Regenwald Report 04/2024 · Indonesien
Der uralte Wald von Tongka ist gerettet!
Seit 20 Jahren setzt sich die Organisation Save our Borneo zusammen mit Rettet den Regenwald für den Schutz der Natur auf der indonesischen Insel ein. Hier erzählt ihr Direktor M Habibi, wie die indigenen Dayak ihre Natur und ihre Kultur vor Zerstörung bewahren.
Stundenlang fahren wir bis zu einem entfernten Wald im Meratus-Gebirge. Ölpalmen erstrecken sich bis zum Horizont. Kohleminen und kahle Torfböden prägen die Landschaft. Drei Viertel von Kalimantan, so heißt der indonesische Teil der Insel Borneo, sind in den Händen von Konzernen.
Doch wir sind voller Freude! Uns ist es gelungen, fast 6.000 Hektar eines urtümlichen Waldes zu retten. Das Dorf Tongka im Meratus-Gebirge hat endlich die Waldrechte erhalten. Nun kann er nicht mehr an Kohle- und Palmölkonzerne zur Abholzung vergeben werden. Ein Riesenerfolg!
Offizielle Waldrechte für indigene Gemeinschaften sind ein Weg, die Wälder vor weiterer Zerstörung zu bewahren. Borneo ist geprägt von Hunderten von Landkonflikten, da die indonesische Regierung große Flächen an Konzerne verpachtet. Dabei ignoriert sie, dass hier Menschen leben. Wenn die Bevölkerung gegen die neuen Palmölplantagen protestiert, ist sie oft mit Polizei konfrontiert, die die Plantagen schützt – statt die Bürgerinnen und Bürger.
Deswegen setzen wir nicht nur auf Proteste. Wir begleiten Dayak-Gemeinschaften dabei, die offiziellen Waldrechte zu erhalten. Der Weg dahin ist lang. Landkarten müssen erstellt, die historische Besiedlung dokumentiert und das überlieferte ökologische Wissen festgehalten werden.
Die Anerkennung als Gemeinschaft indigenen Rechts ist Voraussetzung für Landrechte, Waldrechte, Recht auf indigene Tradition. Sie gibt den Indigenen Rechtssicherheit über Nutzung und Waldschutz. Sie verbessert ihre wirtschaftliche Situation, da nachhaltige Nutzung von Wald erlaubt ist.
In Tongka ist uns dies gelungen! Nun arbeiten wir daran, die Waldrechte mit Leben zu erfüllen. Den Wald erhalten und ihn mit unserem ökologischen indigenen Wissen nutzen – Tongka ist dabei, ein Modell für andere Dörfer zu werden.
Tongka liegt inmitten eines uralten Waldes mit mächtigen Bäumen, der Heimat von Nebelpardern und Gibbons, Hornvögeln und Argusfasanen. Dieser schöne Wald ist eine Augenweide gegenüber den monotonen Palmölplantagen, die heute Borneo beherrschen.
Die Dayak achten auf das Gleichgewicht in der Natur
In diesem ältesten Dorf des Bezirks Barito leben die Dayak Tewoyan. „Wir waren hier, lange bevor es den Staat Indonesien gab“, sagen sie. Und tatsächlich, während unserer Wanderungen durch ihren Wald besuchen wir Ahnengräber an einem Felsen und einen alten Altar.
Vorbei an Wasserfällen und heiligen Bäumen stoßen wir auf unsichtbare Grenzen. Bestimmte Bereiche dürfen nicht betreten werden. Was auch immer die Begründung ist: Hier bleibt die Natur ungestört.
Die Dayak Tewoyan beachten drei Prinzipien: Gleichgewicht in der Natur, weise Nutzung und Zusammenarbeit. Diese Prinzipien gelten für Feldbau, Jagd und Sammeln.
Im Wald roden sie kleine Flächen für den Anbau von Reis. Dabei folgen sie dem Prinzip des Gleichgewichtes in der Natur. Das ist für sie gleichbedeutend mit der spirituellen Beziehung zum Schöpfer, den sie Juus nennen. So sind ihre traditionelle Lebensweise (Adat) und ihre Kultur über viele Generationen lebendig geblieben. Außer Reis pflanzen sie Bohnen, Maniok, Mais und Auberginen an.
Nur für den Eigenbedarf sammeln sie Medizinpflanzen, Früchte, Rattan und Kautschuk, außerdem Bambussprossen oder Farne als Gemüse – jeweils nur so viel, wie sie benötigen. Niemals mehr. Auch Fischen und Jagen sind streng geregelt. Wildtiere haben eine bestimmte Bedeutung und sind für das Gleichgewicht des Waldes wichtig.
Ihr indigenes ökologisches Wissen ist ein erfolgreiches Konzept zum Erhalt des Waldes von Tongka. Deswegen wird der Dorfwald von Tongka nun diesem Konzept folgen.
Denn noch gibt es mächtige Wälder auf Borneo – wir werden sie bewahren.
M Habibi, Direktor von Save our Borneo