Regenwald Report 04/2023 · Südostasien / Indonesien
Ein Erfolg, der Mut macht
Eine Gemeinschaft der indigenen Batak in Nord-Sumatra hat das Besitzrecht für ihren Wald erstritten. Rettet den Regenwald hat sie dabei unterstützt – und jetzt besucht.
Der Toba-See auf Sumatra ist ein Wunder der Natur. Ein gewaltiger Vulkanausbruch hat ihn vor 74.000 Jahren erschaffen; dreimal so groß wie der Bodensee – der größte Kratersee der Erde.
Der See prägt Landschaft, Natur und Menschen. An seinen Ufern lebt das Volk der Batak: Ihre Musik, ihre farbenfrohe Kleidung und ihre dekorativen Holzhäuser symbolisieren den starken und offenen Charakter dieser Menschen.
Stärke und Charakter beweisen sie im hartnäckigen Kampf um ihr angestammtes Land. Wir besuchen die indigene Gemeinde Simenakhenak im Dorf Parsoburan, wo sie einen ersten kleinen Sieg errungen hat. Über Hügel geht unsere Fahrt auf schlechter, nur selten asphaltierter Straße durch Reisfelder und Wälder, ab und zu mit Blick auf den atemberaubend schönen Toba-See. Doch je näher wir dem Ziel kommen, desto erschreckender wird das Bild: Statt der Urwälder gibt es nur noch Kahlschlag oder Eukalyptus-Plantagen. Wo sollen da noch Tiger, Hornvögel, Pangoline und Menschen leben? Das Unternehmen Toba Pulp Lestari (TPL, s. Info-Kasten S.8) hat den Regenwald abgeholzt, das Tropenholz zu Zellstoff und Papier verkocht und die Monokulturen angelegt.
„Zwei Millionen Hektar Wald um den See hat die Regierung an sich gerissen“, sagt Roganda, Vorstand von AMAN Tano Batak, der lokalen Indigenen-Allianz. „Demonstrationen und Proteste der Indigenen gegen den Landraub und den Verlust ihrer Existenzgrundlagen beantworten die Sicherheitskräfte oft mit Gewalt.“
Indigene schützen ihre Natur
Die Bewohner der Gemeinde Simenakhenak haben sich nicht einschüchtern lassen. Nach langer Mühe und mit der Hilfe von Rettet den Regenwald hat die Gemeinde den verbrieften Besitz von 252 von insgesamt 542 Hektar ihres Landes erstritten. Das ist nun ihr „Hutan Adat“, der Wald der Indigenen. 252 Hektar entsprechen nur 0,1 Prozent der Fläche, die der Konzern TPL von der Regierung gepachtet hat. Trotzdem ist das Projekt ein Erfolg, weil er anderen Dörfern Mut macht. „Papierfabriken zerstören die Natur, Indigene schützen sie“, sagt Projekt-Koordinator Hengky Manalu. „Die Indigenen sind die besten Waldhüter. Ihre Landrechte müssen anerkannt werden!“
Als wir in Parsoburan ankommen, ist zunächst die Enttäuschung groß. Der „Wald der Indigenen“ ist größtenteils kahl oder von Eukalyptus überwuchert. „Früher war der Wald in sehr gutem Zustand!“, erzählen die Einwohner. „Damals wuchsen hier viele Weihrauchbäume. Ihr Harz, das für Zeremonien genutzt wird, verschaffte uns ein kleines Einkommen.“
„Der renaturierte Wald gibt uns neue Hoffnung“
Jetzt geht es um die Renaturierung im Einklang mit der Lebensweise der Batak. Doch zuerst muss TPL die Holzplantagen roden – das dauert. Auch seien Schädlinge vom Eukalyptus auf die Feldfrüchte übertragen worden, klagen die Einwohner. Sie haben inzwischen in Gemeinschaftsarbeit begonnen, die Aufforstung vorzubereiten. In Baumschulen züchten sie Setzlinge von Urwald-, Avocado- und Kaffeebäumen. Die Chance auf ökologische und ökonomische Sanierung ihrer Umwelt erfüllt die Menschen mit neuer Hoffnung, „weil der Wald unser Leben verbessern wird!“.
AMAN Tano Batak
AMAN nennt sich die „Allianz der Indigenen Indonesiens“; AMAN Tano Batak ist die regionale Gruppe „im Land der Batak“. Insgesamt 2.449 indigene Gemeinschaften und 17 Millionen Einzelpersonen sind Mitglieder der Allianz. Ziele sind Gerechtigkeit und Wohlfahrt für alle indigenen Völker Indonesiens.
Hutan Adat
Hutan Adat bezeichnet Wald im Besitz indigener Gemeinschaften. 2013 hatte das Verfassungsgericht entschieden, dass Wälder nicht automatisch Staatsbesitz sind. Aber die offizielle Anerkennung eines Hutan Adat ist langwierig und an Bedingungen geknüpft. Der Wald muss entsprechend indigener Regeln bewahrt und genutzt werden. In ganz Indonesien haben erst 123 Gemeinden für insgesamt 221.648 Hektar Wald den Status „Hutan Adat“ erreicht (Stand August 2023).
Toba Pulp Lestari – aus Wald wird Papier
Das indonesische Unternehmen Toba Pulp Lestari (TPL), gegründet 1983 auf Sumatra, ist mit der Papierfirma APRIL (Marke: PaperOne) verbunden, die wiederum zum globalen Konzern Royal Golden Eagle gehört. 1989 begann TPL unter dem Namen Indorayon mit der Produktion von Zellstoff für Papier und von Viskose-Fasern (Rayon) für Textilien – mit Tropenholz aus dem Urwald.
Aktuell hat TPL die Konzession für 265.000 Hektar Regenwald und Plantagen – eine Fläche dreimal so groß wie Berlin. TPL ist maßgeblich für die Zerstörung der Regenwälder auf der einst dicht bewaldeten Insel Sumatra verantwortlich. Erdrutsche und andere Umweltkatastrophen sind die Folge. Außerdem verseucht die Zellstoff-Fabrik den Toba-See, weil die Abwässer in seine Zuflüsse geleitet werden.
Die Zerstörung der Wälder, die Vergiftung der Gewässer und die Erosionsschäden führten von Anfang an zu heftigem Widerstand der Bevölkerung. Zum Ende der Suharto-Diktatur erstarkte die Protestbewegung gegen Indorayon. Der damalige indonesische Präsident Habibie verfügte 1999 auf öffentlichen Druck die Schließung der Zellstoff-Fabrik. Doch unter Präsidentin Megawati lief die Produktion 2003 wieder an. Indorayon wurde in Toba Pulp Lestari umbenannt. Die Tropenwälder werden weiter abgeholzt und durch Eukalyptus-Plantagen ersetzt, in denen es keine natürliche Fauna und Flora mehr gibt.
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IHRE SPENDE unterstützt die Arbeit unserer Partner in Südostasien – damit sie die Regenwälder mit ihrer Artenvielfalt bewahren können.