Regenwald Report 03/2015
Zucker für die EU verwüstet unser Land
Konzerne aus Kambodscha verkaufen für Millionen Euro Zucker nach Europa. Für Plantagen haben 12.000 Menschen ihr Zuhause verloren, ihre Wälder werden vernichtet. Wir fordern von der EU, keinen Zucker von geraubtem Land zu importieren
Die Hütten standen lichterloh in Flammen, Frauen und Kinder weinten, doch die Soldaten des Bataillons 313 kannten keine Gnade. „Sie haben alles verbrannt, sogar den Reis auf den Feldern. Sie haben unsere Häuser zerstört“, erzählt die Bäuerin Yoeung Kheung. Früher haben ihr Mann und sie ihre eigenen Lebensmittel angebaut. Die beiden ernteten Mangos und Cashews von eigenen Bäumen und verkauften sie, sie hielten zudem ein paar Kühe und Hühner. „Wir hatten alles“, sagt die Frau.
Bis die Bewaffneten mit Bulldozern und Benzinkanistern kamen und Platz für Zuckerrohrplantagen der Firma Phnom Penh Sugar machten. Auf 20.000 Hektar breiten die sich jetzt aus. Bäuerin Yoeung Kheung und weitere vertriebene Dorfbewohner hausen dafür in einfachen Hütten aus Bambus. Sie leben in Armut. „Wir haben kaum noch genug zu essen“, sagt die 85-jährige Yiey Loeum, eine Nachbarin, im Film „Landraub“ des Journalisten Kurt Langbein (siehe Seite 11). Seit Generationen lebten ihre Familien hier auf eigenem Land. Das ist Vergangenheit.
Der Zuckeranbau sollte die Armut beenden – doch er hat sie noch verschärft
Für das Elend der Menschen in Kambodscha ist der Hunger Europas nach Zucker verantwortlich. Im Rahmen des Handelsabkommens „Everything but Arms“ („Alles außer Waffen“) verlangt die EU für Importe aus dem armen Land keinen Zoll. Das soll die Wirtschaft stärken und Armut bekämpfen. Doch das Abkommen ist eine Einladung für Geschäftsleute, sich Land unter den Nagel zu reißen und es mit Plantagen
zu überziehen.
„Die EU-Politiker haben versprochen, dass Armut der Vergangenheit angehören wird, aber sie haben mit der Art von Investments, die EBA fördert, das Leben für viele Familien in unserem Land sehr viel schlimmer gemacht“, bilanziert Eang Vuthy. Seine kambodschanische Organisation „Equitable Cambodia“ hat in der Studie „Bittersweet Harvest“ detailliert Menschenrechtsverletzungen dokumentiert.
Angestachelt durch die EU verläuft der Siegeszug des Zuckers rasant. 2008 wurde in Kambodscha noch kein Zuckerrohr angebaut, jetzt wächst es auf über 100.000 Hektar. Wälder, die häufig Dorfgemeinschaften gehörten, und Schutzgebiete werden zerstört, für Tausende Kleinbauern und ihre Familien ist kein Platz mehr.
2008 wurde in Kambodscha noch kein Zuckerrohr angebaut, jetzt wächst es auf über 100.000 Hektar
Der buddhistische Mönch Venerable Luon Sovath kämpft für die Vertriebenen. Seine eigene Familie wurde 2009 weggejagt. Deshalb dokumentiert er den Landraub, für den auch Kautschuk-Firmen verantwortlich sind, mit der Videokamera. Den Behörden ist er ein Dorn im Auge. Häufig verfolgen ihn Polizisten. Er nimmt den Filmemacher Kurt Langbein für dessen Dokumentation „Landraub“ mit in die Dörfer, wo er mit den Menschen spricht. Als er in der Provinz Kampong Speu auf ein einfaches Holzhaus zugeht, knien die Bewohner ehrfürchtig nieder. „Wir sind glücklich, weil wir einen Mönch sehen“, sagen sie. Dann erzählen sie von dem Unglück, das sie ereilt hat, seit die Firma Phnom Penh Sugar in die Region kam. Früher waren sie Reisbauern und pflanzten ihre Lebensmittel selbst an. Lediglich Öl und Salz mussten sie kaufen.
Jetzt bleibt ihnen keine Wahl, als ausgerechnet auf der Zuckerrohrplantage zu arbeiten, für die sie Haus und Hof verloren haben. Sogar der 14-jährige Sohn muss anpacken: Unkraut jäten, Zuckerrohr schneiden. „Für 2,50 Euro am Tag“, sagt der Vater.
„Die EU sollte den Handelsvertrag stoppen, denn er ist mit der gewaltsamen Vertreibung von armen Familien verbunden“
Einer der wahren Profiteure der EU-Politik zur Armutsbekämpfung ist der zwielichtige Tycoon Ly Yong Phat. Er pflegt beste Beziehungen zu politischen Kreisen und investiert sein Vermögen in Casinos, Hotels und Plantagen. Die Gnadenlosigkeit, mit der er seine wirtschaftlichen Ziele verfolgt, hat ihm den Ruf als „einer der größten Landräuber in Kambodscha“ eingetragen. Ihm gehört auch die Firma Phnom Penh Sugar. Das Bataillon 313, das das Leben von Bäuerin Yoeung Kheung zerstörte, soll seine Privatarmee sein.
Das Europäische Parlament hat bereits 2012 in einer Resolution von der Kommission gefordert, wegen der Menschenrechtsverletzungen das „Everything but Arms“-Abkommen für Kambodscha auszusetzen. Die Abgeordneten stießen jedoch auf taube Ohren. Seit Juni laufen endlich Gespräche zwischen der EU und der kambodschanischen Regierung, Familien zu entschädigen. Das packt die Tragödie zwar noch nicht an der Wurzel, zeigt aber, dass die EU die Fehler erkannt hat.
„Die EU sollte den Handelsvertrag stoppen, denn er ist mit der gewaltsamen Vertreibung von armen Familien verbunden“, sagt der streitbare Mönch Venerable Luon Sovath: „Wir brauchen diesen Vertrag nicht.“
Wir Europäer brauchen diesen Zucker nicht. Bitte unterschreiben Sie unsere unten stehende Petition. Oder online unter www.regenwald.org/rr/p1012
Unterschriftenliste
Bitte die Liste einsenden an: Rettet den Regenwald e. V., Jupiterweg 15, 22391 Hamburg
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