Megaplantagen im Regenwald Sumatras sind katastrophal!
07.04.2022
Riesige industrielle Monokulturen verschlingen Millionen Hektar Wald und zerstören bäuerliche Kulturen. Ein kurzer Blick auf die Realität der so genannten "Food Estates" in Nord-Sumatra.
2020 schlugen Umweltschützer in Indonesien Alarm: Mitten in der Pandemie setzte die Regierung neue Megaplantagen durch. Riesige industrielle Monokulturen zum Anbau von Reis und anderen Nahrungsmittel, so genannte „Food Estates“, haben höchste Priorität, vorgeblich zur Sicherung der Ernährung.
In die Regenwaldgebiete Borneos, Sumatras und Papuas sollen Millionen Hektar Plantagen gestampft werden. Die Pläne sprechen von mehr als vier Millionen Hektar.
Das erste "Food Estate" sollte auf den abgeholzten und trockengelegten ehemaligen Torfwaldflächen Borneos entstehen, die eigentlich dringend wiederbenässt und aufgeforstet/renaturiert werden müssten. Ein Warnsignal, auf das Rettet den Regenwald mit einer Petition reagiert hat: Megaplantagen im Torfwald Borneos sind katastrophal. Fast 170.000 Menschen haben die Petition bisher unterschrieben.
Vier Millionen Hektar "Food Estates" werden etwa drei Millionen Hektar Regenwald verschlingen, so das Resümée einer Studie (2021) von Rettet den Regenwald mit anderen Organisationen: Swallowing Indonesia´s Forests (Englisch und Indonesisch)
In Borneo begannen Soldaten 2020 sofort mit den Arbeiten, ohne Rücksicht auf Proteste. Unter dem Kommando des Militärs und mit Investitionen großer Konzerne sollen neben Reis auch Mais, Kartoffeln, Zwiebeln, Maniok und Gemüse produziert werden.
Inzwischen sind auch in Nord-Sumatra die ersten Food Estates entstanden. Unsere Analyse: Die Food Estates sind eine Gefahr für den Regenwald und die Ernährungssouveränität. In einem Land, in dem die meisten Bauern noch traditionell wirtschaften, wird schlagartig industrielle Landwirtschaft eingeführt.
Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse unserer Analyse, die bisher nur auf Indonesisch vorliegt:
Fallstudie: Food Estates in Nord-Sumatra
- Bis jetzt wurden auf 1.000 Hektar Fläche Food Estates eingerichtet. Das soll in den nächsten drei Jahren auf 75.817 Hektar ausgedeht werden.
- Die Food Estates sind zum Teil auf altem Bauernland, zum Teil wird Wald abgeholzt.
- Für die Umwandlung von Wald in Food Estates hat das Forstministerium eigens eine Verordnung erlassen. Die Wälder von Nord-Sumatra sind in Gefahr, wenn das Programm nicht gestoppt wird.
- Das ebenfalls 2020 in Zeiten der Pandemie in Kraft getretene „Omnibus Law“ dient den Interessen der Industrie, erleichtert Landnahme für die Megaplantagen und gibt Wald für die industrielle Landwirtschaft frei.
- Trotz des Urteils des Verfassungsgerichts, dass das „Omnibus Law“ ruhen soll und nachgebessert werden muss, gehen die Vorbereitungen für neue Megaplantagen weiter.
- Der Wald ist bisher wichtige Einnahmequelle für die Bauernfamilien Nord-Sumatras, da nur hier der Benzoinbaum (Styrax benzoin) wächst, dessen Harz für Weihrauch und Parfüm genutzt wird.
- Food Estates gehen mit Landraub einher. Sogar Wälder mit dem Status „Schutzwald“ sind bedroht.
- Entwaldung bedeutet Überschwemmungen und Erdrutsche.
- Die Bauernfamilien sitzen vertraglich in der Falle. Ihnen wird vorgeschrieben, was sie pflanzen müssen, wann sie arbeiten müssen, ohne Rücksicht auf Boden, Erntezeit, Wetter u.v.m.
- Auch die Arbeitszeit ist vorgeschrieben, sodass die Bauern keine Zeit mehr für ihre eigenen Felder haben.
- Der erste Schritt in die industrielle Landwirtschaft bedeutet den sofortigen Verlust der Ernährungssouveränität. Die Bauernfamilien fühlen sich nur noch als Roboter, die für den Profit der Investoren arbeiten.
- Prüfungen der Umweltverträglichkeit und der sozialen Auswirkungen fehlen.
- Das erste Jahr hat gezeigt, dass die Ernten sehr klein sind, weil die Ökologie und der Erfahrungsschatz der Bauern missachtet werden.
- Aus den Erfahrungen mit ähnlichen Megaprojekten wie dem Eine-Million-Hektar-Reisprojekt der 1990-er Jahre auf Borneo und dem Merauke Integrated Food and Energy Estate ab 2010 hat man keine Lehren gezogen. Für diese Projekte wurden großflächig Regen- und Torfmoorwald vernichtet. Sie sind wirtschaftlich gescheitert, haben degradierte Böden hinterlassen, verursachen hohe Emissionen, führen zu Menschenrechtsverletzungen und zerstören nachhaltige Wirtschaftsweisen der Subsistenzlandwirtschaft und der Indigenen.
- Ziel des Food-Estate-Programms ist laut indonesischer Regierung die Ernährungssicherheit. Doch in Wirklichkeit ist das Programm einseitig auf industrielle Landwirtschaft mit hohen Erträgen und für den Export ausgerichtet.