Für Tropenholz und Palmölplantagen: Regenwaldvernichtung immer schlimmer
25.04.2019
Die Vernichtung tropischer Wälder war 2018 so schlimm wie selten zuvor. Besonders dramatisch ist die Entwicklung in den unberührten Regenwäldern: 3,6 Millionen Hektar Primärwald wurden allein im vergangenen Jahr gerodet. Die Fläche ist größer als Belgien.
„Die Wälder der Welt befinden sich in der Notaufnahme“, sagt Frances Seymour vom World Resources Institute (WRI): „Wenngleich sie sich von großflächigen Verbrennungen durch die jüngsten Feuer erholen, blutet der Patient stark aus frischen Wunden.“
Besonders dramatisch ist den aktuellen Analysen der Organisation Global Forest Watch zufolge die Zerstörung der ursprünglichen Regenwälder. Diese Primärwälder zeichnen sich durch besonders große Artenvielfalt aus, beheimaten Jahrhunderte bis Jahrtausende alte Bäume und sind Habitat für Orang-Utans, Elefanten, Tiger und ungezählte weitere Spezies. Zugleich sind sie Lebensraum vieler indigener Völker.
Die Waldvernichtung in den Tropen insgesamt betraf 12 Millionen Hektar. Das ist der vierthöchste Wert seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2001.
Flächenmäßig sind Brasilien (1,34 Millionen Hektar Waldverlust), die Demokratische Republik Kongo (0,48 Millionen Hektar) und Indonesien (0,34 Millionen Hektar) bei der Zerstörung der Wälder führend.
Die Zunahme der Entwaldung war in anderen Ländern jedoch dramatischer: In Ghana war die frisch gerodete Fläche 2018 rund 60 Prozent größer als 2017, in Elfenbeinküste war sie 26 Prozent größer, in Papua-Neuguinea 22 Prozent und in Angola 21 Prozent.
In Indonesien hat sich die Lage nach den verheerenden Bränden 2015/2016 verbessert. Die Experten werten das als Erfolg der Politik von Präsident Joko Widodo, weil die Waldvernichtung in Schutzgebieten stärker zurückgegangen ist als anderswo. Zugleich fürchten sie einen erneuten Anstieg, falls 2019 ein trockenes Jahr wird und wieder mehr Feuer lodern. In der Provinz Riau sind in diesem Jahr bereits 1.000 Hektar Wald abgebrannt.
In Brasilien erschreckt die Wissenschaftler, dass Zentren der Waldvernichtung nahe oder in Indigenenreservaten liegen, wo auch Völker ohne Kontakt zur Außenwelt leben. Sie sind besonders auf intakten Wald angewiesen. Umweltschützer fürchten, dass die Entwaldung nach der Wahl von Jair Bolsonaro zum Präsidenten in die Höhe schnellt. Schon während des Wahlkampfes war das so.
Im übrigen Südamerika wächst die Bedrohung für die Wälder aus unterschiedlichen Gründen: In Kolumbien hat das Ende des Bürgerkriegs dazu geführt, dass sich Landwirte in Waldgebieten niederlassen, die zuvor von den FARC-Rebellen besetzt waren. In Bolivien tragen vor allem großflächige Äcker und Weiden zur Waldvernichtung bei, in Peru sind die Hauptursachen kleinbäuerliche Landwirtschaft – darunter Coca – Holzeinschlag und illegaler Bergbau.
In Ghana und der Elfenbeinküste nimmt die Entwaldung rasant zu: Nirgends in den Tropen ist der Anstieg größer als in diesen beiden Ländern (+60 % und +26 %). In beiden Ländern spielt der Kakao-Anbau die entscheidende Rolle, zu einem Großteil in Schutzgebieten.
In der Demokratischen Republik Kongo nahm die Entwaldung gegenüber 2017 um 38 Prozent zu. Dreiviertel davon werden durch Kleinbauern und die Gewinnung von Feuerholz verursacht.
Madagaskar hat allein 2018 rund 2 Prozent seiner Wälder verloren. Kein Tropenland verzeichnet einen höheren Wert. Ursachen sind neben kleinbäuerlicher Landwirtschaft illegaler Abbau von Saphiren und Nickel-Bergbau.
Selbst positive Entwicklungen in einigen Regionen bedeuten, dass die Vernichtung der Wälder weitergeht und sich allenfalls verlangsamt. „Jedesmal, wenn eine Fläche Wald verloren geht, rückt wahrscheinlich eine Spezies einige Zentimeter näher ans Aussterben“, sagt Seymour: „Und jedesmal, wenn eine Fläche Wald verloren geht, gibt es wahrscheinlich eine Familie, die Zugang zu einem wichtigen Teil des täglichen Einkommens wie jagen, sammeln und fischen verliert. Diese Verluste bedeuten eine existentielle Bedrohung für die Kultur indigener Völker."