. Da die Papierindustrie weltweit vernetzt ist, muss das auch die Umweltbewegung sein. Dabei setzt er auf uns, auf Rettet den Regenwald. Ein Baustein ist dabei unsere Petition.
Wenn dieser gemeinsame Kampf erfolgreich ist, endet in wenigen Jahren eine Fahrt durch den Wald am Berg Sabar Bubu nicht wie jetzt an Rodungen und Plantagen, sondern führt in nachwachsenden Wald. Antonius Anus wird stolz feststellen: „Wir Dayak haben gewonnen. Die Natur erobert das Land zurück.“
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