10 Jahre nach Urteil: Palmölfirma will Strafe nur in Raten abstottern

Sumatra-Orang-Utan (Pongo abelii) Orang-Utans sind wegen Palmöl vom Aussterben bedroht (© Paul Hilton)

02.01.2024

2012 brannte es in den Tripa-Sümpfen lichterloh, 2014 wurde die Brandstifterfirma Kallista Alam zu einer Millionen-Strafe verurteilt – und fängt erst jetzt an, die Summe in Raten zu bezahlen. Ob sie den gesamten Betrag begleicht, ist ungewiss. Umweltschützer fordern daher, dass die Firma die Strafe umgehend komplett bezahlt und für die noch ausstehende Renaturierung aufkommen muss.

  • Palmölunternehmen Kallista Alam zahlt Strafe 10 Jahre nach Urteil nur in Raten
  • Auszug aus dem Offenen Brief an den Obersten Gerichtshof in Jakarta
  • Videos über die Tripa-Torfmoorwälder

Ein Gerichtsurteil gegen eine Palmölfirma in Indonesien hat vor fast auf den Tag genau zehn Jahren für Furore gesorgt. Dabei ging es um Brände im Tripa-Regenwald, einem Zufluchtsort für die Sumatra-Orang-Utans. Gebrannt hat es dort seit 2009 regelmäßig, besonders heftig war es 2012, als über 100 Brandherde gezählt wurden. Es waren die „schlimmsten Waldbrände, seit wir im Jahr 2000 begonnen haben, Satellitenbilder auszuwerten“, zitierte Die Tageszeitung taz in ihrem Bericht über die Brände nach Kahlschlag in Indonesien die Schweizer Umweltstiftung PanEco. Hundert Orang-Utans verbrannten in den Feuern.

Für die Brandrodung in den Torfmoorwäldern war die Palmölfirma Kallista Alam verantwortlich, von der internationale Konzerne Palmöl beziehen. Darunter waren laut Rainforest Action Network Nestle, Mars und Cargill.

Indonesische Gruppen hielten die Genehmigungen, die Kallista Alam in dem Schutzgebiet erhalten hatte, für suspekt. Die rechtliche Grundlage war unklar, politischer Druck auf den Gouverneur schien wahrscheinlich. Zudem wurden Landkarten offenbar manipuliert. Womöglich hatte die Firma bereits mit Rodungen begonnen, bevor die zweifelhaften Genehmigungen vorlagen. Doch die Umweltschützer scheiterten zunächst damit, Kallista Alam gerichtlich zu stoppen. Eine Klage der Organisation Walhi wurde abgewiesen.

Doch weltweite Kampagnen, darunter unsere Petition Rettet die letzte Zuflucht der Orang-Utans, führten schließlich zu einem Aufsehen erregenden Urteil. Am 8. Januar 2014 wurde Kallista Alam für schuldig befunden, 1.000 Hektar Torfwald abgebrannt zu haben. Die Firma wurde zu einer Geldstrafe von 9,4 Millionen US-Dollar verurteilt. Zudem muss sie mit 21 Millionen US-Dollar für die Renaturierung zerstörter Flächen aufkommen. 

Indonesische Umweltgruppen bezeichneten die Gerichtsentscheidung als „einen Sieg der Bevölkerung von Aceh sowie der nationalen und internationalen Umweltschützer." Auch Rettet den Regenwald begrüßte das Urteil. Doch bis heute ist der Natur keine Gerechtigkeit widerfahren.

Kallista Alam ist eines von 22 Unternehmen, die sich seit 2013 wegen Wald- und Torfbränden vor Gericht verantworten mussten. 14 von ihnen sind rechtskräftig verurteilt worden. Doch lediglich ein Unternehmen hat bisher die Strafe bezahlt und keines hat jemals die zerstörte Fläche renaturiert. Dem Staat fehlen offenbar Mittel wie Pfändungsverfahren, um ausstehende Zahlungen einzutreiben.

Kallista Alam hat jetzt – zehn Jahre nach dem Gerichtsurteil - begonnen, einen kleinen Teil der Strafe in Raten zu abzustottern.

Indonesische Umweltgruppen lehnen die Ratenzahlung strikt ab. Sie fürchten, dass die Firma nur einen Teil der Strafe und der Renaturierungskosten bezahlt. Kallista Alam habe jahrelang Widerstand gegen das Urteil geleistet und beispielsweise gegen Durchführungsurteile geklagt und zahlreiche Gerichte bemüht. Wer sich ein Jahrzehnt lang dagegen wehrt, eine Strafe zu akzeptieren, solle nicht mit einem Entgegenkommen des Staates belohnt werden.

Der Fall zeigt beispielhaft, wie der Staat Konzerne, die wegen Umwelt- und anderer Verbrechen rechtsgültig verurteilt wurden, schont. Politiker, Generäle und Konzerne sind eng miteinander verbunden. Indonesien ist eine Oligarchie mit starker militärischer Präsenz in Politik und Wirtschaft.

Örtliche Gemeinden und indonesische Umweltgruppen haben jetzt in einem offenen Brief an den Obersten Gerichtshof geschrieben:

Die Regierung als Treuhänder der Natur hat die Pflicht, Umweltschäden im Vorfeld zu verhindern und bereits eingetretene Schäden zu mindern.

Die Vollstreckung des Urteil sei zwar ein “Meilenstein”, genüge jedoch nicht. Die Gemeinden fordern daher: 

“PT Kallista Alam hat unverzüglich ihrer Verpflichtung nachzukommen, die verbrannte Fläche von 1.000 Hektar im Dorf Pulo Kruet, Bezirk Nagan Raya, wiederherzustellen.

Die Renaturierung der 1.000 Hektar muss die lokalen Gemeinschaften und Umweltorganisationen einbeziehen.“

  • Saving Leuser. Tripa. Video von Carlos Quiles (2012) 6 Minuten, Englisch: 


  1. zehn Jahren für Furore gesorgt

    Das Urteil sorgte für Furore, weil endlich ein Gericht im Sinne der Wälder und gegen die Palmölindustrie entschieden hat. Dadurch wurde Kallista Alam zum Präzedenzfall.

    Eine zentrale Frage war: Wie war es möglich, dass ein Palmölunternehmen in einem Schutzgebiet eine Konzession bekommt? Die Torfmoorwälder von Tripa gehören zum Leuser-Nationalpark und zum UNESCO-Weltnaturerbe „Regenwald von Sumatra“. Komischerweise waren auf den Karten die Tripa-Wälder plötzlich nicht mehr innerhalb des Nationalparks eingezeichnet. Jemand hat die Karten offensichtlich manipuliert.

    Ab 2011 galt in Indonesien ein Moratorium für die Abholzung von Primär- und Torfmoorwäldern. Der Gouverneur der Provinz Aceh hatte bereits 2007 ein Moratorium erlassen. Dafür wurde er als „Grüner Gouverneur“ gelobt. Wieso ausgerechnet der zur gleichen Zeit eine Konzession vergeben hat, ist nicht nachvollziehbar.

    Das Urteil des Gerichts wurde mit Spannung erwartet. Man sagte damals: wenn Kallista Alam gewinnt oder mit leichten Strafen davonkommt, sind die Tripa-Wälder mitsamt den Menschenaffen verloren. Das Gericht hat die großen Hoffnungen erfüllt.

  2. Tripa-Regenwald

    Die Tripa-Sümpfe gehören zum Leuser-Ökosystem auf Sumatra, dem einzigen Ort auf unserer Erde, an dem die bedrohten Tiger, Elefanten, Orang-Utans und Nashörner im selben Habitat leben. Vor dreißig Jahren gab es hier mehr als 3.000 Orang-Utans, doch durch fortgesetzte Waldvernichtung für Plantagen ist ihre Anzahl auf wenige Hundert Individuen geschrumpft. 90 Prozent der ursprünglich 61.000 Hektar großen und unter Schutz stehenden Tripa-Regenwälder sind heute Ölpalmplantagen. In den übrig gebliebenen Torfmoorwäldern leben Schätzungen zufolge noch 200 der Menschenaffen.

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