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Regenwald Report 04/2024 · Demokratische Republik Kongo

Gorillas oder Erdöl

Gorilla mit Baby im Virunga Park Im Virunga Nationalpark leben einige der letzten Berggorillas der Erde. Der Lebensraum der Menschenaffen schrumpft, die Förderung von Erdöl ist eine zusätzliche Bedrohung (© RdR/Mathias Rittgerott)

Vergiftet die Erdöl-Industrie bald das Kongo-Becken? Geht der Plan der Regierung auf, mehr als zwei Dutzend Konzessionen zu versteigern, sind Regenwälder und der Virunga Nationalpark in Gefahr. Unsere Partner des Réseau CREF mobilisieren die Bevölkerung dagegen.

In der Kleinstadt Kanyabayonga spielt sich ein Drama ab: die Förderung von Erdöl bringt Unheil und Not über die Region. Gewässer werden vergiftet, die Lebensgrundlagen von Menschen und Tieren werden zerstört...  Zum Glück ist das bislang nur das Szenario eines Theaterstücks, mit dem eine Schauspieltruppe unterwegs ist.

Es könnte Wirklichkeit werden, wenn es der Regierung der Demokratischen Republik Kongo  gelingt, Ölfirmen ins Land zu locken. Im Juli 2022 hatte sie 27 Öl- und drei Gaskonzessionen zur Versteigerung ausgeschrieben. Mehrere davon im größten Torfkomplex der Tropen,  der Cuvette Centrale. Neun überlappten mit Schutzgebieten wie dem Virunga Nationalpark. Die örtliche Bevölkerung beklagte, dass sie völlig im Dunkeln gelassen worden war. Umweltschützer liefen Sturm: Fast 120.000 Menschen unterschrieben eine Petition von Rettet den Regenwald. 

Die erste Versteigerung scheiterte

Weil die Erdöl-Branche zunächst kaum Interesse zeigte, hat die Regierung die Versteigerung der Ölkonzessionen im Oktober abgebrochen. François Biloko, Generalsekretär unserer Partnerorganisation Réseau CREF in Goma, freut sich zwar über die Entscheidung, nennt sie aber einschränkend einen „Etappensieg in einem langen Kampf“. Denn die Regierung hat klargemacht, das Projekt umgehend erneut zu starten. Zudem waren die drei bereits vergebenen Gaskonzessionen von dem Stopp nicht betroffen und blieben bestehen. „Wir müssen den Gemeinden weiterhin die Gefahren durch das Erdöl- und Gas-Business vor Augen führen“, sagt François Biloko daher. 

Francois Biloko François Biloko, Vorsitzender von Réseau CREF (© RdR/Mathias Rittgerott)

Fischer im Dorf Vitshumbi am Eduardsee, Virunga Nationalpark, Demokratische Republik Kongo Fischer im Dorf Vitshumbi: Verschmutzt Erdöl den Eduardsee, ist ihre Lebensgrundlage ruiniert (© Rettet den Regenwald / Mathias Rittgerott)

Kinder in Kanya Bayonga Kinder in der Kleinstadt Kanyabayonga (© RdR/Mathias Rittgerott)

Ein Theaterstück soll die Menschen aufklären und motivieren

So sind die Schauspieler, die in Kanyabayonga zweihundert Zuschauer in ihren Bann ziehen, ununterbrochen im Auftrag von Réseau CREF unterwegs. „Das Theaterstück motiviert die Leute, sich aktiv für den Schutz der Umwelt und ihrer Rechte einzusetzen“, sagt Biloko. Filmvorführungen, Workshops und Radiosendungen gehören ebenso zum Repertoire der Organisation. Die in der Region Nord-Kivu bekannten Musiker Mulyaboss und DJ Shukra haben eigens ein Lied für die Kampagne geschrieben. „Mit klarer Sprache für eine komplexe Thematik“, sagt Réseau CREF-Mitarbeiterin Clarice Butsapu.

Diese Komplexität lässt sich unter drei Gesichtspunkten beleuchten. So erstrecken sich zwei Ölfelder in den Virunga Nationalpark. Dort leben an den Hängen mehrerer Vulkane die vom Aussterben bedrohten Berggorillas. Zum Schutzgebiet gehören zudem Savannen entlang des Eduardsees. Austretendes Öl könnte dessen Wasser verschmutzen und das Leben von Fischerfamilien ruinieren.

Zudem ist die Sicherheitslage prekär. Zahlreiche bewaffnete Gruppen marodieren dort. Derzeit kontrollieren die Rebellen der M23 große Landstriche. Réseau CREF navigiert gezwungenermaßen zwischen den Fronten. Doch viele Meldungen über Umweltdelikte versanden, wo die Regierung keine Macht hat, Gesetze durchzusetzen.
Darüber hinaus könnte ausgerechnet die abgelegene Region zu einem bedeutenden Schauplatz eines globalen Ölbusiness werden, weil sich hier womöglich ein Transportkorridor für das Erdöl eröffnet. Am östlichen Ufer des Albertsees, der die Grenze zu Uganda bildet, haben die Konzerne TotalEnergies aus Frankreich und CNOOC aus China Bohrtürme errichtet. Verbunden werden die Ölfelder mit der 1.440 Kilometer langen Ostafrikanischen Rohöl-Pipeline, an der bereits gearbeitet wird. Sollte sie fertiggestellt werden, könnte durch sie kongolesisches Öl zum Hafen von Tanga in Tansania fließen und von dort exportiert werden.

Ob das Erdölgeschäft eines Tages im Kongo-Becken einfällt und das Drama des Theaterstücks wahr wird, ist nicht vorherzusagen. Die Aktivisten von Réseau CREF werden daher unermüdlich in Orte wie Kanyabayonga fahren, die Bevölkerung informieren und ihre Warnung wiederholen. Den Filmprojektor im Gepäck, die Schauspieltruppe im Schlepp.

Theaterstück gegen Erdöl In Kanyabayonga verfolgen die Zuschauer das Theaterstück, das vor den Gefahren des Erdöls warnt. „Unser Leben hat keinen Preis – Zerstört den Virunga nicht durch Erdöl“ steht auf dem Banner (© RdR/Mathias Rittgerott)

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