EU will gegen Rohstoff-Importe aus Abholzungsgebieten vorgehen

Fotomontage: Vor einer Rodungsfläche im Regenwald ist ein Sackgassen-Verkehrsschild eingesetzt © Rainforest Action Network - Montage Rettet den Regenwald - CC BY-NC 2.0

24.04.2023

Mit einer neuen Verordnung will die EU die Wälder der Erde besser vor den Auswirkungen unseres Rohstoffverbrauchs schützen. Unternehmen müssen künftig sicherstellen, dass für einige ihrer Rohstoffe und Produkte, die in der EU verkauft werden, keine Wälder abgeholzt oder geschädigt werden. Entscheidend ist nun, wie die EU und ihre Mitgliedsstaaten die Verordnung in der Praxis effektiv umsetzen.

Land- und forstwirtschaftliche Aktivitäten sind Hauptverursacher der globalen Waldrodung. Insbesondere die Importe und der Konsum von Rindfleisch, Palmöl, Soja und Holz sind für die Abholzung von Wäldern und die Umwandlung der Flächen für die Land- und Forstwirtschaft verantwortlich.

Nach einem dreijährigen Verfahren hat die Europäische Union Mitte April eine Verordnung beschlossen, die den Konsum einiger Produkte umweltfreundlicher machen soll. Unternehmen dürfen bestimmte Rohstoffe nur noch importieren und daraus hergestellte Produkte in der EU verkaufen, wenn die entsprechenden Lieferanten eine sogenannte Sorgfaltserklärung abgegeben haben. Damit will die EU die Wälder und damit auch die Artenvielfalt und das Klima besser schützen.

Aus Sicht von Rettet den Regenwald ist es ein Schritt in die richtige Richtung, ein weiterer Mosaikstein, um die weltweite Abholzung zu reduzieren.

Die Verordnung umfasst folgende Agrar- und Forstprodukte:

  • Holz einschließlich Druckerzeugnisse, Holzkohle, Möbel
  • Kaffee
  • Kakao einschließlich Schokolade
  • Kautschuk
  • Palmöl einschließlich einiger Palmölderivate
  • Rinder einschließlich Rindfleisch, Rinderleder
  • Soja

Auf Initiative des EU-Parlaments schließt die Verordnung auch die Umwandlung von Primärwäldern oder natürlich nachwachsenden Wäldern in Holzplantagen aus. Denn rund um den Globus werden artenreiche Urwälder abgeholzt und dann in öde industrielle Holzmonokulturen umgewandelt, um die Holz-, Möbel-, Papier- und Zellstoffindustrie zu versorgen. Zumeist werden dafür standortfremde Baumarten wie Akazien-, Eukalyptus- und Kiefernarten gepflanzt. Die Holzplantagen sind nicht mit Wäldern vergleichbar – sie erbringen deren vielfältige Funktionen und Leistungen nicht.

Bei Verstößen sollen die Strafen nach Angaben der EU verhältnismäßig und abschreckend sein. Die höchste Geldstrafe muss mindestens 4 % des gesamten Jahresumsatzes des verstoßenden Unternehmens oder Händlers in der EU betragen.

Alles entscheidend ist nun, wie die EU und ihre Mitgliedsstaaten die Verordnung in der Praxis effektiv umsetzen. Sie müssen dazu die meist sehr verschlungenen und intransparenten Lieferketten überprüfen und feststellen, ob die Unternehmen die Verordnung einhalten. Die Behörden sollen demnach Zugang zu Informationen erhalten, die die Unternehmen zur Verfügung stellen. Dazu können beispielsweise die geografischen Koordinaten des Anbaugebietes oder die Überwachung mittels Satellitendaten gehören.

Die Schwächen/Grenzen der EU- Verordnung:

  • Sie gilt nur für Abholzungen nach dem 31. Dezember 2020 und

  • nur für Wälder: Savannen wie der artenreiche Cerrado in Brasilien und die Savannen in Afrika und andere Ökosysteme sind nicht enthalten.

  • Erzeuger, die die aufgeführten Produkte in die EU verkaufen, können bereits vor dem Stichtag gerodete Landflächen in Beschlag nehmen und dort neue landwirtschaftliche Flächen anlegen.

  • Erzeuger können sich für den Anbau ihrer Export-Produkte Landflächen aneignen, die schon vor dem 31.12.2020 gerodet worden sind. Oft von lokalen Kleinbauern, die von ihrem Land vertrieben wurden und nun gezwungen sind, für neue Ackerflächen Waldgebiete zu roden.

  • Andere Agrarprodukte mit Waldrodungsgefahr wie Ananas, Bananen, Kokos, Mais, Reis, Shrimps, Zitrusfrüchte, Zuckerrohr aber auch Milch- und Molkereiprodukte sind nicht enthalten.

  • Für Finanzinstitutionen, die die Agrarindustrie finanzieren, gilt diese Verordnung nicht.

  • Die Einhaltung von Menschenrechten richten sich nur nach den lokalen Gesetzen, die aber häufig systematisch und aufs gröbste und ohne Strafverfolgung durch die zuständigen Behörden verletzt werden. Also letztendlich oft unwirksam sind.

  • Weitere zeitliche Verzögerungen: Die EU-Kommission hat 18 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung Zeit, Länder und Regionen in eine von drei Kategorien einstufen: Länder mit geringem, normalem oder hohem Risiko für Waldschädigungen.

Aktuell werden nach Schätzung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) weltweit pro Jahr 10 Millionen Hektar Wälder gerodet. Zwischen 1990 bis 2020 wurden laut FAO insgesamt 420 Millionen Hektar Wald in landwirtschaftlich genutzte Fläche umgewandelt, führt das EU-Parlament an. Das entspricht einer Fläche so groß wie die gesamte EU. Der Verbrauch in der EU ist für etwa 10 Prozent dieser weltweiten Entwaldung verantwortlich, das entspricht der Fläche von Deutschland und Österreich zusammen.

Die EU-Kommission hat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eine öffentliche Konsultation durchgeführt, die mit mehr als 1,2 Millionen Antworten auf ein sehr großes öffentliches Interesse gestoßen ist. Den Menschen in Europa sind Maßnahmen der EU gegen Entwaldung und Waldschädigung sehr wichtig, folgert das EU-Parlament.

Der Gesetzestext muss noch vom EU-Rat förmlich gebilligt werden. Anschließend wird er im Amtsblatt der EU veröffentlicht, um dann 20 Tage später in Kraft zu treten.


  1. Verordnung beschlossen Euroapäisches Parlament 2023. Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. April 2023 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bereitstellung bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen, auf dem Unionsmarkt sowie ihre Ausfuhr aus der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 995/2010 (COM(2021)0706 – C9-0430/2021 – 2021/0366(COD)): https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2023-0109_DE.html

  2. gerodet FAO 2020. The State of the Worlds Forests 2020: https://www.fao.org/state-of-forests/en/

  3. laut FAO FAO. 2020. Global Forest Resources Assessment 2020: Main report: https://www.fao.org/3/ca9825en/ca9825en.pdf

  4. EU-Parlament an Europäisches Parlament 2023. Parlament nimmt neues Gesetz zur Bekämpfung der weltweiten Entwaldung an: https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20230414IPR80129/parlament-nimmt-neues-gesetz-zur-bekampfung-der-weltweiten-entwaldung-an

  5. öffentliche Konsultation durchgeführtEuropäische Kommission 2020. Über diese Konsultation - Entwaldung und Zerstörung von Wäldern – Verringerung der Auswirkungen von in der EU verkauften Erzeugnissen: https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12137-Minimising-the-risk-of-deforestation-and-forest-degradation-associated-with-products-placed-on-the-EU-market/public-consultation_de

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