Rohstoffpolitik der EU: Das Recht, NEIN zu sagen

Guadalupe Rodriguez und zwei weitere Personen im Konferenzsaal des EU-Parlaments Rede von Vereinsmitarbeiterin Guadalupe Rodríguez (links) auf der Veranstaltung im EU-Parlament (© CATAPA) Die Umweltschützer:innen und Zuhörer:innen im Sitzungssaal der EU mit Oval von zwei Reihen gegenüber liegenden Konferenztischen Guadalupe Rodríguez von Rettet den Regenwald (3. von links) auf der Veranstaltung im EU-Parlament (© CATAPA) Guadalupe Rodríguez mit Gruppe von Umweltschützern:innne und Banner und dem UN Rapporteur Michel Forst in Brüssel Delegation von Umweltorganisationen des Netzwerks "Yes to Life, No to Mining" mit UN-Sonderberichterstatter Michel Forst (© Salva la Selva) Guadalupe Rodriguez mit Banner und UN Rapporteur Michel Forst in Brüssel Vereinsmitarbeiterin Guadalupe Rodríguez bei der Übergabe von Schreiben im Rahmen eines Gesprächs mit dem UN-Sonderberichterstatter Michel Forst (© Salva la Selva) Die Gruppe der Umweltschützer:innen mit Banner auf der Treppe vor dem Europaparlament Gruppe der Umweltschützer:innen aus Asien, Südamerika und Europa auf einer Treppe vor dem EU-Parlament (© Salva la Selva)

16.03.2023

Heute hat die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag präsentiert, der Europa Rohstoffe im Ausland sichern soll. Im Vorfeld davon war Guadalupe Rodríguez von Rettet den Regenwald in Brüssel, um die Grenzen unseres Ressourcenverbrauchs aufzuzeigen: Die dadurch verursachten Schäden an Mensch, Natur und Klima sind immens. Die Menschen in den Bergbaugebieten haben das Recht, NEIN zu sagen.

2020 hat die EU-Kommission mit dem „Europäischen Grünen Deal“ eine Strategie für Milliarden-Investitionen in „grünes Wirtschaftswachstum“ verkündet, mit der Europa als erster Kontinent bis 2050 „klimaneutral“ werden soll. Um dem Klimawandel und der Umweltzerstörung zu begegnen, sollen unsere Energieversorgung von fossilem Öl, Gas und Kohle hin zu erneuerbaren Energien umgebaut und unser Wirtschaftswachstum vom Verbrauch von Rohstoffen abgekoppelt werden.

"Millionen Elektroautos, Sonnenkollektoren und Windräder zu produzieren, klingt nach einer großartigen Idee, bis wir erkennen, dass dies die Heimat und die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen zerstört", erklärt Vereinsmitarbeiterin Guadalupe Rodríguez.

Der „Europäische Grüne Deal“ stößt keine grundlegenden Veränderungen in unserem Lebensstil und Ressourcenverbrauch an. Stattdessen soll Europa im Konkurrenzkampf mit China und den USA weiter wachsen und noch mehr Energie und Rohstoffe verbrauchen. Denn die Technologien für erneuerbare Energien bestehen aus einer großen Menge und Vielzahl verschiedener Rohstoffe und Materialien. Besonders extrem ist das bei Lithium-Ionen-Batterien. Und Elektroautos sind quasi Metallminen auf vier Rädern.

EU will weltweiten Zugriff auf Rohstoffe sichern

Die dafür benötigten Rohstoffe werden größtenteils nicht in Europa abgebaut und verarbeitet, sondern stammen vor allem aus China, was eine enorme Abhängigkeit der EU bedeutet. Und so verbirgt sich hinter dem „Grünen Deal“ und dem heutigen Gesetzentwurf für kritische Rohstoffe eine Strategie der EU und ganz besonders Deutschlands, sich weltweit den Zugriff auf Rohstoffe zu sichern. Mit Freihandels- und Partnerschaftsabkommen, mit an europäischen Interessen ausgerichteter Entwicklungshilfe und allen möglichen politischen und finanziellen Maßnahmen versucht Europa, den Boden zurückzugewinnen, den es an China und andere Länder verloren hat.

Die Herkunft der Rohstoffe soll dazu diversifiziert werden, wozu die EU Länder wie Brasilien, Chile, die Demokratische Republik Kongo, Indonesien und die Philippinen ins Visier nimmt, in denen es bedeutende Vorkommen begehrter Metalle gibt: Bauxit, Kobalt, Kupfer, Lithium, Nickel und 29 weitere. Unsere „Energiewende“, die „grüne Wirtschaft“ und das „grüne Wachstum“ bauen zudem auf einem exponentiell steigenden Bedarf an Metallen und anderen Rohstoffen auf, die rund um den Globus abgebaut, verarbeitet und abtransportiert werden. Bis 2050 soll allein die Nachfrage nach Lithium weltweit um das 57-Fache steigen.

Der heute veröffentliche EU-Gesetzesvorschlag über kritische Rohstoffe rückt diese in den Mittelpunkt der europäischen Politik und soll schnelles Handeln ermöglichen. Auch bei uns in Europa sollen der Bergbau und die Verarbeitung der Rohstoffe durch vereinfachte und verkürzte Genehmigungsverfahren erleichtert und beschleunigt werden.

Dabei verursacht unser „grünes Wachstum“ schon jetzt gravierende Probleme: Für den Abbau der Rohstoffe und deren Verarbeitung schwinden die Wälder, werden die Lebensräume, Böden und Gewässer zerstört und vergiftet, die biologische Vielfalt vernichtet und die Rechte und Gesundheit der dort lebenden Menschen verletzt. Sie werden nicht konsultiert, ihre Entscheidungen nicht respektiert, und wenn sie ihre Ablehnung äußern, setzen sie sich dem Risiko aus, bedroht und verfolgt zu werden.

Rohstoffpolitik der EU muss die Menschen respektieren

Rettet den Regenwald-Mitarbeiterin Guadalupe Rodriguez hat bei der EU in Brüssel das Recht der Menschen aufgezeigt, sich der Ausbeutung von Rohstoffen für unseren Konsum und das Wirtschaftswachstum zu widersetzen. Sie hat dazu an verschiedenen Veranstaltungen und Gesprächen teilgenommen, auf denen das Recht NEIN zu Bergbauprojekten zu sagen, zum ersten Mal diskutiert wurde, darunter einer Konferenz im EU-Parlament.

"Die Organisationen und Gemeinden, die unserem Netzwerk "Yes to Life, No to Mining" angehören und sich gegen den Bergbau in ihren Gebieten wehren, sprechen nicht darüber, wie der Bergbau verbessert werden kann", erklärte Guadalupe Rodríguez in ihrem Schlusswort auf der Veranstaltung im EU-Parlament. "Sie sprechen über die Tatsache, dass sie keinen Bergbau in ihren Gebieten wollen. Sie sind nicht auf der Suche nach Kompromissen oder weniger schlechtem Bergbau. Sie wollen, dass ihr Recht, NEIN zu Bergbau und Extraktivismus zu sagen, respektiert wird, was gleichzeitig ihr Recht ist, Ja zum Leben, Ja zum Territorium, Ja zur Natur, Ja zu sauberem Wasser, Ja zur Gesundheit, Ja zur Biodiversität, Ja zum Wald und Ja zu vielen anderen Dingen zu sagen", so Rodríguez weiter.

Rettet den Regenwald und die Organisationen Acción Ecológica (Ecuador), Observatorio Plurinacional de Salares Andinos, Jóvenes del Chocó Andino (beide Chile) und die europäischen Organisationen CATAPA, CIDSE und EEB haben ihr Verständnis des Rechts, NEIN zu sagen, gegenüber EU-Abgeordnetinnen zum Ausdruck gebracht. Sie haben zudem darum gebeten, die Rechte der Menschen anzuerkennen, die in von der Bergbauindustrie bedrohten Gebieten und Wäldern leben, arbeiten und von ihnen abhängen.

Daneben haben wir mit dem UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechtsverteidiger, Michel Forst, gesprochen und ihm Schreiben mit gravierenden Fällen von Umweltverseuchung durch Bergbauprojekte auf Sulawesi (Indonesien) und in den Anden von Ecuador übergeben.


  1. Gesetzentwurf für kritische Rohstoffe

    Europäische Kommission 2023. Kritische Rohstoffe: Sichere und nachhaltige Lieferketten für die grüne und die digitale Zukunft der EU gewährleisten: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_1661

  2. EU-Gesetzesvorschlag über kritische Rohstoffe

    Europäische Kommission 2023. Kritische Rohstoffe: Sichere und nachhaltige Lieferketten für die grüne und die digitale Zukunft der EU gewährleisten: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_1661

  3. das Recht NEIN zu Bergbauprojekten zu sagen

    European Environmental Bureau 2023. THE RIGHT TO SAY NO. A LEGAL TOOLBOX FOR COMMUNITIES AFFECTED BY MINING IN THE EU: https://eeb.org/wp-content/uploads/2023/03/EEB_brochure_Right-to-say-no-3.pdf

  4. Konferenz im EU-ParlamentObservatorio Plurinacional de Salares Andinos 2023. «Los pueblos tienen el derecho a decir no a los proyectos mineros de litio»: integrante de OPSAL expone ante el Parlamento Europeo: https://web.archive.org/web/20230314185348/https://salares.org/2023/03/01/los-pueblos-tienen-el-derecho-a-decir-no-a-los-proyectos-mineros-de-litio-integrante-de-opsal-expone-ante-el-parlamento-europeo/

  5. "Yes to Life, No to Mining"Webseite des globalen Netzwerks Yes to Life, No to Mining (YLNM): https://yestolifenotomining.org/

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