RegenwaldReport 03/2005
Macht es endlich, sage ich der Welt!
Interview mit Feri Irawan von der indonesischen Umweltorganisation Walhi zum Wiederaufbau in Aceh auf Sumatra
Feri Irawan (31) ist studierter Bauingenieur und führt seit sieben Jahren das Büro von Walhi in der Provinz Jambi auf Sumatra. Er wird Leiter des Projektes „MANDELA“ (Nachhaltige Zukunft für die Umwelt in Aceh). Feri ist verheiratet und hat eine Tochter, die sechs Tage nach dem Tsunami geboren wurde
RdR: Walhi hat ein mehrjähriges nachhaltiges Aufbauprojekt für Aceh entwickelt mit einem finanziellen Umfang von 760.000 Euro, für das jetzt Geldgeber gesucht werden. Kann Walhi Projekte mit solch einem großen Etat managen?
Feri: Die Summe wirkt auf den ersten Blick groß, aber wenn man weiß, dass sehr viele Leute an den Projekten beteiligt sind, relativiert sie sich. Wir sind in der Lage, das zu managen, schließlich haben wir das Konzept erarbeitet und wir wissen, wer es umsetzen wird. Die Aufgabe ist für uns nicht neu, sondern wir können jetzt verstärkt das machen, woran wir ohnehin seit Jahren arbeiten. Zum Beispiel unsere Kampagne gegen illegale Abholzung der Regenwälder in Aceh, Waldbewohnern zu helfen, die aus ihrem Lebensraum vertrieben werden oder die Aufforstung von Mangroven. Aber wir können diese Arbeit nur machen, weil unsere Freunde aus Deutschland uns helfen. Die sollen uns auch kontrollieren und kritisieren, wenn nötig. Ich kann Euch allerdings versichern, unsere Aktivisten werden konsequent für Demokratie, die Umwelt und die Stärkung der lokalen Dörfer kämpfen.
RdR: In Deutschland kursieren Zahlen, dass für den Wiederaufbau der Flutschäden in Aceh fünf bis neun Millionen Kubikmeter Holz benötigt würden. In den nicht zerstörten Gebieten stehen fast nur Steinhäuser. Ist Holz in Aceh überhaupt ein wichtiger Baustoff?
Feri: Die Zahlen sind dramatisch übertrieben. Gebraucht wird eine halbe bis eine Million Kubikmeter auf jeden Fall. Sumatra kann das nicht liefern, außer durch Waldzerstörung im Leuser-Nationalpark. Die Holzmafia wittert das Geschäft ihres Lebens, streut solche Zahlen und will Steinhäuser verhindern. Sie ist überall vertreten, auch auf den verschiedenen Regierungsebenen. Deswegen wurden und werden überall in Aceh Holzbaracken für obdachlose Flutopfer gebaut.
RdR: Wie soll sich die internationale Hilfsgemeinschaft verhalten?
Feri: Sie soll den Aufbau von zerstörten Ziegeleien finanzieren und so die Steinproduktion ankurbeln. Aber die Steine müssen direkt an die Leute verteilt werden. Wenn Regierungsstellen eingeschaltet sind, frisst die Korruption 50 Prozent der Hilfe. Ein Beispiel: In den Holzbarackensiedlungen gibt es auch einen etwa 60 Quadratmeter großen Gebets- und Versammlungsraum. Bei der Ausschreibung wurde ein neun Millimeter dicker Holzfußboden verlangt und auch bezahlt. Der Boden misst aber nur fünf Millimeter.
RdR: Die deutsche Regierung hat Ende Mai ein Millionen schweres Hilfspaket für Indonesien unterzeichnet. Was soll mit dem Geld passieren?
Feri: Es nützt den Flutopfern wenig, wenn der deutsche Bundeskanzler mit unserem Präsidenten redet. Es gibt ja Zusagen von über 500 Millionen Euro, die darauf warten, sinnvoll investiert zu werden. Ein traditionelles Wohnhaus hat sechs mal sechs Meter Grundfläche und kostet 3000 Euro inklusive Arbeitslohn. Bei dem Preis und der vorhandenen Spendensumme können wir nur lachen, dass noch nicht angefangen wurde, solche Häuser zu bauen. Macht es endlich, sage ich der Welt!
RdR: In Aceh gilt seit 2003 ein Abholz-Morartorium bis auf kleine, 100 Hektar große Konzessionen. Was ist mit dem Moratorium?
Feri: Das gab es, damals wurden sogar Betriebe geschlossen. Durch den Tsunami ist es de facto abgeschafft worden. Eigentlich gibt es kein legales Holz aus Aceh, aber den Opfern der Flut ist das egal und der Holzmafia sowieso. Trotzdem sollte die internationale Hilfsgemeinschaft das wissen. Das Holz aus Aceh ist momentan nicht für den Export bestimmt, außer besonders teure Edelhölzer wie Ramin. Der Binnenmarkt ist dermaßen lukrativ, dass die Holzmafia sich nicht mehr die Mühe machen muss, das Holz außer Landes zu schmuggeln, sondern Millionen direkt vor der Haustür kassiert. In Aceh ist die Armee immer noch stark in den illegalen Holzhandel verstrickt. Sie verkauft Holz zu horrenden Preisen. Die Leute haben Angst, die Armee deswegen zu kritisieren, weil sie dann sofort als Staatsfeinde gelten.
RdR: Verschiedene Studien kommen zu dem Schluss, dass die Holzernte in Indonesien bis zu 70 Prozent illegal geschieht. Stimmen die Zahlen?
Feri: Auf Sumatra liegt die Zahl eher bei 80 Prozent. Unsere Arbeit hat mit dazu geführt, dass es nur noch wenige legale Konzessionen gibt. Die sind meist leer geschlagen. Es gibt auf Sumatra kaum noch etwas zum Abholzen, außer in den acht Nationalparks, darunter der Leuser-Park, der teilweise in Aceh liegt.
RdR: Wäre es sinnvoll, dass Rettet den Regenwald mit anderen Organisationen in Aceh ein Modelldorf aufbaut? In traditioneller Bauweise, mit erneuerbarer Energie, Regenwassernutzung, biologischer Kläranlage, einem Mangrovengürtel und Umwelterziehung?
Feri: Auf jeden Fall. Für mindestens 500 Familien. Mangrovenaufforstung muss integriert sein. So etwas würde sicher von den Menschen hier angenommen. Wenn ein solches Modelldorf als Pilotprojekt entsteht und es ein professionelles monitoring gibt, können Schwächen schnell ausgeglichen werden und es würde bestimmt viele Nachahmer finden.
RdR: Was kann die deutsche Umweltorganisation Rettet den Regenwald gegen illegalen Holzeinschlag in Indonesiens Regenwäldern tun?
Feri: Macht eure Kampagne weiter: Kauft nicht einen Kubikmeter Tropenholz, weil es garantiert illegal geschlagen ist. Und unterstützt uns hier im Land, dass wir die Menschen weiter informieren und aufklären können, damit sie die Wahrheit erfahren über die Folgen der Abholzung. Palmölplantagen sind auf Sumatra mit das größte Problem. Informiert die Menschen in Deutschland, wo überall Palmöl von uns drin ist. Durch die gestiegene Nachfrage werden bei uns Regenwälder vernichtet und in Palmöl-Plantagen verwandelt. Kämpft dafür, dass deutsche Banken keine Kredite mehr an indonesische Konzerne vergeben, die für Regenwaldzerstörung und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind. Es darf auch nicht sein, dass die Weltbank Ölmühlen bei uns finanziert. Auch in dieser Hinsicht könnt ihr auf die deutsche Regierung weiterhin Druck ausüben. Das alles könnt ihr für uns tun.