Brasilien - Völkermord an den Yanomami

Lula da Silva Präsident Lula da Silva spricht mit betroffenen Yanomami in einem provisorischen Gesundheitscamp in Boa Vista, Roraima, am 21.1.2023 (© Ricardo Stuckert/PR CC BY-SA 2.0) IIlegale Goldmine in Brasilien Foto von einem Einsatz der brasilianischen Umweltbehörde IBAMA bei den Munduruku im Bundesstaat Pará. Im gesamten Amazonasgebiet zerstören illegale Goldsucher die Natur und indigenen Schutzgebiete (© Vinícius Mendonça/Ibama/CC BY-SA 2.0)

07.02.2023

Aus dem Regenwald der Yanomami gelangen schockierende Bilder und Nachrichten an die Weltöffentlichkeit. Tausende illegale Goldsucher haben deren staatlich anerkanntes Territorium im Amazonasregenwald überfallen, besetzt, die Lebensgrundlagen der Ureinwohner zerstört und vergiftet: Die Menschen sterben an eingeschleppten Krankheiten, Quecksilber und Hunger.

Die veröffentlichten Bilder und Fernsehberichte zeigen eine humanitäre Katastrophe bei den etwa 26.000 im Norden Brasiliens lebenden Yanomami: Kinder mit vom Hunger und von Parasiten aufgedunsenen Bäuchen, bis auf die Knochen abgemagerte Menschen, kranke, apathische und verzweifelte Personen, die völlig am Ende ihrer Kräfte sind.

"Es sieht aus wie ein Konzentrationslager", zitiert Reuters aus einem Radiointerview den indigenen Gesundheitsminister Weibe Tapeba. „Das brasilianische Militär sollte die illegalen Goldgräber aus dem Yanomami-Reservat räumen“, so der Arzt, der von der neuen brasilianischen Regierung in dieses Amt berufen wurde. 

20.000 in den Regenwald der Yanomami eingefallene bewaffnete Goldwäscher haben Krankheiten wie Covid-19, Gewalt, Gesetzlosigkeit, Prostitution, Alkohol und Drogen einschleppt, haben unrechtmäßig Camps, Fahrwege, Flugpisten, Kneipen und Bordelle errichtet.

Die Goldsucher haben den Regenwald und besonders die Flussläufe verwüstet, die Urwaldbäume abgeholzt, die Böden und die Flusssedimente mit Baggern und mit den Wasserstrahlen schwerer Pumpen zerwühlt und ausgewaschen. Die Lebensgrundlagen der Yanomami werden dadurch nicht nur zerstört, sondern auch dauerhaft vergiftet.

Neben Gold haben es die illegalen Schürfer auch auf andere wertvolle Bodenschätze wie Kassiterit abgesehen, aus dem Zinn gewonnen wird, berichten Reporter Brasil und O Globo. Das silberweiß glänzende Metall wird vor allem als Lötzinn, zur Produktion von Weißblech wie Konservendosen sowie für Chemikalien und Pigmente verwendet. Der Wert liegt im internationalen Handel bei etwa 28.000 US-Dollar pro Tonne Zinn.

Was man auf den Fotos nicht sieht ist das Quecksilber, das überall die Böden, das Wasser und die Ökosysteme verseucht. Die Goldsucher benutzen das toxische Schwermetall, um damit den ausgewaschenen Goldstaub zu binden. Die Yanomami, die das Wasser trinken, in den kontaminierten Flüssen Fische fangen oder auf den Böden Landwirtschaft betreiben, werden vergiftet.

Neue brasilianische Regierung greift ein

Die Yanomami weisen schon seit Jahren ständig auf die katastrophale Situation hin, doch ihre Appelle an die brasilianischen Behörden und die Regierung blieben bisher weitgehend ungehört. Nun hat die neue brasilianische Regierung am 20. Januar 2023 einen Gesundheitsnotstand für das Territorium der Yanomami im Amazonasregenwald ausgerufen.

Staatliche Einsatzkräfte transportieren jetzt kranke und hungernde Yanomami in Gesundheitseinrichtungen und werfen aus Hubschraubern Nahrungsmittelpakete ab. Spezialeinheiten von Polizei und Miltär haben begonnen, die Eindringlinge aufzugreifen und zu vertreiben. Einige der eingesetzen Bagger, Pumpanlagen, aber auch ein Flugzeug wurden zerstört. Eine wichtige Frage ist, wohin nun die Goldsucher ziehen.

Besuch von Lula da Silva und Sônia Guajajara in Boa Vista

Erwachsene, die so viel wiegen wie Kinder, Kinder, die an Unterernährung, Malaria, Durchfallerkrankungen und anderen Krankheiten sterben“, erklärt Brasiliens Präsident Lula da Silva . Zusammen mit der Ministerin für Indigene, Sônia Guajajara, besucht er ein provisorisch errichtetes Gesundheitszentrum in Boa Vista im Bundesstaat Roraima nördlich des Amazonas.

"Mehr als eine humanitäre Krise war das, was ich in Roraima gesehen habe, ein Völkermord, ein vorsätzliches Verbrechen gegen die Yanomami, begangen von einer Regierung, die kein Gefühl für das Leid hat", so Lula da Silva weiter, der im Januar 2023 sein Präsidentenamt von seinem Vorgänger Jair Bolsonaro übernommen hat. 570 Yanomami-Kinder sollen während dessen Amtszeit gestorben sein.

Ex-Präsident Bolsonaro förderte illegalen Bergbau

Unter der abgewählten Regierung von Bolsonaro und der seines Vorgängers Michel Temer wurden nicht nur die Hilfsappelle der Yanomami oder Anordnungen des höchsten Gerichtes ignoriert. Es wurden auch für die Ureinwohner vorgesehene Gelder und Mittel zweckentfremdet, Finanzen und das Personal der Indigenenbehörde FUNAI und der Umweltbehörde IBAMA abgezogen.

In Brasilien gäbe es zu viel Land für wenige Ureinwohner, erklärte Bolsonaro. Und in ihren Regenwaldterritorien viel Holz und Bodenschätze, die ausgebeutet werden sollten. Er wollte dazu den illegalen Bergbau (portugiesisch "Garimpo") in den Gebieten legalisieren. Unverhohlen rief er dazu auf, die staatlich anerkannten und geschützten Territorien der indigenen Völker zu besetzen und zu plündern. Nun hat das oberste Gericht Brasiliens angeordnet, das die Bundesstaatsanwaltschaft Bolsonaro und seine Regierung wegen Völkermords und anderen Verbrechen an den Yanomami zu untersuchen.

Projekt bei den Tukano

Rettet den Regenwald unterstützt über das Instituto Nova Era die indigenen Tukano, die westlich von den Yanomami in ihrem staatlich anerkannten Territorium TI Balaio im Bundesstaat Amazonas leben. Auch hier im Regenwald am Rio Negro ist die Versorgungslage der Menschen schlecht. Ein begonnenes Projekt zum Anbau von Heilpflanzen und dem Einsatz von Naturheilkunde wurde auf dringende Bitte der Tukano auf den Anbau von Nahrungsmitteln umgestellt. In dem abgelegenen Gebiet müssen sich die Menschen vor allem selbst versorgen.

Aktualisiert am 9.2.2023

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