Erklärung des Seminars gegen das Projekt Grão Pará Maranhão (GPM)

Gruppenfoto von etwa 50 Personen mit Bannern in einem Seminarraum Gruppenfoto von dem Seminar in São Luis (© Verena Glass/Fundacão Rosa Luxemburgo)

05.07.2024

Organisationen aus dem brasilianischen Amazonasgebiet haben in einem dreitätigen Seminar das geplante private Gütereisenbahn- und Exporthafenprojekt Grão-Pará Maranhão (GPM) analysiert. Mit einem offenen Schreiben fordern sie von den beteiligten Firmen - darunter die Deutsche Bahn, Behörden und Politiken die Einstellung des Projekts aufgrund seiner negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt.

São Luis, Maranhão, 28. Juni 2024

Vom 26. bis 28. Juni 2024 haben wir, 91 Vertreter:innen von über 20 traditionellen Gemeinschaften, Quilombolas und indigenen Völkern aus Maranhão, sowie die Organisationen Justiça nos Trilhos, CPT, CIMI, CPP, MABE, MOMTRA, MOQBEQ, MOQUIBOM, MAM, GEDMMA, CONFREM, UNICQUITA, Centro de Formação Saberes Ka’apor, Fórum Carajás, Justiça Global, Fundação Rosa Luxemburgo, Articulação Internacional dos Atingidos e Atingidas pela Vale und Rettet den Regenwald uns in São Luis getroffen, um über die Bedrohung der Völker, ihrer Lebensweise, ihrer Territorien und der Umwelt durch das von der Firma Grão Pará Maranhão (GPM) vorgeschlagene Projekt zum Bau eines Hafens auf der Insel Cajual und einer 520 km langen Eisenbahnstrecke zwischen Alcântara und Açailândia zu diskutieren.

Anlass des Treffen sind das Erstaunen und die Verärgerung über eine Bedrohung, die keine konkrete Form hat und wie eine giftige Wolke über den Gebieten hängt, aber von den Regierungsvertretern und den Geschäftsleuten verkündet wird, als ob sie eine vollendete Tatsache wäre.

Die Bedrohung hat keine Form, denn die einzigen Informationen, die die Gemeinden erreichen, sind Propaganda und Schönfärberei. Weder die Regierung noch die Verantwortlichen des Projekts GPM sind in den acht Jahren, in denen sie ihre Pläne zur Aneignung unserer Ländflächen, Wälder, Mangroven, Flüsse und Strände ausgeheckt haben, jemals zu uns gekommen, um uns zu sagen, was sie vorhaben. Sie verbergen ihre Absichten, ihre Dokumente und Pläne, und wenn wir ihre Worte in Frage stellen, nennen sie uns Narren und böswillig.

Deshalb suchen wir zusammen mit unseren verbündeten Organisationen danach, wie wir das Verborgene aufdecken und uns informieren können. Nachdem wir auf dem Treffen Dutzende von offiziellen Dokumenten des Projekts GPM analysiert haben und Vertreter des Labors für Sozialkartographie der staatlichen Universität von Maranhão (UEMA), der Bundesanwaltschaft (DPU), der Landesanwaltschaft (DPE) und der Bundesstaatsanwaltschaft (MPF) angehört haben, verstehen wir un das Folgende:

- Die Firma GPM will sich 87 % des Quilombola-Gebiets der Insel Cajual aneignen, um einen großen Privathafen für den Abtransport von Getreide und Mineralien ins Ausland zu bauen. Außerdem will sie sich das Fischfanggebiet dieser Familien aneignen, das sie ernährt und ihre Einkommensquelle ist.

- Die Auswirkungen des Projekts würden im Falle seiner Verwirklichung Tausende von Menschen aus Quilombola-Gemeinden, Fischer und Kleinbauern in der gesamten Region Alcântara und den angrenzenden Gemeinden direkt betreffen, die bereits durch den Weltraumbanhnhof in Alcântara stark beeinträchtigt sind.

- Der Streckenverlauf, der beim brasilianischen Institut für Geografie und Statistik (IBGE) und in den von GPM an die staatlichen Stellen übermittelten Unterlagen verfügbar ist - und von Forschern der UEMA analysiert wurde, würde mindestens 22 Gemeinden zwischen Alcântara und Açailândia durchqueren, die Bewohner der städtischen Gebiete stark beeinträchtigen, Dutzende von Agrarreformsiedlungen, mehrere Quilombola-Gebiete, Fischerei-, Jagd- und Sammelgebiete traditioneller Völker und Gemeinschaften durchqueren und das indigene Land der Völker Guajajara, Akroá Gamella, Awa, Ka'apor und Gruppen in freiwilliger Isolation betreffen.

Wir haben von der Öffentlichen Verteidigungsbehörde des Bundes (Defensoria Pública da União - DPU) und dem Bundesstaatsanwaltschaftsministerium (Ministério Público Federal - MPF) gehört, dass wir gemäß der Konvention 169 der Internationalen Arbeistorganisation (ILO), die Brasilien unterzeichnet hat, das Recht auf, freie, vorherige und informierte Zustimmung zu dem GPM-Projekt haben. Wir haben ihnen [DPU und MPF] mitgeteilt, dass dies nie geschehen ist.

Von Bundesstaatsanwaltschaftsministerium MPF erfuhren wir, dass GPM ein Manöver durchführt, das gegen die brasilianische Bundesverfassung verstößt, indem es versucht, sein Projekt beim staatlichen Umweltsekretariat zu genehmigen, obwohl wir wissen, dass dies das Vorrecht der Bundesbehörde Ibama ist.

Außerdem wurden wir von den Behörden darüber informiert, dass kein Dokument, keine Vereinbarung und keine Verpflichtung, die von einer Gemeinschaft oder ihren Vertretern im Rahmen von Verhandlungen jeglicher Art unterzeichnet wurde, die Rechtsgültigkeit besitzt, um auf ein Recht zu verzichten, das uns, den traditionellen, indigenen, quilombola- und bäuerlichen Gemeinschaften und Völkern, gesetzlich garantiert ist.

Schließlich haben wir begriffen, dass das GPM-Projekt eine bessere Chance hat, die Planungspapiere zu verlassen, um real umgesetzt zu werden und unsere Leben zu zerstören, seitdem die staatliche deutsche Firma Deutsche Bahn mit dabei ist, an der Ausführung dieser Ungeheuerlichkeit mitzuwirken.

Wir fragen also den Bundesstaat Maranhão, die brasilianische Bundesregierung und die deutsche Regierung, was ihnen das Recht gibt, unsere Leben, unsere Territorien, unsere Nahrungs- und Einkommensquellen, unsere Wälder, Flüsse, Mangroven und Strände, unsere Träume, unsere Kultur, unsere Spiritualität und unsere Gegenwart und Zukunft zu opfern, um ein privates Unternehmen zu begünstigen, das sich unsere verfassungsmäßigen Rechte aneignet?

Wir fordern, dass die Bundesregierung, anstatt uns zu bedrohen, über die zuständigen Stellen die indigenen Gebiete von Taquaritiua und die Quilombolas von Alcântara sowie alle anderen Gebiete, die auf den verfassungsmäßigen Schutz durch den Staat warten, regularisiert und demarkiert werden.

Das Soja, der Mais, das Erz und sogar die Energie, die GPM nach eigenen Angaben auf ihren Zügen transportieren und über ihren Hafen exportieren will, gehören nicht uns, und sie kommen uns auch nicht zugute. Sie stammen von anderen Unternehmen, die den Bundesstaat Maranhão zu einem Rekordhalter für Morde, Konflikte und Gewalt auf dem Land gemacht haben.

Darum sagen wir nein, das Projekt GPM ist nicht tragfähig! Die Zerstörung unserer Existenzen ist nicht akzeptabel! Die Verletzung unserer Rechte, der nationalen Gesetze, der Bundesverfassung und der ILO-Konvention 169 werden wir nicht zulassen.

Das haben wir bei unserem Treffen festgestellt, und das teilen wir hiermit öffentlich mit: Zur Achtung unserer Rechte, unserer Territorien und unserer Existenzen fordern wir die Einstellung des Projekts GPM. Aus diesen Gründen sind wir entschlossen, zu kämpfen.

Kommuniqué auf Deutsch zum Downlaod als pdf

- Kommuniqué auf Portugiesisch als pdf

Weitere Informationen:

- Kurzbeschreibung des Projekts GPM

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