Pandorabüchse Palmöl: Indonesien klagt gegen die EU
19.12.2019
Indonesien verklagt die EU vor der Welthandelsorganisation. Damit wehrt sich Indonesien gegen das für 2030 von der EU beschlossene Ende von Palmöl als Rohstoff für Biosprit und Brennstoff in Kraftwerken. Wegen der massiven Regenwaldrodung für Ölpalmplantagen will die EU Palmöl nicht mehr als erneuerbare Energiequelle fördern.
Mit der Politik, Pflanzenöle in Autotanks und Kraftwerken zu verbrennen, haben die Industriestaaten eine Büchse der Pandora geöffnet. Ein Übel folgt dem nächsten: Regenwaldrodung, Wildtiersterben, Waldbrandkatastrophen, Atemwegskrankheiten, Treibhausgasemissionen, Gewalt. Damit nicht genug, nun ist ein handfester Handelskonflikt um Palmöl und daraus hergestellte Produkte wie Biodiesel entbrannt. Mitte Dezember 2019 hat Indonesien die Europäische Union bei der Welthandelsorganisation WTO verklagt. Der weltgrößte Palmölproduzent will damit eine Änderung der 2019 neu gefassten Richtlinie für Erneuerbare Energien (RED II) der EU erreichen.
Diese EU-Richtlinie fördert die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Über zehn Jahre lang hat die EU mit der vorherigen Richtlinie (RED I) den Verbrauch von Palmöl als Energiequelle gefördert, mit dem Resultat, dass heute zwei Drittel des in die EU importierten Palmöls verbrannt werden: Verarbeitet zu Biodiesel in Auto- und Lkw-Motoren und als Brennstoff in Kraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung. Damit hat die EU eine beispiellose Vernichtung der Regenwälder, besonders in Indonesien, in Gang gesetzt. Millionen Hektar Regenwald verschwanden und verschwinden allein für Biosprit.
Mit der neu gefassten Richtlinie für Erneuerbare Energien hat die EU beschlossen, dass Energiequellen mit potentiell hohen Treibhausgasemissionen und Landnutzungsänderungen auslaufen sollen. Das bedeutet konkret, dass die Anteile von Kraft- und Brennstoffen aus Palmöl ab 2023 reduziert und bis 2030 nicht mehr auf die Ziele für erneuerbare Energien angerechnet werden können. Die EU-Mitgliedstaaten können auch vor diesem Termin aus Palmöl aussteigen, so sagt zum Beispiel Frankreich bereits 2020 Adieu zu Palmöl. Mit seiner WTO-Klage will Indonesien das Aus für Palmöl als erneuerbare Energie in der EU verhindern.
Palmöl, nach Kohle das wichtigste Handelsprodukt Indonesiens, ist in der letzten Dekade zur Primadonna der Wirtschaft des südostasiatischen Landes geworden. Die EU ist nach Indien und China der bedeutendste Abnehmer. 2018 hat Indonesien nach Angaben der Verbandes der Palmölunternehmer GAPKI 4,7 Millionen Tonnen in die EU exportiert, das seien 14% der gesamten Palmölexporte des Landes. Neben der energetischen Nutzung ist Palmöl auch ein Rohstoff in den Nahrungsmittel-, Futtermittel- und Chemieindustrien.
Längst produziert und exportiert Indonesien eigenen Biodiesel aus Palmöl, nicht zuletzt mit Hilfe massiver Förderung durch Subventionen, Steuer- und Exporterleichterungen. Anfang Dezember 2019 hat die EU wegen dieser ihrer Meinung nach wettbewerbsverzerrenden Subventionen hohe Zölle gegen indonesische Biospritimporte verhängt. Am 16. Dezember schlug Indonesien gegen die "Diskriminierung durch die EU" zurück und reichte Klage bei der Welthandelsorganisation in Genf ein.
Die EU kontert mit Klima-Argumenten: die Verbrennung von Biosprit verursache mehr Treibhausgasemissionen als fossiler Kraftstoff und führe zu Landnutzungsänderungen, sprich: der für die Regulierung des Klimas und den Erhalt der Biodiversität wichtige Regenwald verschwindet für Ölpalmplantagen.
Auch bei der Verhandlungen zu dem Freihandelsabkommen CEPA zwischen Indonesien und der EU ist Palmöl ein Streitpunkt. Die EU will den zollfreien Import von Palmöl begrenzen, wogegen sich Indonesien heftig wehrt. Die Verhandlungen für das Abkommen geraten dadurch immer wieder ins Stocken. Auf der anderen Seite will die EU dieses Freihandelsabkommen unbedingt, um europäischen Waren und Dienstleistungen den Zugang zum indonesischen Markt zu erleichtern.