Explosion in Nickelschmelze zu Weihnachten

Mahnwache mit Kerzen Solidarität mit den Opfern der Explosion in der IMIP-Nickelschmelze (© Jatam Sulteng) Luftaufnahme eines qualmenden und in den Regenwald gerodeten Industriekomplexes Ort des Unglücks: Indonesia Morowali Industrial Park (© Aliansi Sulawesi)

27.12.2023

Zwanzig Todesopfer und Dutzende Verletzte forderte eine Explosion in einer Nickelschmelze auf Sulawesi, Indonesien, zu Weihnachten 2023. Dies ist nicht das einzige Unglück in der boomenden Nickelindustrie. Am 28. Dezember brach in einer anderen Schmelze ein Feuer aus.

Nickel fordert Menschenleben

Am Morgen des Weihnachtsabends (24.12.2023) kamen bei einer Explosion in einer Nickelschmelze in Indonesien achtzehn Arbeiter ums Leben, zwei weitere starben in den Folgetagen. Mindestens 38 Menschen erlitten zum Teil schwerste Verletzungen. Der Unfall in der Industriezone Indonesia Morowali Industrial Park (IMIP) ereignete sich bei Reparaturarbeiten an einem Schmelzofen. Feuer brach aus, als mehrere Sauerstoffbehälter explodierten.

„Das ist kein Einzelfall“, erklärt Moh Taufik, Koordinator unserer Partnerorganisation JATAM Sulteng, einem Netzwerk gegen Bergbau in Zentral-Sulawesi. „Unfälle in Nickelbetrieben passieren häufig.“

Nach Angaben der Organisation Trend Asia sind bei Arbeitsunfällen allein in der Nickel-Industriezone IMIP zwischen 2015 und 2022 mindestens 53 Menschen gestorben. Die Dunkelziffer ist hoch, da die Betreiber vermutlich Informationen zurückhalten.

„Die Arbeiter haben Angst, über Unfälle zu berichten, weil sie Konsequenzen fürchten“, sagt Moh Taufik.

Wirtschaftswachstum auf Kosten von Mensch und Natur

Der Ausbau der weiterverarbeitenden Nickel-Industrie im Land gehört zu den Zugpferden der Wirtschaftspolitik von Präsident Joko Widodo. Damit will Indonesien zum führenden Produzenten von Nickelprodukten für Autobatterien werden. Seit der Export von unverarbeiteten Nickelerzen 2020 verboten wurde, werden auf Sulawesi, in den Molukken und sogar in West-Papua im Eiltempo neue Minen und riesige Sonder-Industriezonen aus dem Boden gestampft.

Die erste Nickelschmelze wurde bereits 2017 im Bezirk Morowali auf Sulawesi errichtet. Inzwischen sind in Indonesien neunzehn Nickelschmelzen in Betrieb. Dazu kommen Anlagen für die Produktion von Nickelstahl und batteriefähigem Nickel. Die meisten Produktionsstätten sind in chinesischer Hand, so auch die Industriezone IMIP. Sulawesi ist das Zentrum der Nickelindustrie.

Die Folgen: die Umwelt und die Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung werden in großem Ausmaß zerstört. Wälder werden abgeholzt, Felder und Gewässer verseucht.

„Abraum und Schlacken aus den Kraftwerken von IMIP gelangen 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche ins Meer und haben längst die Fischgründe von Fatufia, einem Ort bei IMIP in Morowali, zerstört. Fischerei ist nicht mehr möglich. Auch Reis können die Bauern nicht mehr anbauen. Die Setzlinge sterben ab, da die gelben Abwässer auf der Felder gelangen“, berichtet Moh Taufik.

Indonesia Morowali Industrial Park IMIP

In den Industriezonen herrschen unerträgliche Bedingungen, sagt Moh Taufik. „Dazu gehören: mangelnde Sicherheit am Arbeitsplatz, Einschränkung der Religionsausübung, illegale Arbeitskräfte aus China, ungleiche Behandlung und Bezahlung von chinesischen und indonesischen Mitarbeitern, ungenießbare Lebensmittel.“

Gunbuster Nickel Industry GNI

* Vier Tage nach dem Unglück im IMIP brannte es am 28. Dezember 2023 auch in der Schmelze von Gunbuster Nickel Industry (GNI), einer Nickel-Industriezone im Bezirk Nord-Morowali. Nach Angaben des Unternehmens und der Polizei gab es keine Todesopfer. Unsere Partner vor Ort und Medien wie Bloombergtechnoz.com berichten, das Feuer Ende 2023 sei bereits das fünfte Unglück in der Schmelze innerhalb eines Jahres. *

Ein Jahr zuvor, kurz vor Weihnachten 2022, hat es in der Schmelze von Gunbuster Nickel Industry schon einmal gebrannt. Zwei Menschen starben. GNI gab den Opfern die Schuld. Daraufhin brach im Januar 2023 ein blutiger Streik aus, bei dem drei weitere Menschen ums Leben kamen.

„Bis heute sind die Ergebnisse der polizeilichen Untersuchung der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht worden. Hunderte von Sicherheitskräften sind danach eingesetzt worden, aber nur, um die Fortsetzung der Nickelproduktion zu gewährleisten. Wir forderten eine Unterbrechung der Produktion für eine gründliche Untersuchung, aber unser Appell stieß auf taube Ohren“, so Moh Taufik weiter.

Die Wahlen 2024 beschleunigen die Zerstörung

Für die Zukunft sieht JATAM schwarz. 2024 sind Wahlen in Indonesien, und alle Kandidaten setzen allein auf Wirtschaftswachstum. Für die Wahl des Präsidenten und Vizepräsidenten treten drei Kandidatenpaare an. Alle drei haben das Ziel, ein hohes Wirtschaftswachstum durch Wertschöpfungsketten im Land zu erreichen. Was sich ökonomisch sinnvoll anhört, hat leider Schattenseiten. Denn diese Art Wirtschaftswachstum beruht allein auf der Ausbeutung der Ressourcen - mit massiven Folgen für Natur und Menschen auch in Zukunft. Es bleibt ungewiss, wieviel Profit wirklich in Indonesien verbleibt, denn die meisten der Konzerne sind in ausländischer Hand.

Das Kandidatenpaar Prabowo Subianto und Gibran Rakabuming verspricht, auch die Weiterverarbeitung von Bauxit, Kupfer, Zinn und Fischereiprodukten ins Land zu holen. Dieses Paar hat gute Chancen auf einen Sieg, was Umweltschützer sehr beunruhigt. Prabowo ist als Ex-General, schwerreicher Geschäftsmann, Ex-Schwiegersohn des ehemaligen Diktators Suharto und Verantwortlicher für die bis heute ungeklärten Entführungen von Oppositionellen in die Geschichtsbücher eingegangen. Gibran ist der erst 36-jährige Sohn des aktuellen Präsidenten.

Auch die beiden anderen Kandidatenpaare Pranowo-Mahfud und Anies-Muhaimin haben ähnliche Pläne: die Weiterverarbeitung von Produkten aus Bergbau, Plantagen, Landwirtschaft und Fischerei, beziehungsweise der Ausbau der Industriezonen für Kakao, Nickel und Nahrungsmittel. Alle drei Paare sprechen ausschließlich über Wachstum und Gewinnmaximierung – keines über Umweltschäden, den Verlust der Lebensgrundlagen der Bevölkerung, über die Unsicherheit am Arbeitsplatz und über Verlust von Menschenleben.

JATAM fordert von Präsident Joko Widodo und von der Polizei

  1. Unverzügliche Prüfung der Haltung von IMIP gegenüber Arbeitnehmern, Anwohnern und Umwelt.

  2. Gerichtsverfahren für Vergehen von IMIP in den Bereichen Arbeit, Umwelt und Umgang mit der betroffenen Bevölkerung.

  3. Wiedergutmachung für ökologische und soziale Schäden von IMIP verlangen.

Quelle: Mitteilungen und Press Rilis Jaringan Advokasi Tambang, 24 Dezember 2023

Mehr zum Projekt von Rettet den Regenwald mit JATAM Sulteng: Widerstand gegen Bergbau auf Sulawesi


  1. Sonder-IndustriezonenDas Wochenmagazin Tempo hat die Anzahl der Arbeitsunfälle in den Nickel-Sonder-Industriezonen erfasst. Auf Sulawesi sind dies: PT Gunbuster Nickel Industry (10), Indonesia Morowali Industrial Park (25), PT Virtue Dragon Nickel Industry (9), PT Huadi Alloy Nickel Indonesia (6). In den Molukken: PT Weda Bay Industrial Park (9)

    interaktive Karte zu Arbeitsunfällen in Nickelschmelzen https://public.flourish.studio/visualisation/16263985/ 

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