EU-Gesetz zum weltweiten Waldschutz beschlossen
12.12.2022
Die EU hat ein Gesetz zu entwaldungfreien Lieferketten beschlossen. Die Bedingungen für den Import von Rohstoffen wie Holz, Palmöl und Soja sowie daraus hergestellten Produkten in die EU werden dadurch verschärft. Es ist ein positiver Schritt, doch es bleiben Lücken und vor allem müssen die zuständigen Behörden die Verordnung auch wirklich anwenden, durchsetzen und Verstöße entsprechend bestrafen.
Die am 6. Dezember 2022 beschlossene EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten deckt eine Reihe von Rohstoffen ab, darunter Holz, Kaffee, Kakao, Palmöl, Rinder und Soja sowie Produkte, die diese Rohstoffe enthalten oder daraus hergestellt werden, wie Leder, Schokolade, Holzkohle, Möbel, Papier und Bücher.
Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, muss es zunächst noch durch das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten formell verabschiedet werden. Die Abstimmungen dazu werden für Anfang 2023 erwartet. Weiterhin gelten Übergangsfristen: Für große und mittlere Unternehmen wird es erst nach 18 Monaten und für Kleinunternehmen erst nach 24 Monaten Gültigkeit erlangen.
Handel und Wirtschaft werden mit der Verordnung Sorgfaltspflichten auferlegt. Sie sollen unter anderem die geografischen Koordinaten des Landes erfassen, in dem die von ihnen auf den Markt gebrachten Produkte erzeugt wurden. Aus Sicht von Rettet den Regenwald ist es ein wichtiger Schritt und eine prinzipiell gute Nachricht für die Wälder, deren Einwohner sowie das Klima der Erde.
Positiv ist, dass während des Verfahrens die Definition zu Wald präzisiert wurde. Es sind natürliche Wälder gemeint und nicht industrielle Holz-Monokulturen mit Akazien-, Eukalyptus- oder Kiefernarten. Diese sollen nicht als Wald im Sinne des Gesetzes gelten.
Außerdem wurden einige soziale Komponenten wie Menschenrechte und die besonderen Rechte indigener Völker aufgenommen. Und die Produkte müssen im Einklang mit den Gesetzen des Ursprungslands erzeugt worden sein - was natürlich grundsätzlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte.
Schlecht ist: Als Stichtag für die Abholzungen oder Schädigung der Waldflächen wurde der 31. Dezember 2020 festgelegt. Zig Millionen Hektar bereits in den letzten Jahren in die Wälder geschlagene Plantagen, Monokulturen und Viehweiden sind damit weiterhin für die Produktion zugelassen.
Leider umfasst das Gesetz auch viele weitere natürliche und sehr artenreiche Ökosysteme nicht, wie z.B. Savannen, Grasländer, Sumpfgebiete. Die Savannen in Afrika oder der Cerrado und das Pantanal in Brasilien fallen damit nicht unter das Gesetz. Auch Finanzinstitutionen, die Gelder an Firmen oder für Projekte vergeben, die mit der Waldrodung im Zusammenhang stehen, sind davon ausgenommen.
Wie geht es weiter?
Zusammen mit unseren Partnerorganisationen im globalen Süden werden wir das EU-Gesetz anhand konkreter Fälle von Waldrodung verfolgen. Auf diese Weise werden wir sehen, ob und wie das Gesetz greift und vor allem ob die zuständigen Behörden in den EU-Ländern es auch tatsächlich anwenden und Übeltäter bestrafen.
Fast alle großen westlichen Unternehmen haben sich schon seit Jahren zumeist freiwillig verpflichtet, Produkte aus Waldrodung, Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen auszuschließen. Dazu arbeiten sie auch mit diversen “Siegeln”, die nachhaltige, biologische und faire Produkte zertifiizeren. Doch häufig handelt es sich dabei um Greenwashing und Etikettenschwindel.
So verfügt beispielsweise die größte brasilianische Palmölproduzent Agropalma über 10 verschiedene Bio-, Fair Trade- und Nachhaltigkeitssiegel, obwohl weite Teile der Landflächen der Firma offenbar unrechtmässig erlangt wurden und die Bevölkerung Agropalma massive Gewalt und Menschenrechtsverletzungen vorwirft. Die 10 Label von Agropalma halten offensichtlich ihre Versprechen nicht ein und versagen.
Zudem arbeitet die EU daran, weitere Freihandelsabkommen abzuschließen, darunter mit den südamerikanischen MERCOSUR-Ländern. Doch verstärkter Freihandel und das angestrebte Wirtschaftswachstum werden dem Naturschutz wohl kaum helfen.