Regenwald Report 02/2024 · AFRIKA
Löwen mögen keine Wälder
Afrika hat am wenigsten zur Klimakrise beigetragen und leidet am meisten darunter. Jetzt soll der Kontinent mit zweifelhaften Projekten als Reparaturbetrieb herhalten: Savannen werden für falsch verstandenen Klimaschutz aufgeforstet, Wälder zu reinen Kohlenstoff-Speichern degradiert. Dabei ist auch die Bewahrung der Artenvielfalt unverzichtbar.
Der Plan ist einleuchtend – aber falsch. Groß denkende Klimaschützer wollen in Savannen Bäume pflanzen, und zwar viele Millionen – um Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufzunehmen und so das Klima zu bewahren. Doch sie missachten dabei, dass in Grasländern von Natur aus wenige Bäume wachsen. Denn Savannen sind keine verhinderten oder degradierten Wälder, sondern vielfältige Ökosysteme, Lebensraum ungezählter Tier- und Pflanzenarten und hervorragende Klimaschützer.
Besonders eindrucksvoll sind die Savannen Ostafrikas, durch die riesige Herden von Gnus und Zebras ziehen, durch die Löwen streifen, wo Termiten mannshohe Bauten errichten. Auch im Untergrund brechen Savannen Rekorde: In Wurzeln und Knollen lagern Pflanzen einen Großteil ihres Kohlenstoffs.
Werden dort massenweise Schatten spendende Bäume gepflanzt, ändert sich das grundlegend: Etliche Pflanzenarten bevorzugen direktes Sonnenlicht. Werden sie verdrängt, verschiebt sich auch der Lebensraum der Tiere, die sie vertilgen. Manchem Jäger entgeht so die Beute. Anders gesagt: Löwen mögen keine Wälder.
Trotzdem könnten bald allein in Afrikas Savannen auf einer Fläche, doppelt so groß wie Deutschland, Bäume gepflanzt werden, die ökologischen Schaden anrichten. Dann nämlich, wenn alle Projekte des Mega-Programms African Forest Landscape Restoration Initiative (AFR 100) umgesetzt werden. Bei AFR 100 geht es neben Bäumen ums Geld. Mehrere Hundert Millionen Euro werden dafür ausgegeben, ein stattlicher Anteil davon aus Deutschland.
Ausverkauf von Liberias Natur
Viel Geld für den Klimaschutz ist eine gute Sache – würde es nicht für törichte Projekte verschleudert. Dass immense Summen nicht unbedingt gut für die Natur und das Klima sind, zeigen Projekte von Firmen wie Blue Carbon.
Wie bei der Savannenaufforstung klingt der Plan einfach – und ist doch gefährlich. Das Schlüsselwort heißt Kohlenstoff-Zertifikate, auf Englisch Carbon Credits, und der Handel damit. Dabei wird behauptet, Projekte zur Bewahrung der Wälder schützten das Klima.
Das Problem: Carbon Credit-Geschäfte halten selten, was sie versprechen. So sind zuweilen mit Millionensummen „geschützte“ Wälder auch ohne die Projekte nicht bedroht. Oder statt des „geschützten“ Gebiets wird schlicht der benachbarte Wald gerodet. Zudem werden Wälder zu Kohlenstoff-Speichern reduziert und ihre Rolle für Tiere und Planzen unterschätzt. Für das Klima und die Natur ist nichts gewonnen.
Zum Beispiel in Liberia: Das Land verfügt über üppige tropische Regenwälder, die Schimpansen, Zwergflusspferden und Waldelefanten Lebensräume bieten. Umweltschützer wie die der Wild Chimpanzee Foundation, ein Partner von Rettet den Regenwald, setzen sich seit Jahren dafür ein, die Wälder für die Menschenaffen zu bewahren. So schicken sie Eco-Guards, die aus den Dörfern am Rande der Nationalparks Grebo-Krahn und Sapo stammen, zu Patrouillen los.
Plötzlich ist die Firma Blue Carbon – im Besitz von Dubais königlicher Familie - aufgetaucht und behauptet, mit dem Verkauf von Carbon Credits Wald und Klima zu schützen. Eine Million Hektar Land will sie sich dafür sichern. Die Menschen, die dort im Einklang mit der Natur leben, wurden nicht gefragt. Aus seinem klimaschädlichen Öl-Geschäft will Dubai zudem nicht aussteigen. Der Deal ist vorgeschoben, um das Klima weiter ruinieren zu dürfen.
Ob Savannenaufforstung oder Carbon Credits – was wir brauchen, ist echter Wald- und Klimaschutz! Dazu gehört, rasch aus fossilen Energien auszusteigen. Die Bewahrung der Regenwälder darf kein Feigenblatt sein.