Regenwald Report 01/2016 · Peru
Wir brauchen Regenwald ohne Grenzen
Seit Generationen lebt das Volk der Shipibo ungestört im peruanischen Amazonas-Regenwald. Doch jetzt werden ihre Urwaldpfade immer mehr von Ölpalmplantagen versperrt. Die Ureinwohner fordern ihr Land zurück und bitten um Hilfe. Rettet den Regenwald hat sie besucht
Langsam knattert der Einbaum den Aguaytía in Peru hinauf. Eine Flussschleife folgt der nächsten. An den Ufern wuchern Palmen und Riesenbambus, dahinter erhebt sich Regenwald. Im Amazonastiefland von Ucayali sind die Grenzen zwischen Wasser und festem Grund fließend. Der Strom ändert ständig seinen Lauf. Mal spült er aus Sedimenten neues Land auf, mal bahnt er sich ein neues Flussbett durch den Dschungel.
„Bald müssen wir unser Dorf verlegen“, erklärt mir Joel. Er ist der Präsident der Gemeinde Santa Clara de Ushunya, dem Ziel unserer Reise. „Wir Shipibo leben hier inmitten einer Schleife des Aguaytía. Der Fluss nagt an unserer Insel, von den verbleibenden 280 Hektar Land können die 53 Familien nicht leben. Früher war das kein Problem. Wir hatten unser Territorium im Urwald und konnten ausweichen. Jetzt geht das nicht mehr“, sagt Joel, und seine Stimme klingt bitter.
Eine riesige Palmölplantage hätte ihre Pfade durchtrennt. 5.200 Hektar ihres angestammten Lands soll die Firma Plantaciones Pucallpa abgeholzt haben. Sie dürften die Rodung nicht einmal durchqueren. Statt tropischer Artenvielfalt gibt es nun endlose Reihen von Ölpalmen. Das Konzert der Brüllaffen, Aras und Baumfrösche ist jetzt für immer verstummt.
Die Shipibo erzählen uns von ihrem Widerstand. Auch der Sender Panamericana, die Agentur Servindi und die Zeitung El Comercio berichten vom Protest der Indigenen.
Wenige Kilometer weiter südwestlich zerstört eine weitere Palmölfirma, Plantaciones Ucayali, großflächig Urwald. Dies belegen die von Wissenschaftlern des MAAP-Projekts veröffentlichten Auswertungen von Satellitenfotos. Die Regionalregierung soll Tausende Hektar Land an das Unternehmen verkauft haben, informiert die Agentur Inforegion.
Die Studie „Deforestation by definition“ der Umweltorganisation EIA bringt den US-Amerikaner Dennis Melka mit den beiden Palmölprojekten in Verbindung. Insgesamt 25 in Peru gegründete Plantagenfirmen seien demnach seiner Gruppe zuzuschreiben. Das soll offenbar nur der Anfang sein. 96.192 Hektar Palmölplantagen seien beantragt, schreibt EIA.
Die Shipibo müssen kämpfen. Sie haben keine andere Wahl zum Überleben
Gegen Manager von Plantaciones Ucayali sowie gegen staatliche Funktionäre und den ehemaligen Regionalpräsidenten von Ucayali wird ermittelt – bis hin zum Höchsten Gericht in Lima, schreibt das Justizministerium. In Ucayali verhängte das Höchste Gericht nach Angaben der peruanischen Nachrichtenagentur Andina einen Arbeitsstopp gegen die Firma.
Doch die Verfahren kommen nur sehr langsam voran. Der Justizapparat ist offenbar überlastet, es fehlt an politischer Rückendeckung. Die Shipibo kämpfen weiter. Sie haben keine andere Wahl zum Überleben.