RegenwaldReport 03/2003
Per Mausklick gegen Artenschutz
Skrupel sind dem Internetauktionshaus Ebay scheinbar fremd. Auf den Seiten blüht der Handel mit bedrohten Tieren. Das Komitee gegen den Vogelmord zieht eine düstere Bilanz
Die Kripobeamten staunten nicht schlecht: Bei zwei Hausdurchsuchungen in Frankfurt/Main und München fanden sie im vergangenen April präparierte Bären-, Puma-, Löwen- und Affenköpfe, dazu noch Puma- und Ozelotfelle, afrikanisches Elfenbein sowie ausgestopfte Eulen und Greifvögel. Sämtliche Produkte der streng geschützten Arten hatte ein 33jährige Mann über das Internet- Auktionshaus Ebay angeboten. Nach Erkenntnissen der Fahnder betrieb der Tatverdächtige über verschiedene Pseudonyme bereits seit rund drei Jahren seinen schwunghaften illegalen Handel auf den Ebay-Seiten. Auch in Dresden schlugen vor kurzem Kripobeamte zu und beschlagnahmten eine umfangreiche Sammlung ausgestopfter Tiere, darunter mehrere Dutzend Greifvögel und Eulen, geschützte Singvögel sowie eine von der Ausrottung bedrohte Luchsart.
Den entscheidenden Hinweis erhielten die Fahnder vom Bonner Komitee gegen den Vogelmord. Das Komitee hat kürzlich die Ebay-Seiten einen Monat durchforstet und war auf 1641 Auktionen gestoßen, bei denen Artikel aus streng geschützten Arten angeboten wurden. Die Summe aller Startgebote dieser Auktionen betrug 342.822 Euro. „Die Razzien zeigen einmal mehr, dass illegale Tierhändler ihre schmutzigen Geschäfte über die Seiten von Ebay abwickeln“, so Axel Hirschfeld vom Komitee gegen den Vogelmord. Obwohl das Auktionshaus bereits mehrfach aufgefordert worden sei, Angebote geschützter Arten zu löschen, habe sich Ebay „einen feuchten Kehricht darum gekümmert, gegen Kriminelle auf seinen Seiten vorzugehen.“ Die Vogelschützer haben deshalb Anzeige gegen Ebay wegen des Verdachts der Unterstützung von Artenschutz-Straftaten erstattet.
Unter dem Motto „Wegschauen gilt nicht“ ist auch der Naturschutzbund (NABU) aktiv geworden und hat eine E-Mail-Protestaktion gegen Ebay gestartet. „Das größte Online-Auktionshaus der Welt bietet dem Handel mit Produkten aus geschützten Tierarten wider besseres Wissen und trotz vielfacher Kritik weiterhin ein Forum“, erklärt dazu NABU-Artenschutzexpertin Birga Dexel. Der NABU hatte bereits im Dezember 2002 Ebay aufgefordert, alle Verkaufsangebote für geschützte Tiere und Pflanzen oder für Produkte daraus umgehend von der Website zu entfernen.
Der NABU kritisiert unter anderem, dass Mäntel des unmittelbar von Ausrottung bedrohten Schneeleoparden im Handel seien. Insgesamt leben nach Schätzungen höchstens noch 7.000 der Großkatzen. Um einen einzigen Mantel herzustellen, müssen zwischen sechs und zwölf Schneeleoparden ihr Leben lassen. Die Tiere stehen seit 1976 unter strengem Schutz. Der Handel mit geschützten Arten ist ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden.
Mit den aufgedeckten Fällen bei Ebay gerät die weltweit größte Internetbörse in den Verdacht, solche Straftaten zu unterstützen. Ebay ist an jeder Auktion auf seinen Seiten umsatzbeteiligt, verdient also auch an sämtlichen Verstößen gegen Vermarktungsverbote kräftig mit. Zwischen Januar und März 2003 stieg der Umsatz von Ebay auf 476,5 Millionen Dollar. Für das laufende Jahr wird ein Umsatz von 2,05 Milliarden Dollar prognostiziert. Offiziell haben die Versteigerungsprofis aus Potsdam in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen fest geschrieben, dass das Anbieten geschützter Tiere oder aus Teilen davon hergestellter Artikel verboten ist.
Ebay-Sprecher Joachim Guentert widerspricht denn auch den Vorwürfen der Naturschützer und verweist auf eine eingerichtete „Marktpolizei“. Sobald die Auktionsplattform von solchen Angeboten illegaler Waren erfahre, überprüfe diese freiwillig von Ebay eingesetzte Expertengruppe das Angebot und lösche es gegebenenfalls. „Wir sind aber auf Hinweise unserer Besucher angewiesen“, so Guentert. Das Komitee gegen den Vogelmord sieht dagegen gravierende Mängel bei der Artenschutz- Kontrolle durch Ebay. Der beobachtete Umfang des Handels mit geschützten Arten widerlege die vorgetragene Behauptung, artgeschützte Artikel würden erfasst und gelöscht. „Ganz offensichtlich kümmert sich bei Ebay niemand darum, solche Angebote ausfindig zu machen und zu löschen. Ganz im Gegenteil: Das Auktionshaus stellt eine umfangreiche Plattform zur Verfügung, auf der täglich und anonym Straftaten im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes begangen werden“, erklärt Axel Hirschfeld.
Das Komitee fordert daher von Ebay, Biologen einzustellen, die systematisch in sämtlichen Angeboten nach Verstößen gegen den Artenschutz suchen. „Bisher wurde unsere Forderung nicht erfüllt.“ „Der Verkäufer übernimmt die volle Verantwortung für das Einstellen dieses Artikels“, heißt es bei Ebay zu jedem Angebot. Damit schiebt das Auktionshaus den schwarzen Peter an die Anbieter, falls diese skrupellos oder ahnungslos gegen Gesetze verstoßen. Täglich stehen bei Ebay auch fragwürdige Angebote auf den Internetseiten wie beispielsweise ein „Armreif, geschlossen, 20 Millimeter breit aus Elfenbein“ oder eine „Miniatur-Malerei auf echtem Elfenbein“. Selten erfährt der potenzielle Käufer, wie es mit der rechtlichen Seite aussieht. Liegt die erforderliche Handelsgenehmigung vor? Oder geht es um einen illegalen Deal – den Verkauf von Teilen geschützter Arten?
„Wir missbilligen ausdrücklich jeden Versuch, unseren Marktplatz für den Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten zu missbrauchen. Mehrfach täglich kontrollieren Mitarbeiter mit besonderer Schulung unseren Marktplatz auf derartige Angebote und löschen diese“, schreibt Ebay in einer Stellungnahme an Rettet den Regenwald. Nicht immer erfolgreich, wie Recherchen ergeben haben. Laut Informationen vom Bonner Komitee gegen den Vogelmord e.V. werden bei Ebay jedes Jahr mehr als 10.000 geschützte Tiere versteigert, darunter auch Arten, die kurz vor der Ausrottung stehen. Damit Ebay diesen Missstand in Zukunft abstellt, bitten wir unsere Leserinnen und Leser, das elektronische Auktionshaus aufzufordern, geeignete Schritte einzuleiten.
Bitte beteiligen Sie sich an unserer Protestaktion per E-Mail über unsere homepage www.regenwald.org oder schreiben oder faxen Sie an eBay Deutschland Leiter Unternehmenskommunikation Herrn Joachim Guentert Marktplatz 1 14532 Europarc - Dreilinden Fax 030 - 80 19-52 52