Gipfel in Brazzaville ignoriert indigene Regenwaldschützer
30.10.2023
Die Rufe nach mehr Schutz der Natur kamen aus aller Welt. Zum Regenwaldgipfel „3 basin summit“ in Brazzaville hatten 60 Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen in einer Erklärung gefordert, indigene Völker ins Zentrum zu stellen. Doch die Regierungen bevorzugen die Ausbeutung von Ressourcen wie Erdöl.
Drei Tage lang konferierten 3.000 Vertreter der drei Regenwaldregionen Amazonien, Kongobecken und Südostasien in Brazzaville. Es sollte die Zusammenarbeit in den Ländern, die 80 Prozent der Regenwälder beheimaten, stärken. Doch nur wenige Staats- und Regierungschefs nahmen an dem Treffen teil; Indonesien und Brasilien nicht. Entsprechend war das Ergebnis eine magere Deklaration. So seien die beschlossenen „Elemente“ die „Grundlage eines Fahrplans“, die während des „Aufbaus des gemeinsamen Rahmens für die Zusammenarbeit“ überarbeitet werden könnten.
Ein Statement von Félix Tshisekedi, Präsident der Demokratischen Republik Kongo, zeigt, wie komplex die Situation ist. Medienberichten zufolge sagte er:
„Im Virunga-Park, einem der bedeutendsten Naturschutzgebiete der Welt (…), wird dieses Ökosystem derzeit durch bewaffnete Aktivitäten gefährdet und zerstört. Und diese Entscheidung wurde nicht in Washington, Brüssel, London oder Paris getroffen. Sie wurde in Afrika getroffen, genauer gesagt in Kigali.“
Dabei verschweigt er, dass der Virunga Nationalpark auch dadurch bedroht ist, dass seine Regierung dort derzeit Erdöl-Lizenzen versteigert. Zudem macht er das Nachbarland Ruanda für die verheerende Sicherheitslage im Osten seines Landes verantwortlich, als wäre er machtlos.
Im Vorfeld hatten 59 Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen, darunter Rettet den Regenwald, das Treffen kritisiert. Es ignoriere die wachsende Bedrohung der Tropenwälder durch die Rohstoffindustrie, mißachte die Rechte der örtlichen Bevölkerung und beteilige die Zivilgesellschaft zu wenig. Dabei geht es insbesondere um die Ausbeutung von Öl und Gas und um Bergbauprojekte, insbesondere Nickel in Indonesien.
Die Organisationen Earth Insight und Rainforest Foundation UK veröffentlichten zum Gipfel Karten, die das Ausmaß der Regenwaldzerstörung und der Bedrohungen zeigen.
Hier finden Sie eine Übersetzung der Erklärung der Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen:
Die Bedrohung der Tropenwälder wächst: Die Rechte indigener Völker und örtlicher Gemeinschaften müssen im Mittelpunkt der Three Basins Initiative stehen
An: Die Staatsoberhäupter der Länder der Three Basins Summit Initiative
Lösungen für die Abholzung der Tropenwälder müssen innerhalb der Tropenwaldländer gefunden werden. Deshalb begrüßen wir eine verstärkte Süd-Süd-Zusammenarbeit und das Treffen des Three Basin Summits vom 26. bis 28. Oktober in Brazzaville, Republik Kongo.
Wir, die unterzeichnenden Indigenen-, Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen und weitere Vertreter der Zivilgesellschaft möchten jedoch unsere Besorgnis über die Ausrichtung der Initiative zum Ausdruck bringen, insbesondere über die Vernachlässigung der Auswirkungen der Rohstoffgewinnung und anderer schädlicher Industrien auf die Regenwälder sowie über die mangelnde Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Betroffenen.
Während es das erklärte Ziel des Gipfels ist, die drei großen Regenwaldgebiete der Erde zu erhalten und wiederherzustellen, zeigen Studien, dass viele Anrainerstaaten in der Praxis Pläne vorantreiben, die genau das Gegenteil bewirken werden.
Zum Beispiel:
In Amazonien: Bestehende und geplante Öl- und Gasblöcke überschneiden sich mit schätzungsweise 65 Millionen Hektar Tropenwald, eine Fläche, fast doppelt so groß wie Polen, und mehr als 25 Millionen Hektar indigene Territorien.
Im Kongobecken: Öl- und Gasblöcke überschneiden sich mit mehr als 70 Millionen Hektar Tropenwald, eine Fläche, fast doppelt so groß wie Deutschland. Mehr als 32 Millionen Menschen beziehungsweise mehr als 20 Prozent der Einwohner der Länder des Kongobeckens leben heute in Öl- und Gasblöcken.
In Indonesien: Öl- und Gasblöcke überschneiden sich mit mehr als 11 Millionen Hektar tropischer Feuchtwälder, in denen sich fast 100.000 Siedlungen befinden, darunter eine große Anzahl indigener und anderer Gemeinschaften.
Unterdessen werden immer mehr indigene Völker und Umweltschützer verfolgt und getötet, weil sie die Waldgebiete verteidigen, zu deren Schutz der Three Basins Summit aufgerufen hat. Oft nutzen die Täter ihre Macht und ihren Einfluss, um fortgesetzt ungestraft Leben und Wälder zu zerstören. Es wird unmöglich sein, die globalen Klima- und Biodiversitätsziele zu erreichen, wenn der Weg des immer weiter expandierenden Extraktivismus weiter beschritten wird.
Wir brauchen einen anderen Weg, der auf einer gerechten Energiewende, einer nachhaltigen Wirtschaft und dem Schutz der Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften zur Verteidigung und Bewirtschaftung ihrer Gebiete beruht. Wälder, die unter der Obhut dieser Gruppen stehen, speichern mehr Kohlenstoff, beherbergen eine größere biologische Vielfalt und kommen mehr Menschen zugute.
Wir sind zutiefst besorgt darüber, dass sich die Three Basins-Initiative mehr mit den Kohlenstoffmärkten beschäftigt und weniger mit den Rechten der indigenen Völker und anderer Menschen, die mit Entwaldung und Waldschädigung konfrontiert sind. Vertreter der Zivilgesellschaft haben auch die Schwierigkeiten bei der Akkreditierung kritisiert, ganz zu schweigen davon, dass es nicht möglich war, den Inhalt der Veranstaltung wesentlich zu beeinflussen. Die Marginalisierung dieser Akteure wird dazu führen, dass noch mehr von oben verordnete und unwirksame Maßnahmen ergriffen werden, die die Menschen und die Wälder schon so oft im Stich gelassen haben.
Daher fordern wir die Regierungen der Three Basins auf, sich in ihrem Abschlusskommuniqué und bei allen nachfolgenden Arbeiten zu Folgendem zu verpflichten:
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Ausweitung der Rechtsstaatlichkeit, der Demarkierung und Anerkennung der Territorien und Gebiete der örtlichen Gemeinschaften als Voraussetzung für einen wirksameren Schutz der Wälder.
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Wahrung des Rechts der Gemeinschaften auf vollständige und wirksame Beteiligung an der Entscheidungsfindung über alle in diesen Gebieten geplanten Entwicklungen; Achtung des Rechts der indigenen Völker auf freie, vorherige und informierte Zustimmung sowie Gewährleistung des Schutzes derjenigen, die in freiwilliger Isolation leben.
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Stärkung und Schutz der indigenen Völker und anderer Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten, unter anderem durch besseren Zugangs zur Justiz.
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Stopp und Umkehr des Verlusts und der Verschlechterung aller natürlichen Ökosysteme durch industrielle Landwirtschaft, Bergbau, Rohstoffgewinnung und andere Industrien, zum Beispiel durch ein weltweites Moratorium für industrielle Aktivitäten in Primärwäldern und prioritären Wäldern.
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Beschleunigung einer wirklich kohlenstoffarmen Entwicklung in den Tropenwaldländern durch eine gerechte Energiewende, die die Wälder sowie die Rechte und die Ernährungssouveränität lokaler Gemeinschaften und indigener Völker schützt.
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Verabschiedung terminierter und messbarer Ziele zur Erreichung dieser Ziele, um Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten.
Darüber hinaus rufen wir die internationale Gemeinschaft und insbesondere die Regierungen des globalen Nordens dazu auf:
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Den Verbrauch von wald- und klimazerstörenden Rohstoffen zu reduzieren.
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Mehr und qualitativ bessere Investitionen in den Waldschutz in den drei Einzugsgebieten zu tätigen, auch in von indigenen Völkern geführte Fonds.
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Eine neue Finanzierungsstruktur für Wälder voranzutreiben, unter anderem durch eine globale Kohlenstoffabgabe, die Umlenkung von Subventionen, gerechte Zahlungen für Ökosystemleistungen und einen Schuldenerlass, wobei sicherzustellen ist, dass ein weitaus größerer Anteil dieser Mittel direkt an indigene Völker, lokale Gemeinschaften und Basisorganisationen fließt.
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Einkommensschwache Personen und Gruppen vor den potenziellen regressiven Auswirkungen der globalen Energiewende durch soziale Schutzmaßnahmen, Zuschüsse und Steuerreformen zu schützen und ihnen Zugang zu erschwinglichen erneuerbaren Energien zu gewährleisten.
Mit freundlichen Grüßen
Unterzeichner:
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Aceh Wetland Foundation – Indonesien
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Action Communautaire pour l'accompagnement des Peuples Autochtones et Développement Local (ACPADEL) - Kamerun
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Actions pour la Promotion et Protection des Peuples et Espèces Menacés (APEM) - DRC
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Africa Institute for Energy Governance (AFIEGO) - Uganda
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Ajemalebu Self Help (AJESH) - Kamerun
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Appui à l’autopromotion et l’insertion des femmes, des jeunes et des désœuvrés (APIFED) - Kamerun
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Association Paysanne pour la Réhabilitation et Protection des Pygmées (PREPPYG) - DRC
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Association pour la défense et la promotion des peuples autochtones – Republik Kongo
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CENTRAL ASHANINKA DEL RIO ENE – Peru
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Centre Africain pour le Développement Durable et l'Environnement ( CADDE) - Gabun
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Centre d’Actions pour le Développement (CAD) - Republik Kongo
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Centre D’Appui à la Gestion Durable des Fôrets Tropicales (CAGDFT) - DRC
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Centre d'Appui pour le Développement Durable (CADD) - Zentralafrikanische Republik
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Centre pour le Développement et l'Environnement (CED) - Kamerun
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Coalition des Organisations de la Société Civile pour le Suivi des Réformes et de l Action Publique (CORAP) - DRC
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Comptoir Juridique Junior (CJJ) – Republik Kongo
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Dynamique des Groupes des Peuples Autochtones (DGPA) – DRC
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Dynamique pour le Développement Durable du Massif d'Itombwe -DRC
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EcoCiencia - Ecuador
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EcoDev - Kamerun
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EcoNusa Foundation – Indonesien
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Feri Irawan, Perkumpulan Hijau, Indonesien
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Fondation Camerounaise Terre Vivante (FCTV) - Kamerun
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Forêts et Développement Rural (FODER) - Kamerun
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Forest Watch Indonesien
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Forum pour la gouvernance et les droits de l'Homme (FGDH) – Republik Kongo
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Friend of the Earth – Sri Lanka
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GeoFirst Development - DRC
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Groupe d’action pour sauver l’homme et son environnement (GASHE) - DRC
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JARINGAN ADVOKASI TAMBANG SULAWESI TENGAH - Indonesien
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JPIC Kalimantan - Indonesien
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Mouvement de Jeunes pour la Protection de l’Environnement (MJPE) - DRC
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Observatoire Congolais des Droits de l'Homme (OCDH) – Republik Kongo
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Réseau pour la Conservation et la Réhabilitation des Écosystèmes Forestiers (Réseau CREF) - DRC
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Rencontre pour la Paix et les Droits de l'Homme (RPDH) – Republik Kongo
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Save Our Borneo - Indonesien
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Tasha Research Institute Africa - Uganda
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Travail en Réseau avec les Fédérations des Femmes et Enfants en Détresse - DRC
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Trend Asia - Indonesien
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WALHI East Nusa Tenggara - Indonesien
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WALHI South Sulawesi - Indonesien
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Yayasan Pusaka Bentala Rakyat – Indonesien
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YIHU - Indonesien
Unterstützt von
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Amazon Watch
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Amnesty International
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Earth Insight
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Earthrights International
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Environmental Investigation Agency
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Global Witness
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Green Finance Observatory
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Greenpeace Africa
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Rainforest Action Network
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Rainforest Foundation Norway
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Rainforest Foundation US
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Rainforest Foundation UK
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Rettet den Regenwald Schweiz
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Rettet den Regenwald – Deutschland
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STAND.earth
wenige Staats- und RegierungschefsTeilgenommen haben Medienberichten zufolge die Staats- und Regierungschefs aus der Republik Kongo, der Demokratischen Republik Kongo, der Zentralafrikanischen Republik, Gabun, Guinea-Bissau, Burundi, Kenia, São Tomé und Príncipe und von den Komoren. Venezuela und Kolumbien schickten Minister. UN-Generalsekretär Antonio Guterres, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Brasiliens Präsident Lula da Silva waren per Video zugeschaltet.
Hier ist das geplante Programm des Gipfels.
DRCDRC steht für Demokratische Republik Kongo