Regenwald Report 04/2020 · Liberia
Hüterinnen des Dschungels
Patrouillen im Grebo-Krahn Nationalpark waren bisher Männersache. Doch immer mehr Frauen melden sich als Eco-Guards. Ein Gewinn für die Natur, die Selbstbestimmtheit der Frauen und die Gesellschaft in Liberia.
In einem abgelegenen Dorf tief in Liberias Regenwäldern tut sich Erstaunliches: Mathaline Garley kauft mit dem Geld, das sie verdient, ihrem Ehemann Zoway Sluwar ein Motorrad. Er nutzt es als Taxi, um Menschen und Waren zu transportieren – und hat damit dank seiner Frau ein Einkommen.
Es ist vielleicht keine Revolution, doch zumindest eine Etappe eines grundlegenden Wandels in Liberias Gesellschaft: Der Status, das Ansehen und die Unabhängigkeit von Frauen wachsen über das bisherige Niveau hinaus.
Die Erfolgsgeschichte geht weiter: Mathaline Garley bekommt ihren Lohn für ihre Arbeit als Eco-Guard, sodass über ihre Familie hinaus der Regenwald profitiert, der ihr Dorf Druwar umschließt.
Auf Patrouillen durchstreift die Waldschützerin den Dschungel, sammelt Daten über Tiere und nimmt Hinweise auf Wilderei oder illegale Goldsuche auf. Verdächtige melden die Eco-Guards den Behörden. Mathaline Garley ist gemeinsam mit ihren männlichen Kollegen unterwegs – in gleichberechtigten Teams.
Frauen informieren in den Dörfern
Ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit findet zudem in den Dörfern statt. Dort sensibilisieren sie im Auftrag der Wild Chimpanzee Foundation (WCF) die Bewohner für die Schönheit und Zerbrechlichkeit der Regenwälder ringsum. Wie wichtig das ist, zeigt die Liste der bedrohten Tierarten, die im Grebo-Krahn Nationalpark leben: Schimpansen, Waldelefanten, Zwergflusspferde, Leoparden und viele andere. Obwohl Liberias Wälder zu den artenreichsten der Welt gehören, gibt es in dem Land lediglich drei Nationalparks. Der 2017 gegründete Grebo-Krahn ist der jüngste unter ihnen.
Einen Nationalpark einzurichten, ist ein Balanceakt: Die Bewahrung der Natur und die Wahrung der Rechte der Einheimischen müssen aufeinander abgestimmt sein. Ein solches Schutzgebiet kann – klug gemacht – durch die Stärkung von Frauen sogar zum sozialen Wandel beitragen. In Liberia scheint genau dies zu gelingen. Von den 28 Eco-Guards im Grebo-Krahn Nationalpark sind bereits 10 Frauen. 130 Euro verdient jede für 14 bis 21 Tage Patrouille – kein schlechtes Einkommen in einem Land, das beim Human Development Index auf Platz 176 von 189 Staaten liegt.
Früher lebte sie von der Wilderei
Mathaline Garley hat einen weiten Weg hinter sich. Bevor sie zu den Eco-Guards stieß, war sie in den illegalen Handel mit Wildtierfleisch verstrickt. Sie kaufte gewilderte Tiere, um sie in ihrem Ort gewinnbringend zu veräußern. Gefährlich war das, weil sie oft erst nachts heimkam. Trotzdem hat das schädliche Geschäft kaum zum Überleben gereicht. Jetzt ein Teil der Naturschützer zu sein, habe ihr Leben bereichert. „Ich bin nicht länger jemand, der Bushmeat verkauft, sondern eine Lehrerin im Dienst der Umwelt“, sagt sie.
Die 23-jährige Felicia Kyne erzählt ebenfalls davon, wie die Arbeit als Eco-Guard sie beflügelt. Noch vor Kurzem war sie vollkommen von ihren Eltern abhängig. Jetzt verdient sie ihr eigenes Geld – und bezahlt das Schulgeld für ihre jüngeren Geschwister. Durch ihre Stellung als Eco-Guard sieht sie sich auf Augenhöhe mit den Männern des Dorfes. „An alles, was sie können, wage ich mich ebenfalls“, sagt sie selbstbewusst.
Die weiblichen Eco-Guards in Liberia leiten eine Veränderung in ihrer traditionell geprägten Gesellschaft ein. Sie sind Pionierinnen in den Dörfern und Hüterinnen des Dschungels zugleich.
Aktiv werden! Helfen Sie mit
Aktiv am Naturschutz beteiligen
Wir können die Natur nur bewahren, wenn die örtliche Bevölkerung eingebunden ist. Unsere Partner von der Wild Chimpanzee Foundation engagieren sich daher in Projekten, die den Dorfbewohnern rund um den Grebo-Krahn Nationalpark direkt zugutekommen. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie diese wichtige Arbeit in Liberia.
Spenden über unser Formular auf der Heft-Rückseite oder online:
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