Ecuador: Interview mit Kaffeebauer und Umweltschützer José Cueva aus dem Intag
21.09.2011
Die Region Intag im Norden Ecuadors wehrt sich seit über 15 Jahren gegen multinationale Bergbau-Konzerne. Diese haben es auf das Kupfer in den Hochnebelwäldern des Intag abgesehen und wollen den begehrten Rohstoff in riesigen Tagebauten fördern - genau dort wo die Menschen siedeln. Hier berichtet ein Betroffener von der prekären Situation
Die Region Intag im Norden Ecuadors wehrt sich seit über 15 Jahren gegen multinationale Bergbau-Konzerne. Diese haben es auf das Kupfer in den Hochnebelwäldern des Intag abgesehen und wollen den begehrten Rohstoff in riesigen Tagebauten fördern - genau dort wo die Menschen siedeln, Landwirtschaft betreiben und die wichtigsten Wasserquellen der Region liegen.
José Cueva war auf Deutschland Tour, um gemeinsam mit Regisseur Malcom Rogge, einen Dokumentarfilm über den Widerstand im Intag zu präsentieren und alternative Entwicklungskonzepte für die Region vorzustellen. Rettet den Regenwald nutzte die Chance für ein Interview mit José.
RdR: Hallo José, die Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt steigen und überall in Südamerika versuchen Bergbau-Konzerne die Mineralien zu fördern - mit verheerenden sozialen und ökologischen Folgen. Wieso blieb die Region Intag bisher verschont?
José: Ich denke, das liegt an unserer Geschichte und der aktuellen Situation im Land. Seit über 15 Jahren leisten wir im Intag Widerstand gegen Bergbauprojekte und unser Erfolg beruht auf den verschiedenen Aktionsformen, die wir anwenden, aber auch auf unserer guten nationalen und internationalen Vernetzung. Momentan ist es ruhig bei uns, denn die Regierung muss sich derzeit mit vielen sozialen Konflikten auseinandersetzen. Mit den indigenen Gruppen im Amazonas, die sich gegen die Erdölförderung wehren, aber auch mit den Bauerngemeinden im Süden, die sich gegen die geplante Rio Blanco Mine zur Wehr setzen. Da hat sie zur Zeit keine Lust einen alten Konfliktherd erneut anzufeuern. Die Regierung steht mit ihrer einseitigen Wirtschaftspolitik des Super-Extraktivismus an der Wand.
RdR: Wie ist die Konfliktlage im Intag?
José: Das kanadische Unternehmen ASCENDANT COPPER, versuchte seit mehr als 10 Jahren die Rohstoffe aus dem Boden des Intag zu fördern. Sie waren bei uns, haben ihre Pläne präsentiert und Umweltverträglichkeitsstudien durchgeführt. Sie wussten von Beginn an, dass die Bevölkerung des Intag gegen den Bergbau ist, da sie die negativen Folgen in anderen Regionen kennt. Dennoch versucht es ASCENDENT COPPER immer wieder. Über Zwischenhändler oder sie benennen die Projekte um, damit Verwirrung aufkommt, was, wie und wo entstehen soll. Sie entwickeln immer wieder neue Strategien, um die Bevölkerung zu täuschen und um letztlich ihre Interessen durchzusetzen - doch ohne Erfolg.
RdR: Wieso ist die Bevölkerung des Intag gegen den Bergbau?
José: Im Intag gibt es ein ökologisches Grundverständnis, dass die Bewahrung der Natur als höchstes Gut einstuft. Wir wissen, das wir vom Boden, dem Wasser und vom Wald abhängig sind und wir wissen auch, dass dies alles durch den Bergbau gefährdet ist. Eine japanische Bergbaufirma hat im Intag einmal eine sehr gute und ehrliche Umweltverträglichkeitsstudie durchgeführt. Auf dieser Studie basiert unser Widerstand. Der Bergbau würde unsere natürlichen Ressourcen und somit unsere Lebensgrundlagen zerstören.
RdR: Die Regierung bezeichnet Bergbau und Erdölförderung als Entwicklungschance und unterstellt den Gemeinden, die sich widersetzen, dass sie gegen "nationales Interesse" handeln.
José: Das Wirtschaftsmodell des Extraktivismus (Förderung von Rohstoffen, A.d.R) dient doch nur dazu die makroökonomischen Wachstumszahlen oben zu halten. Länder wie Ecuador und Peru haben einige Jahre lang ein Wirtschaftswachstum von sechs bis sieben Prozent und die ganze Welt staunt und bezeichnet das als "Entwicklung". Aber der Export von Rohstoffen ist doch kein langfristiges Entwicklungsmodell. Es fließt Geld durch den Verkauf von Mineralien und Erdöl, aber nur in die Taschen der Konzerne und der politischen Eliten. Das Militär wird aufgerüstet und Prestigeobjekte werden finanziert. In den betroffenen ländlichen Regionen des Landes kommt nichts von den Gewinnen an. Es gibt kein sogenanntes "nationales Interesse". Die Politik des Extraktivismus führt zu mehr sozialen Konflikten, Gewalt und Umweltzerstörung. Die Menschen im Intag definieren sich nicht über dieses "nationale Interesse". Wir arbeiten mit anderen Gemeinden und indigenen Gruppen im Land zusammen, um langfristige, basisorientierte Entwicklungsprojekte zu entwickeln. Das ist unser Interesse.
RdR: Welche Alternativen hat das Intag?
José: Wir bauen organischen Kaffee an und betreiben nachhaltige Forstwirtschaft. Die Land- und Viehwirtschaft reicht für uns und die regionalen Märkte. Wir verkaufen unsere Milchprodukte, haben ein Konzept für Ökotourismus entwickelt und stellen handwerkliche Produkte für den Verkauf her. Unser Kaffee ist aufgrund seiner guten Qualität international bekannt und wir verkaufen ihn in verschiedene Länder. Das alles machen wir unabhängig von staatlichen Strukturen, denn das macht alles nur komplizierter. In Kooperation mit Wissenschaftlern wollen wir nun die Möglichkeiten von 25 potenziellen Flüssen im Intag ausschöpfen und Wasserkraft im kleinen Maßstab produzieren. Das Projekt "HydroIntag" soll Strom für die Region produzieren, in Abstimmung mit der Bevölkerung entstehen und ohne die Umwelt zu zerstören. Wir wollen unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen.
RdR: Vielen Dank für das Gespräch José!