Studie: Indonesiens Food-Estate-Programme verursachen Hunger und Umweltzerstörung
04.03.2021
Indonesiens „Food-Estate-Programme“ bedrohen die Indigenen, die Wälder und die biologische Vielfalt. Millionen von Hektar industrielle Reisplantagen auf den Inseln Borneo, Sumatra und Neuguinea werden keine Nahrung liefern, sondern Hunger verursachen und zur Klimakrise beitragen – das sind die Kernaussagen der Studie "Swallowing Indonesia´s Forests" (Indonesiens Regenwald verschlingend).
SWALLOWING INDONESIA´S FORESTS
Vorgeblich sollen die Food-Estate-Programme eine Lösung für die Nahrungsmittelkrise Indonesiens sein und die wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 abmildern, doch in Wirklichkeit werden sie sie verschlimmern. Sie bedrohen einige der biologisch vielfältigsten Lebensräume der Welt auf den drei großen Inseln Sumatra, Borneo und Neuguinea.
Erst 2020 inmitten der Pandemie angekündigt, sind einige der Programme schon angelaufen. Schon zeichnen sich die Folgen ab: Landraub, Menschenrechtsverletzungen und Entwaldung.
Zwar enthalten die Pläne der Regierung keine genauen Angaben über die Größe einzelner Projekte, doch folgende Gebiete sind betroffen:
-
770.000 Hektar in Zentralkalimantan auf der Insel Borneo (8 mal so groß wie Berlin). Weitere Standorte sind für Ostkalimantan geplant;
-
2.000.000 Hektar in Papua auf der Insel Neuguinea (mehr als halb so groß wie Belgien); und
-
32.000 Hektar in Nordsumatra. Weitere sind in Südsumatra und auf anderen Inseln geplant.
Alarmierend ist, dass mit der Durchführung das Militär betraut wurde und Soldaten bereits den Boden in der Provinz Zentralkalimantan auf Borneo bearbeiten. Die Food-Estate-Programme werden von Verteidigungsminister Prabowo Subianto geeleitet, einem Geschäftsmann und Ex-General mit dunkler Vergangenheit. Prabowo Subianto ist wegen seiner Verantwortung für die Entführung und Folter von Demokratie-Aktivisten (1996) aus der Armee entlassen worden.
Das indonesische Militär spielt wirtschaftlich bis heute eine wichtige Rolle, auch in der Agrarindustrie. Daran haben die Reformen des Sicherheitssektors (2004) nicht viel geändert. Die Geschäfte des Militärs sind anfällig für Korruption. Ein aktuelles Beispiel für die Verquickung von Politik, Militär und Korruption ist die Festnahme des Ministers für Maritime Angelegenheiten und Fischerei, Edhy Prabowo. In diesem erst 2020 von der Kommission zur Bekämpfung von Korruption untersuchten Fall geht es um die Fälschung von Exportlizenzen.
Frühere Food-Estate-Programme wie das katastrophale Eine-Million-Hektar-Reis-Projekt (PLG) auf Borneo aus den 1990er Jahren und das Merauke Integrated Food and Energy Estate (MIFEE) in Papua ab 2010 haben massive Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen verursacht – trotzdem werden sie jetzt mit den neuen Projekten wieder aufgelegt.
Rettet den Regenwald, Environmental Paper Network, Biofuelwatch und die anderen Herausgeber der Studie "Swallowing Indonesia´s Forests" stellen fest: Transparenz und Rechenschaftspflicht fehlen, Menschenrechte werden verletzt.
Die Umweltschutzorganisationen fordern, dass Banken und Finanzinstitute nicht in die Food-Estate-Programme investieren. Die lokale Bevölkerung und zivilgesellschaftliche Gruppen warnen davor, dass die Umwandlung von Regenwald und Land der Indigenen in industriell betriebene Landwirtschaft die Ökosysteme und die Existenz der Indigenen zerstört.
Wald ist für das materielle und spirituelle Überleben der Indigenen grundlegend. Sie betrachten sich selbst als Teil der Natur. Die Zerstörung der Wälder aber zerstört ihre Existenz und ihre Anbaumethoden. Lokale Lebensweisen werden, ebenso wie lokale Nahrungsmittel, durch solche Mega-Programme verschwinden.
"Wir fordern, zusammen mit indonesischen Umweltgruppen, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen und mit den wahnsinnigen Food-Estate-Programmen keine neuen Umwelt- und Klimakatastrophen zu schaffen. Die Regenwälder und Torfmoore sind für den weltweiten Klimaschutz besonders wichtig. Die Menschen werden für ein Wirtschaftssystem geopfert, das auf der Ausbeutung der Natur beruht", so Marianne Klute von Rettet den Regenwald.