Verschenkte Zeit - Vertane Chance

Pongo Tapanuliensis © Maxime Aliaga

05.11.2024

Die Staaten der Erde haben die Dringlichkeit, das massenhafte Aussterben von Tier- und Pflanzenarten zu stoppen, offensichtlich nicht verstanden. So wurde die 16. UN-Weltnaturkonferenz in Cali ohne Einigung über die Finanzierung abgebrochen. Die Frage, wie die Bewahrung der Biodiversität bezahlt werden soll, blieb ohne Antwort.

Die UN-Weltnaturkonferenz (COP 16), die am Wochenende in Cali (Kolumbien) zu Ende ging, sollte eigentlich die Finanzierung des Schutzes der Biodiversität organisieren. Doch die Verhandlungen wurden am Samstagvormittag ohne Ergebnis abgebrochen.

Die Delegationen hatten die ganze Nacht durchverhandelt. Nachdem immer mehr Teilnehmer die Konferenz Richtung Flughafen verließen, da sie Heimflüge nicht umbuchen konnten, war das Plenum nicht mehr beschlussfähig.

Ein bis dahin nicht ausgeräumter und zentraler Streitpunkt war, ob für den globalen Naturschutz ein eigener Fördertopf eingerichtet werden soll. Bei dem hätten Länder des globalen Südens, die einen überragenden Teil der Artenvielfalt etwa in Regenwäldern beherbergen, ein stärkeres Mitspracherecht. Widerstand dagegen leistete neben anderen die EU.

​Versprochen 2022 - vertagt bis Oktober 2025

Vor zwei Jahren hatten die reichen Länder noch unter großem Applaus zugesagt, bis 2025 jährlich 20 Milliarden US-Dollar für den Schutz der Biodiversität zu Verfügung zu stellen, bis 2030 dann 30 Milliarden. Doch bisher ist lediglich ein kleiner Teil davon geflossen; oft zudem als Kredit.

Die Entscheidung über Finanzen und andere Fragen wurden auf das nächste Treffen im Oktober 2025 in Thailand verschoben. „Die Sitzung ist vertagt“ lautete der letzte Satz der COP 16.

Da Finanzierungsfragen weiterhin offen sind, ist unklar, wie stark die Länder beim Geldeintreiben auf Offsets und Biodiversitäts-Gutschriften setzen. Um auf die Risiken dieser Konstrukte hinzuweisen, werden wir die Petition „Natur darf nicht zur Ware werden“ weiterverfolgen.

​Positiv: Indigene gestärkt

Zwei positive Entscheidungen wurden in Cali getroffen: So wurde während der COP16 ein eigenes Gremium geschaffen, das die Rechte und Interessen der indigenen Völker wahren soll.

„Wir begrüßen es sehr, dass die Mitsprache-Rechte indigener Völker gestärkt wurden. Sie sind die wahren Schützer der Natur“, sagt Marianne Klute, Vorsitzende von Rettet den Regenwald e.V.: „Die Frage ist freilich, ob diese Rechte in der Praxis Auswirkungen haben werden. Bekommt das, was Indigene sagen, bei Entscheidungen wirklich Gewicht oder wird es bei weitreichenden Beschlüssen wie eine Formalie zur Kenntinis genommen und wegverhandelt?“

​Geld für Gen-Daten

Zu einem Erfolg könnte sich auch der „Cali-Fonds“ entwickeln. In den sollen etwa Pharma-, Kosmetik- und Agro-Firmen 1 Prozent ihres Gewinns, den sie durch die Nutzung von Gendaten von Pflanzen erwirtschaften, einzahlen. Das Geld soll insbesondere indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften im globalen Süden, die die Natur und damit ihre genetischen Ressourcen schützen, zugute kommen. Allerdings sind die Zahlungen freiwillig.

​Bilanz des 30-Prozent-Ziels

Eines der einprägsamsten Ziele der Vorgänger-Konferenz in Montréal war es, bis zum Jahr 2030 weltweit 30 Prozent der Landflächen und der Meere unter Schutz zu stellen. Eine neue UN-Studie belegt jetzt, dass das Ziel weit entfernt ist.

Demnach liegt der erreichte Wert an Land bei 17,6 Prozent, im Meer bei 8,4 Prozent. Innerhalb der kommenden sechs Jahre müssten zusätzliche 16,7 Millionen Quadratkilometer Land unter Schutz gestellt werden. (Das entspricht rund der 45fachen Fläche Deutschlands).

Wie zahlreiche Menschenrechts- und Indigenenorganisationen warnt Rettet den Regenwald davor, dass „30 by 30“ zur Vertreibung von Millionen Menschen führen könnte, die in Gebieten leben, die als Schutzgebiete auserkoren werden.

Wie wenig Indigene bisher berücksichtlig werden lässt sich auch daran ablesen, dass nur 3,95 Prozent der Schutzflächen von ihnen verwaltet werden. Den UN-Autoren zufolge könnte das 30-Prozent-Ziel einfacher zu erreichen sein, wenn mehr indigene Territorien als solche anerkannt und für Naturschutzzwecke gemeldet würden.


  1. ohne Ergebnis abgebrochenEine genaue Analyse der Ergebnisse der COP 16 finden Sie hier (auf Englisch).

Bestellen Sie jetzt unseren Newsletter

Bleiben Sie mit unserem Newsletter am Ball – für den Schutz des Regenwaldes!