Korindo vor Indigenengericht in Papua
20.09.2023
Die indigenen Marind aus dem Distrikt Merauke haben den Konzern Korindo nach ihrem traditionellen Gesetz verurteilt. Wer aber hat im Land der Papuas die Macht?
Strafe für Korindo nach indigenem Recht
Urwaldpflanzen und Palmblätter zieren ein buntes Kreuz direkt vor dem Eingangstor der Palmölfirma PT Dongin Prabhawa des Korindo-Konzerns. Eine Gruppe Papuas vom Volk der Marind hat sich zu einem Gerichtsverfahren versammelt. Die Anklage lautet: Zerstörung des Waldes und Errichtung einer Plantage ohne Zustimmung der Marind in Tabul Epe, am Digoel-Fluss im Süden von Papua, Indonesien. Das Kreuz markiert das Territorium der Marind und darf nach indigenem Recht weder entfernt noch überschritten werden.
Korindo, ein indonesisch-südkoreanischer Konzern, hat seit Jahrzehnten eine Konzession für den Einschlag von Tropenholz. Kaum ein Gebiet auf der Erde scheint so abgelegen wie der Wald, aus dem Korindo das wertvolle Holz holt. Es liegt am Oberlauf des Flusses Digoel dicht an der Grenze zu Papua-Neuguinea. Mit dem Palmölboom ist Korindo auch ins Palmölgeschäft eingestiegen und holzt seither auch im Distrikt Merauke große Waldflächen für Plantagen ab, laut Recherchen vor Ort sogar außerhalb der staatlich genehmigten Fläche.
Die einheimische Bevölkerung, indigene Papua vom Volk der Marind (auch: Malind), die vom Wald leben, hat schon 2016 erklärt, dass sie keine Plantage in ihrem angestammten Waldgebiet erlaubt. Doch Korindos Palmölfirma PT Dongin Prabhawa ignoriert die Ablehnung der Marind und bepflanzt offensichtlich auch die Flächen außerhalb der Konzession.
Damit würde die Firma gegen staatliche Gesetze und das international verbriefte Recht der Indigenen auf vorherige, freie und informierte Zustimmung (FPIC) verstoßen. Aber auch gegen die Gesetze der Indigenen (Adat-Recht), die Schutz und Nutzung der Natur seit Jahrhunderten erfolgreich regeln. Dringende Gründe also für einen Prozess nach indigenem Recht, da nationale und internationale Rechtssysteme passiv bleiben..
„Wir haben schon vier Mal mit der Firma verhandelt. Die Gesetzesübertretungen müssen sofort geahndet werden“, so ein Vertreter der Marind von der Sippe Samakakai.
Als Strafe wurden Entschädigungen für den Verlust von Wald und eine Buße für das Entfernen des Kreuzes festgesetzt. Korindo hat noch nicht reagiert.
Welche Bedeutung ein Prozess nach dem Adat-Recht haben kann, ist für Außenseiter nicht leicht nachzuvollziehen. Korindo könnte den Prozess ignorieren, ohne mit dem Staat in Konflikt zu kommen. Doch soziale Konflikte und unwiederbringliche Naturzerstörung sind die Folge, welche Dank der strengen Adat-Gesetze vermieden werden können.
Geschäft mit Land und Wald in Papua
Seit einigen Jahren explodiert das Geschäft mit den Naturressourcen Papuas geradezu. Vor zehn Jahren gab es eine Handvoll kleine Palmölplantagen, heute aber sind 2.208.004 Hektar Regenwald allein für Palmöl in Konzession vergeben und teilweise schon abgeholzt. Fast zwei Millionen Hektar davon sind noch Urwald, und dieser wird von Papua-Gemeinschaften als Adat-Wald beansprucht. Adat-Wald ist nicht mehr Staatswald, der Staat kann ihn nicht in Konzession an Unternehmen vergeben.
Umweltgruppen, kirchliche Institutionen und auch einige Lokalpolitiker haben die Firmen gründlich unter die Lupe genommen und viele Unregelmäßigkeiten erkannt. Sie konnten die Provinzregierungen Papua überzeugen, alle Palmölplantagen einer Revision zu unterziehen. Auf der Basis von juristischen und Satelliten-Analysen wurden zahlreiche Gesetzesübertretungen festgestellt. Die Provinzregierungen Papuas nehmen die Analysen ernst und empfehlen dem Forstministerium, Dutzenden Firmen die Genehmigungen zu entziehen. Dies ist zum Teil geschehen.
Die weiterführenden Schritte in Sachen Palmölfirmen obliegen der im April 2023 eingerichteten Palmöl-Inspektions-Behörde Satgas Sawit (Satuan Tugas Peningkatan Tata Kelola Industri Kelapa Sawit dan Optimalisasi Penerimaan Negara). Sie untersteht Minister Luhut Binsar Panjaitan. Bisher hat sie noch keine Ergebnisse vorzuweisen.
Widerstand gegen Palmöl
Überall in Papua entflammen Proteste gegen die rasante Expansion von Palmölplantagen, denn die Folgen sind allzu grausam. Die großflächige Abholzung und die von mächtigen Industrien aufgezwungene Wirtschaftsweise zerstören Kulturen und Existenzen der Papuas und sind ein brutaler Angriff auf das letzte wirklich große Waldgebiet im asiatisch-pazifischen Raum, mit Folgen für die Biodiversität und das globale Klima.
Auch nach nationalen und internationalen Gesetzen dürfen nicht straflos bleiben:
- Landraub
- Missachtung der Rechte der Indigenen
- Missachtung der Arbeiterrechte
- Gewalt
- Kahlschlag von Regenwald
- Umweltverschmutzung
Laut Recherchen unserer Partnerorganisation Pusaka sind folgende Firmen für Verletzungen der Menschenrechte und des Umweltrechts verantwortlich:
- PT Permata Nusa Mandiri in Lembah Grime Nawa, Jayapura;
- PT Indo Asiana Lestari in Kali Mappi, Boven Digoel;
- PT Pusaka Agro Lestari in Mimika;
- PT Dongin Prabhawa in Mam;
- PT Bio Inti Agrindo in Muting, Merauke;
- PT Permata Putera Mandiri in Jamarema, Süd-Sorong;
- PT Subur Karunia Raya in der Bintuni-Bucht;
- PT Inti Kebun Sejahtera in Moisegin, Sorong.
Die Macht der Palmöl-Konzerne im Süden Papuas
Die meisten Plantagen in Papua gehören großen Konzernen, ein Großteil davon ist in ausländischer Hand oder vom Ausland finanziert. Diese Konzerne verkaufen ihr Palmöl weltweit.
Über die größten Konzessionsflächen, teils über die gesetzliche Maximalfläche hinaus, verfügen:
(1) Korindo (2021 umbenannt in Tunas Sawa Erma) 148.651 Hektar;
(2) Indo Gunda (Salim Group) mit sechs Firmen 135.177 Hektar;
(3) Pacific Interlink mit drei Firmen 118.321 Hektar;
(4) Capitol Group mit drei Tochterunternehmen 97.046 Hektar;
(5) Austindo Nusantara Jaya mit drei Tochterunternehmen 82.468 Hektar;
(6) Digoel Agri mit zwei Tochterunternehmen 78.630 Hektar;
(7) KPN Group mit zwei Tochterunternehmen 73.540 Hektar;
(8) Indonusa Agromulia mit drei Tochterunternehmen 62.174 Hektar;
(9) Cliandry Anky Abadi mit drei Tochterunternehmen 53.968 Hektar;
(10) Sinar Mas mit zwei Tochterunternehmen 40.678 Hektar.
Korindo (= Tunas Sawa Erma) erklärt auf der Webseite seine Politik der Nachhaltigkeit, des Respektes der Arbeiter-, der Menschen- und der Indigenenrechte, des Umwelt- und Klimaschutzes und mehr. Die Firma verfügt über das indonesische Nachhaltigkeitssiegel ISPO.
Das Gericht der indigenen Marind urteilt anders.
Quelle: Dokumentation von Pusaka