Brasilien: Gemeinden werden über die Auswirkungen von Schienen- und Hafenprojekt GPM informiert

Tropischer Strand mit Palmen auf der Insel Cajual © Denes Cristian Freire/ google maps

03.05.2024

Portugiesische Geschäftsleute planen den Bau einer Gütereisenbahnlinie und eines Exporthafens in einem Gebiet im Westen Maranhãos, das seit Jahrhunderten von afrobrasilianischen Gemeinden bewohnt ist. Unsere Partnerorganisation Justica nos Trilhos informiert die Einwohner über die drohtende Vertreibung und den Verlust ihrer Lebensgrundlagen wie der Fischgründe, Mangroven und Wälder.

Vom 8. bis 10. April fand in der Gemeinde Alcântara im Norden des brasilianischen Bundesstaates Maranhão der erste Austausch zwischen Gemeinden statt, die von dem geplanten privaten Hafen- und Güterbahnprojekt Grão-Pará Maranhão (GPM) betroffen sind.

Das von portugiesischen Geschäftsleuten konzipierte und von der Bundes- und der Landesregierung unterstützte Projekt sieht den Bau eines privaten Exporthafens auf der Insel Cajual im Atlantik vor, die zu Alcântara gehört.

Neben dem Terminal umfasst das Projekt Grão-Pará Maranhão auch den Bau einer 520 km langen, ebenfalls privaten Gütereisenbahnstrecke zwischen Açailândia im Süden des Bundesstaates und Alcântara an der Küste im Norden. In Açailândia soll die Bahn von GPM an die bereits bestehende Eisenerzbahn der brasiliansichen Bergbaukonzerns Vale (EFC) angeschlossen werden.

Die neue Bahnlinie soll die Gebiete von Quilombos, so heißen die Nachkommen ehemals versklavter Menschen aus Afrika, aber auch die Siedlungen von Kleinbäuerinnen und Bauern und Umweltschutzgebiete durchqueren und in unmittelbarer Nähe zu indigenem Land verlaufen. 

Nach Angaben von GPM ist das Ziel des Infrastrukturprojekts der Transport von Eisenerz für den Weltmarkt, das vom Bergbaukonzern Vale in der Carajás-Mine abgebaut wird. Im Regenwald von Carajas im benachbarten Bundesstaat Pará betreibt Vale die weltweit größte Eisenerzmine. Weiterhin sollen auch Agrarprodukte wie Soja, aber auch Erdöl und Erdgas für den Export nach China und in europäische Länder befördert werden.

Obwohl GPM bereits zwei Adhäsionsverträge mit der Bundesregierung unterzeichnet hat und sich im Genehmigungsverfahren befindet, hat die Firma den Staat nie um die Durchführung von vorherigen, freien und informierten Konsultation der Quilombola und der indigenen Gemeinschaften gebeten, die von dem geplanten Hafen und der Eisenbahn betroffen sein würden. Ein solches Verfahren schreibt das Übereinkommen 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vor, das Brasilien unterzeichnet hat.

Informationsaustausch dient als Weckruf

An dem von Justiça nos Trilhos und dem Conselho Pastoral dos Pescadores (CPP) - beides Partnerorganisationen von Rettet den Regenwald -sowie Justiça Global, Sindicato de Trabalhadores e Trabalhadoras Rurais (STTR) und der Associação do Território Quilombola de Alcântara (Atequila) organisierten Austausch Anfang April nahmen Mitglieder sozialer Organisationen und Bewegungen und Vertreter von Gemeinden in Alcântara, die potenziell vom GPM-Projekt betroffen sind, teil. Bewohner der Gemeinde Piquiá de Baixo in Açailândia im Süden des Bundesstaates informierten über die negativen Auswirkungen der Carajás-Eisenbahn von Vale (EFC) und den in der Region angesiedelten Stahlwerken, unter denen die Mnschen seit mehr als drei Jahrzehnten leiden.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Piquiá berichteten über die Luftverschmutzung durch die Eisen- und Stahlindustrie und den von den offenen Eisenerzwaggons aufsteigenden toxischen Staub. Die jahrzehntelange Verschmutzung hat zu Atemwegserkrankungen, Allergien und Todesfällen geführt und das Wasser der Flüsse und die Ernten verseucht. Eine weitere Auswirkung ist der von den Zügen und Stahlwerken ausgehende Lärm, der nicht nur die Ruhe stört, sondern auch Angstzustände, Schlaflosigkeit und Depressionen verursacht.

Die vorbeifahrenden etwa 120 Tonnen schweren Eisenerzwaggons führen zu Erschütterungen in den Häusern, die zu  Rissen führen und in die Struktur der Häuser, Wände und Dächer beschädigen. Ein weiteres Problem sind die häufigen Unfälle von Menschen und Tieren auf den Gleisen, was zu Verstümmelungen und Todesfällen führt.

Insgesamt hat sich das Leben der rund 300 Familien aus Piquiá de Baixo durch die Eisenerzbahn EFC von Vale und die Eisen- und Stahlwerke negativ verändert. Die Menschen befürchten von dem Projekt GPM in Alcântara ähnliche Folgen.

Seit fast anderthalb Jahrzehnten kämpfen die Bewohner von Piquiá darum, umgesiedelt zu werden. Erst jetzt, im Jahr 2024, sind die Häuser für die Umsiedlung fertig, nach Jahren des Kampfes, des Leidens und des Sterbens.

"Dieser Austausch ist guter Moment für uns, um über die Realität zu sprechen, die unsere Gemeinde erlebt, damit die Gemeinden in Alcântara nicht das erleiden, was wir erlitten haben. Unsere Aussagen sind ein Weckruf. Wir hoffen, dass sie als Inspiration und Beispiel dienen, damit sich die Menschen wehren, bevor das Unternehmen in ihr Gebiet kommt", sagte einer der Bewohner von Piquiá de Baixo.

"Natürlich sind wir sehr besorgt über die Situation in Piquiá. Es ist traurig zu sehen, was sie dort erleiden. Der Austausch ist eine Möglichkeit für uns, einzugreifen und das Unternehmen zu stoppen", sagte ein Quilombola.

Eine Bewohnerin aus Alcântara erklärt, sie habe von dem Projekt nichts gewusst, und obwohl ihr Neffe aus Açailândia ihr von GPM erzählt habe, habe sie ihm nicht geglaubt. "Jetzt sehe ich, dass das Projekt auf dem Papier steht. Wir müssen verhindern, dass es weitergeführt wird, damit es sich nicht auf unsere Gemeinde oder die Gemeinden anderer auswirkt."

Neben dem Erfahrungsaustausch zwischen den Bewohnern von Piquiá und Alcântara umfasste das Seminar auch eine Präsentation von Daten und Karten über Projekt Grão-Pará Maranhão und seine Auswirkungen. Außerdem wurden die Teilnehmer über die Bedeutung der UN-Konvention ILO 169 für den Schutz der Rechte von traditionellen Gemeinschaften, indigenen Völkern und Quilombolas informiert.

Die Organisationen planen weitere Informations- und Schulungsmaßnahmen durchzuführen sowie Lobbyarbeit bei staatlichen Stellen in Maranhão, Brasilien und auch in Deutschland zu betreiben. Die Deutsche Bahn (DB) plant, sich an dem Projekt zu beteiligen und hat dazu eine Absichtserklärung mit GPM unterzeichnet.

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