Untersuchungen gegen den Gitarrenhersteller Gibson wegen Tropenholzimporten
04.10.2011
Die Firma Gibson wird beschuldigt, in mindestens zwei Fällen gegen ein US-Gesetz verstoßen zu haben, den sogenannten Lacey Act. Konkret handelt es sich um aus Madagaskar und Indien importiertes Palisander- und Ebenholz. Rettet den Regenwald hat eine Protestaktion gegen den Gitarren-Hersteller gestartet, zu der uns viele Zuschriften erreichten. Hier eine Stellungnahme
Der Verein Rettet den Regenwald hat am 9. September die Aktion "Illegales Tropenholz für Edelgitarren?" gestartet, an der bereits fast 16.000 Menschen teilgenommen haben. Uns haben dazu zahlreiche Zuschriften erreicht. Manche halten die Vorwürfe gegen Gibson für übertrieben und ungerechtfertigt, oder schreiben, dass andere Gitarrenhersteller viel größer und schlimmer seien. Wir möchten dazu nachfolgend Stellung nehmen. Unserem Verein geht es darum, dass die Regenwälder und ihre Bewohner erhalten und geschützt sowie Abholzer überführt und bestraft werden:
Die Firma Gibson wird beschuldigt, in mindestens zwei Fällen gegen ein US Gesetz verstoßen zu haben, den sogenannten Lacey Act. Konkret handelt es sich um aus Madagaskar und Indien importiertes Palisander- und Ebenholz. Das bereits seit langem bestehende Gesetz wurde 2008 erweitert, um endlich den Import und Handel mit illegalen Hölzern zu verbieten. Bis zu 40 Prozent des weltweit produzierten Holzes werden ohne Genehmigung gerodet, jedes fünfte in die EU importierte Holz stammt aus solchen Quellen. Milliarden Euro und US-Dollar nimmt die Holzmafia jedes Jahr mit dem widerrechtlich geschlagenen Hölzern ein, und richtet ein Vielfaches an Schäden an.
Zu den laufenden Ermittlungen der US Behörden gegen Gibson kann Rettet den Regenwald im Einzelnen nichts sagen. Es besteht allerdings der Eindruck, dass Gibson versucht sich als Opfer behördlicher Willkür dazustellen. Gesetze mögen einem logisch erscheinen und passen. Andere finden sie vielleicht ungerecht und unpassend, weil sie wohlmöglich die Geschäfte erschweren. Fakt ist: Entweder man hält geltende Gesetze ein, oder nicht. Im letzteren Fall muss man mit strafrechtlicher Verfolgung und anderen Konsequenzen rechnen.
Es ist gut möglich, dass auch andere Gitarrenhersteller gegen den Lacey Act oder andere Gesetze verstoßen. Das kann aber nicht als Rechtfertigung dienen, um die vermuteten Verstöße von Gibson in irgendeiner Form zu rechtfertigen. Einige Täter werden erwischt, andere vielleicht (noch) nicht. Viele Länder, so auch Indien, haben bereits seit langem Gesetze erlassen, die den Export von Rundholz und anderen unbearbeiteten Hölzern verbieten - um die Umwelt zu schützen und um die eigene Wirtschaft aufzubauen. Es gibt keinen internationalen Anspruch darauf, Hölzer aus Madagaskar oder Indien zu importieren.
Gitarrengriffbretter können auch aus anderen Hölzern oder Materialien hergestellt werden. Auf keinen Fall dürfen dafür Regenwälder gerodet und Gesetze gebrochen werden. Gibson und andere Hersteller von Musikinstrumenten werden in jedem Fall sehr bald kein Palisander-, Eben- oder andere tropische Edelhölzer mehr verwenden können, weil es schlichtweg kaum noch Holz davon gibt. Die natürlichen Regenwälder wurden von der Holzindustrie geplündert und gerodet. Bäume der Arten wurden nicht angepflanzt. Aufforstungen mit Palisander- und Ebenholz kennen wir jedenfalls nicht. Die Bäume wachsen sehr langsam und gedeihen natürlich nur in tropischen Primärwäldern.
Die Regierungen von Madagaskar und Panama haben Ende September 91 Arten von Eben- und Palisanderhölzern auf das sogenannte Washingtoner Artenschutzabkommen (WA) setzen lassen. Das internationale Vertragswerk (auf englisch Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora – CITES) wurde bisher von 175 Ländern unterzeichnet und verbietet oder beschränkt den Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten weltweit.
Soweit bekannt, soll im Falle der Palisanderholz-Importe aus Madagaskar bald Anklage gegen Gibson erhoben werden. Die Menschenrechtsorganisationen Global Witness und Environmental Investigation Agency (EIA) haben im Auftrag der madegassischen Nationalparkverwaltung und mit Geldern der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die gesamte Holzhandelskette aufgedeckt - vom illegalen Einschlag im Regenwald-Nationalpark auf Madagaskar über verschiedene Tropenholzhändler bis zu Gibson in die USA. Die Ergebnisse sind u.a. in der Studie zum internationalen Handel mit Palisander-, Eben- und Palisanderholz zusammengefasst.
Eine Mafia skrupelloser Tropenholzhändler, darunter die Société Thunam Roger, lässt seit Jahren die Wälder der Insel gesetzwidrig plündern. Selbst Schutzgebiete wie der Masoala Nationalpark bleiben nicht verschont. Hunderte von Containern stapeln sich in Lagerhallen und Häfen, gefüllt mit vom Aussterben bedrohtem Eben- und Rosenholz für den Export. Mit von der Partie ist demnach auch der Hamburger Holzhändler Theodor Nagel. Über Nagel, bei dem Gibson bereits jahrelang tonnenweise Ebenholz aus Madagaskar gekauft haben soll, wurde das geraubte Holz in die USA verschifft. Am 7. September 2011 hat das Amtsgericht Hamburg ein vorläufiges Insolvenzverfahren über das Holzhandelsunternehmen Theodor Nagel eröffnen.
Jedes Jahr werden weltweit 14 Millionen Hektar Wald abgeholzt und weitere Millionen Hektar verwüstet, vor allem die Regenwälder in den Tropen. Der Anteil des illegalen Holzeinschlags beträgt nach Angaben der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft (BFH) in wichtigen Exportländern wie Kamerun 50%, Brasilien und Indonesien über 70% und Kambodscha gar über 90%. In Russland werden die kaltgemäßigten Nadelwälder der Taiga gesetzeswirdrig geplündert. Der Anteil illegalen Holzes an den russischen Holzexporten liegt bei 30%. Auch Europa will gegen die weltweite Waldrodung vorgehen. Mit überwältigender Mehrheit (644 von 685 Stimmen) hat das EU Parlament im Juli 2010 ein Gesetz zum Importverbot von illegalen Hölzern beschlossen. Das Gesetz soll 2012 in Kraft treten.
Rettet den Regenwald hält es für selbstverständlich, dass auch beim Holzhandel nationale und internationale Gesetze eingehalten werden. Wir fordern Gibson auf, Tropenhölzer durch heimische Hölzer aus umweltfreundlicher und sozialverträglicher Waldbewirtschaftung zu ersetzen. Eine weitere Möglichkeit ist der Ersatz durch alternative Materialien, wie sie schon seit vielen Jahren im Musikinstrumentebau zum Einsatz kommen.