RegenwaldReport 03/2003
Sumatras Brandstifter angeklagt
In der Provinz Riau lodern riesige Feuer. Die Umweltorganisation Walhi will die Täter vor Gericht zur Verantwortung ziehen
Schwarze Rauchwolken verhüllen den Blick auf den Himmel über der indonesischen Provinz Riau. Die Sichtweite liegt teilweise bei nur 800 Metern, die Luft ist von Russpartikeln geschwängert. In der westlichen Provinz Riau auf Sumatra werden wieder einmal die Regenwälder per Brandrodung abgefackelt. Dieses mal sollen die Täter zur Verantwortung gezogen werden, geht es nach dem Willen der indonesischen Organisation Walhi. Die Umweltschützer haben gegen 20 Unternehmen Strafanzeige erstatten, die im Verdacht stehen, in Riau auf Sumatra Waldbrände gelegt zu haben. Walhi wird dabei von der indonesischen Regierungsvertretern unterstützt. Die Klage ist vom zuständigen Gericht inzwischen angenommen worden. Herman Prayitno, Chef der Abteilung für Waldbrandschutz im Forstministerium sagte, die gerichtliche Auseinandersetzung werde zur Einhaltung der Umweltgesetze beitragen. „Wenn Walhi Beweise hat, dann sollen sie die Unternehmen verklagen.“
Brandrodung hat in Riau eine unrühmliche Tradition, seit es Mitte der 80er Jahre zu massiver Waldausbeutung kam. Die Papier- und Zellstoffindustrie florierte und expandierte und entwickelte einen ungebremsten Holzhunger. Der Bedarf der Industrie an Holz in Riau liegt heute bei 14,7 Millionen Kubikmetern jährlich, die konzessionierten Wälder produzieren aber nur 7,7 Millionen. Die Differenz holen sich die Konzerne durch illegale Einschläge. Anschließend werden große Waldflächen verbrannt, um Platz für Monokulturen zu schaffen, auf denen die Holzunternehmen schnell wachsende Baumarten und Palmöl anbauen.
„Walderschließung durch Abholzung und Brandrodung sind immer noch das billigste, einfachste und schnellste Mittel, um an Freiflächen zu kommen“, berichten Walhi-Mitarbeiter. „Seit Anfang Juni gibt es 2.400 Brandherde überall in der Provinz Riau.“ Waldrodung werde auch von Großunternehmen benutzt, um den pH-Wert des Bodens zu steigern. Er liegt in Riau zwischen 3 und 4 und ist ungeignet für Ölpalm. Allerdings sieht Walhi die Schuld für die aktuellen und vergangene Brände nicht allein bei der Holzindustrie. „Die Regierung hat es versäumt, ihrer Pflicht nachzugehen, die Umwelt zu schützen“, heißt es in einer Stellungnahme.
„Autonomie wird bislang lediglich interpretiert als die Verlagerung der Macht im Bereich der Waldnutzung von der Hauptstadt in die Provinzen. Autonomie wird nie betrachtet als die Verlagerung der Macht, um die Wälder zu schützen. Der wirtschaftliche Wert der Wälder wird nur an der Anzahl der abgeholzten Baumstämme gemessen oder wie viele Ölpalmen angebaut werden können. Die Funktion der Wälder als ein ökologisches System wird nie als wirtschaftlicher Wert betrachtet.“ Der Schaden durch die jüngsten Brände gehe in die Millionen.
Früher richtete sich der Kampf vor allem gegen die Papier- und Zellstoffproduktion, durch die die Böden und das Trinkwasser der ländlichen Bevölkerung vergiftet und die Regenwälder auf der Suche nach billigem Holz geplündert werden. Inzwischen müssen sich die Menschen auf Sumatra auch gegen die Palmöl- Produzenten wehren. Der größte Konzern von indonesischem Palmöl ist Sinar Mas mit Firmensitz in Singapur und Anteilseignern aus aller Welt. Da von den Exportkreditagenturen mit horrenden Versicherungen und Krediten bedacht, galt der Konzern als seriös und interessantes Investitionsobjekt. So konnte er einerseits den Palmölbereich ausbauen, andererseits problemlos den Anschluss an den internationalen Markt finden. Wo Sinar Mas und Co. sich ausbreiten, gibt es heftige Auseinandersetzungen.
In Sarolangun im Distrikt Jambi hat die Firma Kresna Duta Agrikindo den Dörflern 10.000 Hektar Land gestohlen. Seit Jahren dehnt sich die Produktion immer weiter aus – man braucht Nachschub für die 16 Palmölpressen. Meist stehen Militär und Polizei bei lästigen Konflikten mit Bauern, die ihr Land nicht hergeben wollen, auf der Seite der Palmölindustrie. Selbst vor dem Gebrauch von Schusswaffen schreckt die uniformierte Staatsmacht nicht zurück. Weil viele Menschen auf Sumatra ums Überleben kämpfen, sind sie gezwungen, auf den Palmölplantagen zu schuften.
Die billigen Arbeitskräfte sind den Betreibern gerade recht. Die meisten kommen aus weit entfernten Dörfern oder sind Umsiedler von der indonesischen Zentralinsel Java. Sie kamen einst im Zuge eines Transmigrationsprogramms, das durch deutsche Entwicklungshilfegelder und die Weltbank finanziert wurde. Das Land, was man ihnen gab, kann sie nicht ernähren. Jetzt sind sie Tagelöhner. Und da das Geld nicht ausreicht, ihre Kinder zur Schule zu schicken, hacken die Jungen und Mädchen Unkraut, statt die Schulbank zu drücken. Täglich kommen Menschen in das Büro von Walhi, die ihr Land verloren haben und um Rechtshilfe bitten. Rettet den Regenwald hat die indonesische Umweltorganisation bisher mit 10.000 Euro unterstützt und wird auch in Zukunft finanzielle Hilfe leisten.